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Bei einer Diskussionsveranstaltung zum neuen Luzerner Theater zeigt sich: Der überarbeitete Entwurf hat viele Liebhaber. Doch die entscheidenden Bürger zu erreichen, wird schwer.
Unter zwei grossen Kronleuchtern plaudern etwa 80 Anwesende freudig. Erwartung liegt in der Luft. Fast, als würde gleich der Vorhang fallen und ein Stück von Shakespeare oder von Schiller beginnen. Doch was im Maskenliebhabersaal am Mittwoch aufgeführt wird, ist kein Theaterstück: Es ist Abstimmungskampf.
Dabei geht es um den überarbeiteten Entwurf für das neue Luzerner Theater, der Mitte Mai bekannt wurde. Die Wettbewerbssieger, die Zürcher Ilg Santer Architekten, hätten ihren ersten Entwurf «überall» überarbeitet. Nun sei er «zurückhaltender», sagte Stadtpräsident Beat Züsli bei der Vorstellung (zentralplus berichtete).
Muss er auch: Denn der erste Entwurf sorgte Ende 2022 für Missfallen. Der Bau sei zu dominant, erdrücke die Jesuitenkirche. Kurzum: Er verschandle die historische Altstadt von Luzern. Die Meinung der Bürgerinnen ist zentral: Voraussichtlich Anfang 2025 wird über den Projektierungskredit abgestimmt.
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Daher beginnt die öffentliche Diskussionsveranstaltung am Mittwoch mit einem klaren Bild: Architekt Marcel Santer zeigt dem Publikum Schnitte des Stadtpanoramas, vom KKL bis zur Jesuitenkirche. In der städtischen Silhouette hebt sich das neue Luzerner Theater augenscheinlich kaum ab.
Der überarbeitete Entwurf hat vieles geändert
Das Theater füge sich gut in die Stadt ein: Das ist die Botschaft des Architekten. Auch die Angst, der Neubau könnte den Lichteinfall in die Jesuitenkirche beeinträchtigen, will er nehmen. Das Theater sei von der Kirche weggerückt worden. Eine Lichtstudie zeige ausserdem, dass die Hauptfenster kaum betroffen seien – und nur bei gutem Wetter.
Gutes Wetter in Luzern? Im Publikum gibt es spöttisches Gelächter.
Weitere Neuheiten des Entwurfs: eine Stadtloggia mit Glasfassade Richtung Reuss, ein gestaffelter Grosser Saal, der sich per Knopfdruck auch flach nutzen lässt. Darin neue Tore zur Bahnhofstrasse, ein gläserner Treppenturm, ein öffentliches Foyer mit Gastronomie im Altbau. Das sei das «Herzstück» des Projekts, sagt Santer.
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«So ein Haus gibt es in der Schweiz nicht. Ein Haus, das mitten im Zentrum steht und sagt: Ihr seid alle willkommen, ihr könnt alle kommen, ob ihr einen Kaffee trinkt oder nicht», meint Stefan Vogel, Betriebsdirektor des Luzerner Theaters. Der Neubau mit Theaterbar, Kantine und Terrassen solle zum Treffpunkt werden – ohne Zwang zur Konsumation.
Weiter lobt der Betriebsdirektor die effizienten Betriebsabläufe im Neubau: Alle drei Bühnen würden sich parallel bespielen lassen, unabhängig von Anlieferung und Besuchern im Foyer. «So eine unabhängige Mehrfachnutzung gibt es nirgends in Europa.» Das werde die Wirtschaftlichkeit des Hauses enorm steigern, ist er überzeugt.
Die Schindeln der Fassade sind ein Schallschutz
Dann folgen Fragen. Die erste von Beat Züsli selbst: ob die Metallplatten an der Fassade blenden würden. Die Architekten erwidern, sie hätten die Plättchen aus Chromstahl bereits in Basel verbaut. Dort würden sie für einen perlmuttartigen Lichteffekt sorgen. Ausserdem würden sie dem Schallschutz dienen, gegen Kirchenglocken zum Beispiel.
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Ob die Schindeln auch geeignet seien unter stadtklimatischen Überlegungen, fragt eine Frau aus dem Publikum. Sprich: Heizt das glitzernde Material die Altstadt auf? Diese Frage sei noch nicht behandelt worden, heisst es. Solche Prüfungen würden aber noch folgen. Die Überarbeitung des Entwurfs sei erst das Ende des Wettbewerbs.
Der Ton im Saal ist wohlwollend. Viele Theaterliebhaber sind gekommen, das merkt man. Jede Person, die sprechen will, lobt das Projekt zuerst und stellt dann eine Frage. Was mit dem Wochenmarkt passiere, fragt einer. Er werde bleiben. Und mit dem Veloverkehr vor dem Theater? «Wir suchen mit dem Kanton andere Wege für den Veloverkehr», sagt Züsli.
Nur zwei laute Kritiker im Publikum
Dann meldet sich ein Kritiker: «Wie kommt man auf die Idee, den Publikumsschwund mit neuem Beton zu lösen?» Anja Meyer, Präsidentin der Theaterstiftung, erwidert: «Kultur muss näher an die Wirtschaft kommen.» Mit neuen Sponsoren zum Beispiel oder der vielseitigen Nutzung der Räume. Beides sei mit dem Neubau möglich.
Die Eigenfinanzierung des Luzerner Theaters liegt heute bei 16 Prozent – 2030 sollen es gemäss Betriebskonzept 35 Prozent sein (zentralplus berichtete). Im selben Jahr soll das neue Theater auch eröffnet werden – wenn alles nach Zeitplan läuft. Etwa 130 Millionen Franken könnte der Bau kosten, meinte Züsli kürzlich.
Ein weiterer Kritiker fragt: Könne der Bau nicht kleiner sein, zurückhaltender. Der Stadtpräsident entgegnet: «Eine Innenstadt muss sich weiterentwickeln.» Der Entwurf der Zürcher passe gut ins Gesamtbild – die Stadt erhalte damit ein neues Element. Ein Theater in der Peripherie, wie manche fordern, lehne er ab. «Ein Theater gehört mitten in die Stadt.»
Die Kampagne zum neuen Luzerner Theater geht los
Dann endet die Veranstaltung. Nur zwei Kritiker haben gesprochen – und doch rütteln sie Erinnerungen wach an die schlechte Stimmung nach der Veröffentlichung des ersten Entwurfs. Die Fenster werden geöffnet, gegen die «dicke Luft». Und von der Projektleiterin kommt eine Bitte: «Sagen Sie es weiter, wenn Sie begeistert sind.»
Denn eines steht fest: Im Maskenliebhabersaal waren Theatergänger. Um die Abstimmung zu gewinnen, braucht das Theater aber auch die Unterstützung derjenigen Luzernerinnen, die nicht ins Theater gehen. Sie zu erreichen, ist die grosse Herausforderung der anstehenden Kampagne. Die Stadt werde nur informieren, sagt Beat Züsli zu zentralplus. Es wird also am Theater liegen, zu begeistern.
- Teilnahme an der öffentlichen Diskussionsveranstaltung
- Website des neuen Luzerner Theaters