Viel zu tun für den Mieterverband

Das haben die transparenten Vormieten in Luzern gebracht

Transparenten Vormieten seien wichtig, auch wenn wenig Fälle vor der Schlichtungsbehörde landen, findet Nadja Burri, Co-Geschäftsleiterin des Mieterinnen- und Mieterverbands. (Bild: Unsplash/zvg)

Seitdem die Vermieter im Kanton Luzern den Mietzins der Vormieter offenlegen müssen, fechten mehr Mieter den Mietzins an. Dennoch handelt es sich um Einzelfälle. Der Mieterverband erwartet aufgrund anstehender Mietzinserhöhungen aber viel mehr Beratungen.

Im Herbst 2020 haben die Stimmbürger des Kantons Luzern hauchdünn eine Initiative des Luzerner Mieterinnen- und Mieterverbands angenommen. Diese verpflichtet Vermieter, die Mietkosten des vorherigen Mieters beim Abschluss eines neuen Mietvertrags anzugeben. Verpflichtet sind die Vermieter aber erst seit dem November 2021, da die massgebende Leerwohnungsziffer von 1,5 Prozent erst im Jahr 2021 unterschritten wurde (zentralplus berichtete).

Jetzt zeigt sich: Im ersten Jahr nach der Umsetzung haben die Anzahl Beratungen für die Anfechtung des Mietzinses beim Mieterinnen- und Mieterverband deutlich zugenommen. «Dies aus dem einfachen Grund, dass Mieterinnen nun schwarz auf weiss sehen, wie viel der Vormieter oder die Vormieterin bezahlt hat» schreibt Co-Geschäftsleiterin Nadja Burri.

Mehr Fälle landen bei der Schlichtungsbehörde – Fälle dennoch überschaubar

Die Formularpflicht spürt auch die Schlichtungsbehörde Miete und Pacht des Kantons Luzern. Im Vergleich zu den Vorjahren ist die Anzahl Fälle deutlich angestiegen, verharrt aber nach wie vor auf niedrigem Niveau. Fochten im Jahr 2022 zwölf Parteien ihre Mietzinsen an, waren es in den Vorjahren stets zwischen drei und vier. Zum Vergleich: Die Schlichtungsbehörde behandelte im vergangenen Jahr insgesamt 757 Fälle wegen Streitigkeiten rund um Miete und Pacht.

Für den Anstieg an Fällen dürfte auch der Mieterverband verantwortlich sein. «Wir haben Mieterinnen mit guten Anfechtungschancen ermutigt, die Anfangsmiete anzufechten», so Burri. Das sei wichtig, denn gerade zu Beginn des Mietverhältnisses hätten die Mieter Hemmungen, gegen den Vermieter vorzugehen. «Viele Mieterinnen sehen davon ab, weil sie das Mietverhältnis nicht bereits zu Beginn trüben wollen.»

Trotz weniger behördlicher Fälle: Transparente Vormieten seien ein Erfolg

Trotz transparenter Vormieten: Nur ein Dutzend Parteien haben vor der Schlichtungsbehörde ihren Anfangsmietzins angefochten. Der Mieterverband verbucht das trotzdem als Erfolg. «Wir sind klar der Meinung, dass die Formularpflicht etwas gebracht hat und auch notwendig ist. Nur schon, wenn es vorher keine Anfechtungen gab und nun einige», schreibt Burri. «Die Anfechtung bedeutet für Mieterinnen: Mut, sich bereits am Anfang gegen den Vermieter oder die Vermieterin zu behaupten.» Dennoch stellt der Mieterverband fest, dass «andere Themen sicherlich von der Menge her gewichtiger» sind.

Zudem gilt es festzuhalten: Nicht alle Mieter, die ihren Anfangsmietzins kritisieren, ziehen vor die Schlichtungsbehörde. Manchmal einigen sich Vermieter und Mieter aussergerichtlich, heisst es auch vonseiten des Mieterverbands. Für den Mieterverband ist klar, dass die Formularpflicht wichtig ist: «Sonst werden die Mieten systematisch bei jedem Mieterwechsel erhöht, ohne dass etwas am Mietobjekt sich verbessert oder geändert hat.»

Erneut droht eine Mietzinserhöhung

Teuerung und knapper Wohnraum: Die Mietzinsen in Luzern steigen, so viel ist bekannt (zentralplus berichtete). Doch ein weiter Anstieg steht womöglich kurz bevor, da im Juni der Referenzzinssatz ansteigen könnte. Experten gehen davon aus, dass die Mieten dadurch um drei Prozent ansteigen können.

Referenzzinssatz
Jeder Mietvertrag in der Schweiz ist an den Referenzzinssatz gebunden, der den durchschnittlichen Zinssatz aller Hypotheken widerspiegelt. Der Referenzzinssatz wird jeweils auf den nächsten Viertelprozentwert gerundet. Wenn der Referenzzinssatz steigt, kann der Vermieter grundsätzlich die Mietzinsen erhöhen. Der Grund: Steigt der Referenzzinssatz, steigen in der Regel auch die Zinsen, die der Vermieter für seine Hypothek zahlen muss.

Der Mieterverband vermutet, dass die abermals steigenden Mietzinsen zu einem starken Anstieg an Anfragen führen würden. Klar ist aber: Die Teuerung von rund drei Prozent und die entstandenen Kosten wegen des steigenden Referenzzinssatzes dürfen die Vermieter an die Mieter weitergeben. Will heissen: Viele Mieter, deren Mietzinsen noch nicht der Teuerung angepasst wurden, müssten einen Anstieg der Mietzinsen von sechs Prozent hinnehmen.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Christian Renggli, Sprecher Luzerner Gerichte
  • Schriftlicher Austausch mit Nadja Burri, Co-Geschäftsleiterin des Mieterinnen- und Mieterverbands
  • Informationen über den Referenzzinssatz, Bundesamt für Wohnungswesen
Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


4 Kommentare
  • Profilfoto von James' Meinung
    James' Meinung, 19.05.2023, 14:16 Uhr

    Ein absoluter Vollerfolg…von 4 auf gesamthaft 12! Jetzt Mal im Ernst; wenn ich eine Wohnung will, hole ich sie mir auch zu diesem Preis. Ich weiss was mein Budget hergibt und miete die Wohnung zu diesem Preis, den ich zugesagt habe. Der alte Mietpreis ist «Nice to know», mehr aber auch nicht. Ich will es nicht ins Lächerliche ziehen, aber eigentlich sollten wir Vermieter bei einer Anfechtung die Möglichkeit haben, den Vertrag zu sistieren. Es gäbe sicher andere potentielle Mieter die gerne übernehmen.

    👍4Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎4Daumen runter
    • Profilfoto von Adrian
      Adrian, 19.05.2023, 16:56 Uhr

      Wieso soll ein Vermieter die Möglichkeit haben, einen Mietvertrag zu sistieren, wenn er für seine Immobilie eine Rendite erwirtschaftet, welche ihm von Gesetzes wegen nicht zusteht? Gemäss Bundesgericht ist die maximale Nettorendite auf eine Immobilie bei 2% über dem Referenzzinssatz begrenzt. Es sind zwar Vorstösse im Parlament hängig, welche diese Grenze weiter erhöhen möchten.

      👍5Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎2Daumen runter
      • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
        Marie-Françoise Arouet, 19.05.2023, 23:33 Uhr

        Sie raffen es nicht, deswegen noch einmal ganz langsam zum Mitschreiben:
        Weil nicht mehr in Immobilien investiert wird – also keine Wohnungen mehr gebaut und renoviert werden – wenn sich die Investition nicht lohnt im Vergleich zu anderen Anlage-Möglichkeiten – wie zum Beispiel Anteilscheine an profitablen ausländischen Unternehmungen. Sie sähen anstelle von Wohnungen in der Schweiz lieber ein Engagement in argentinischem Rindfleisch oder südafrikanischem Wein?

        👍1Gefällt mir👏0Applaus🤔1Nachdenklich👎2Daumen runter
  • Profilfoto von Hanswurst
    Hanswurst, 19.05.2023, 12:14 Uhr

    Es gibt hoffentlich nicht wenige Vermieterinnen und Vermieter, die eine treue Mieterschaft belohnen, in dem sie auch bei berechtigten Gründen auf eine Erhöhung des Mietzinses verzichten und diese erst bei einem Wechsel nachholen. Somit ist im Mietvertrag unbedingt der Referenzzinssatz festzuhalten, um begründete Erhöhungen zu rechtfertigen. Mietwohnungen dürfen richtigerweise nicht zu Spekulationen missbraucht werden. Aber: Wollen nicht alle gleichzeitig hohe Renditen der Pensionskassen oder günstige Versicherungen, die beide bekanntermassen viele Liegenschaften im Portfolio haben?

    👍4Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
Apple Store IconGoogle Play Store Icon