Nun reden die Besitzer

Darum steht das besetzte Haus an der Kellerstrasse leer

Die Besitzerin ist ob der Besetzung des Hauses an der Kellerstrasse 28a gar nicht erfreut.

Ein Haus in der Luzerner Kellerstrasse 28a ist besetzt. Dieses steht seit über vier Jahren leer. Wieso, erklärt der Präsident der Stiftung, in deren Besitz das Haus ist. Oder sein sollte.

Die Besetzerinnen, die sich das «Kollektiv Kellerhaus» nennen, setzen sich für bezahlbaren Wohnraum und gegen Leerstände in der Stadt Luzern ein. Mit ihrem Anliegen ernten sie Sympathiepunkte, so etwa von den Nachbarn (zentralplus berichtete). Vielen Luzernerinnen ist der Leerstand von Wohnraum ein Dorn im Auge.

Das Haus ist seit vier Jahren unbewohnt. Zuvor hat die Caritas im Auftrag des Kantons Luzern dort Asylbewerber einquartiert (zentralplus berichtete). Doch als der frühere Privatbesitzer im Sommer 2017 gestorben ist, musste die Caritas ausziehen. Seither gilt es die erbrechtliche Frage zu klären, wem das Haus gehört.

Haus würde Stiftung gehören – doch das wurde angefochten

Nachforschungen von zentralplus zeigen, dass rund einen Monat nach dem Tod des Eigentümers eine Stiftung in seinem Namen gegründet wurde. Gemäss der Bemerkung im Handelsregister geschah dies gemäss dem letzten Willen des Verstorbenen. Anscheinend hatte dieser ein grosses Herz für Tiere: Zweck der Stiftung ist es, verschiedene Tierhilfeprojekte zu unterstützen.

Auf Anfrage bestätigt Stiftungsratspräsident Benno Studer, ein Anwalt aus dem aargauischen Laufenburg, dass das besetzte Haus in Luzern zum Stiftungsvermögen gehört. Oder gehören würde. Denn die Stiftung ist noch nicht aktiv. «Wir können leider unsere Aktivität noch nicht aufnehmen, da ein Rechtsstreit hängig ist.» Die Errichtung der Stiftung wird nämlich bestritten. Und zwar von der Witwe des Verstorbenen.

«Die Besetzung dulden wir nicht. Ich behalte mir vor, rechtliche Schritte einzuleiten.»

Benno Studer, Stiftungsratspräsident der Stiftung, der das Haus gehört

Der Rechtsstreit tobt seit gut vier Jahren und hat bereits alle Instanzen durchlaufen. Derzeit warten die Parteien auf das Urteil des Bundesgerichts. «Bis dahin sind der Stiftung die Hände gebunden.»

Stiftung plant eigentlich Verkauf oder Sanierung

Das bedeutet, dass die Stiftung mit dem verfallenen Haus nichts tun kann. Dabei hätte sie bereits Pläne. «Entweder wird die Liegenschaft verkauft, damit diese renoviert werden kann. Oder die Stiftung renoviert sie selbst und vermietet sie für den Stiftungszweck.» Welche der Varianten umgesetzt werden, ist offen. Denn die Stiftung selber kennt den Zustand und Sanierungsbedarf des Hauses nicht.

Die derzeitige Besetzung goutiert der Stiftungsratspräsident nicht. «Die Besetzung dulden wir nicht. Ich behalte mir vor, rechtliche Schritte einzuleiten», sagt er im Gespräch mit zentralplus. Zwar sei die Stiftung (noch) nicht handlungsfähig. Aber er als Willensvollstrecker habe die Möglichkeit, ein Strafverfahren einzuleiten.

Was er in der Sache tun wird, bespricht Studer zuerst mit dem künftigen Stiftungsrat. Unter anderem stelle sich die Frage, ob sich der zusätzliche Aufwand neben dem laufenden Rechtsstreit lohnt. Denn die Sanierung könne sowieso erst starten, wenn das Urteil vorliege. Dieses erwarte er in den nächsten sechs Monaten, wie er sagt.

Kollektiv Kellerhaus sucht Kontakt

Die Besetzer gehen derweil einen ähnlichen Weg wie die Besetzerinnen im Bruch-Quartier (zentralplus berichtete). Über ihren Instagram-Kanal laden sie zu einem Kennenlern-Apéro vor dem Haus. Wie sie auf Anfrage schreiben, ist ihnen insbesondere der Kontakt zur Nachbarschaft ein Anliegen: «Wir wollen das Haus beleben, Raum schaffen für neue Projekte und politische Initiativen, Freiräume ermöglichen. Dazu scheinen uns die Anliegen und Ideen der direkten Umgebung, der Nachbarschaft, zentral.»

Doch das Kollektiv sucht nicht nur den Kontakt zu den unmittelbaren Nachbarn, sondern auch zu den Eigentümerinnen. Eine der Streitparteien hat das Kollektiv nach eigenen Angaben direkt informiert. Die oben erwähnte Stiftung wurde über die bisherige Hausverwaltung kontaktiert. «Uns ist es jedoch ein wichtiges Anliegen, direkt mit beiden Parteien zu kommunizieren und das Gespräch zu suchen – dem werden wir in den nächsten Tagen auch nachgehen.»

Auf die von Studer angekündigten juristischen Schritte angesprochen, meint das Kollektiv, es würde eine direkte Kommunikation bevorzugen. Und es begrüssen, wenn auf die Polizei verzichtet werden könne. Denn immerhin suche die Stiftung nach Abschluss des Rechtsverfahrens Käuferinnen. «Wir sind bereits da beziehungsweise drin – wir wollen das Kellerhaus kaufen.»

Verwendete Quellen
  • Eigentümerabfrage Geoportal
  • Telefonat mit dem Stiftungsratspräsidenten Benno Studer
  • Handelsregisterauszug der Stiftung
  • Todesanzeige in Ausgabe der «Zuger Presse» von 2017
  • Schriftlicher Austausch mit Kollektiv Kellerhaus
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10 Kommentare
  • Profilfoto von Goeggeler
    Goeggeler, 09.10.2022, 13:56 Uhr

    Als Immobilienverwalter kenne ich solche Situationen recht gut. Immer wieder wollen die Eigentümer vorwärts machen, werden aber durch das Eine oder Andere blockiert. Das Besetzen von leerstehenden Häusern oder immer groteskere Forderungen gegenüber den Vermietern ist aber total kontraproduktiv. Immer wieder entscheiden sich Geldgeber nicht mehr in Wohnungen sondern in Büros oder Geschäftsräume zu investieren oder das Geld anderweitig anzulegen. Die daraus entstehende Wohnungsknappheit trägt dann sicher nichts zu günstigeren Wohnungen bei. Ein bisschen voraus denken würde sicher manchmal nicht schaden.

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  • Profilfoto von mariostuebi
    mariostuebi, 07.10.2022, 07:23 Uhr

    Der Stiftung sind «die Hände gebunden», aber räumen lassen kann sie dann?

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    • Profilfoto von Peter Bitterli
      Peter Bitterli, 07.10.2022, 10:20 Uhr

      Yep, Stübi! Einmal kurz nachdenken… got it?

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      • Profilfoto von Hanspeter Flueckiger
        Hanspeter Flueckiger, 07.10.2022, 11:18 Uhr

        Vermutlich ist es nicht die Stiftung, welche das Haus räumen lassen kann, sondern der Anwalt, welcher als Willensvollstrecker eingesetzt worden ist.

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    • Profilfoto von San Francisco fourty Steiner's
      San Francisco fourty Steiner's, 07.10.2022, 11:40 Uhr

      Wenn der Kapitalismus (siehe Parteiprogramm der Sozialdemokraten) erstmal überwunden ist, können solche «Unpässlichkeiten» wie Privateigentum endlich abgeschafft, die Utopie vollstreckt werden. Stiftungen dürften ebenfalls ganz schnell in ernsthafte Schwierigkeiten kommen. Die grosse Frage dürfte dann sein – nach dem die Herrschaft von Menschen über Menschen abgeschafft wurde – ob Herr Stübi weiterhin als Befehlender, Gestaltender (wie z. B. ein Walter Ulbricht, der gute Erich oder der noch viel bessere Erich 2.0 Mielke) oder als Gleicher unter Gleichen auftreten wird? Gottlob bin ich schnell wieder aus diesem realsozialistischen Albtraum und auf der richtigen Seite der Mauer erwacht…..

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      • Profilfoto von Kommentarschreiber
        Kommentarschreiber, 07.10.2022, 17:36 Uhr

        @San Francisco…
        Ja, dann hoffen wir doch mal, dass wir nicht bald im real existietenden Kapitalismus böse erwachen, könnte dann auch zum «Albtraum» werden.

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        • Profilfoto von San Francisco fourty Steiner's
          San Francisco fourty Steiner's, 07.10.2022, 18:10 Uhr

          Der real existierende Kapitalismus bietet den Vorteil, aus freien Stücken heraus unterdrückt zu werden…
          Warum schon wieder flüchten die Eritreer aus ihrem Sozialisten- Paradies zu uns?

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  • Profilfoto von Roli Greter
    Roli Greter, 07.10.2022, 06:54 Uhr

    Die Besetzerinnen sollten nun Nägel mit Köpfen machen und im Haus verschiedene Tierhilfeprojekte unterstützen. Win-win.

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    • Profilfoto von Goeggeler
      Goeggeler, 08.10.2022, 16:17 Uhr

      Richtig zu lesen schein echt schwierig zu sein…..

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      • Profilfoto von Joseph de Mol
        Joseph de Mol, 08.10.2022, 20:12 Uhr

        Hingegen ist es furchtbar einfach, nicht zu sehen, was man nicht sehen will…

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