Fragwürdige Steuererleichterung

Bonus für leere Zimmer? Zuger Regierung hält daran fest

GLP-Kantonsrätin Tabea Estermann fordert mehr Anreize, damit Menschen nicht in zu grossen Wohnungen leben. (Bild: Andreas Busslinger / zvg)

Zuger, die ihr Eigenheim nicht voll ausnutzen, profitieren von Steuerabzügen. Im Kanton Zug, wo die Wohnungsnot seit Jahren grassiert, erscheinen leere Zimmer fragwürdig. Die Regierung hält jedoch daran fest.

Die Wohnungsnot beschäftigt plötzlich die ganze Schweiz. Für Zug hingegen ist es ein altbekanntes Problem. Hier herrscht seit Jahren Wohnungsnot. In keinem anderen Kanton war die Zahl der leeren Wohnungen in den vergangenen Jahren kleiner.

Vor diesem Hintergrund überrascht Artikel 7 in der Verordnung des Zuger Steuergesetzes. Dieser behandelt das Thema «Unternutzung im Eigenmietwert». Klingt trocken – doch der Inhalt ist brisant. Denn wer in Zug im Eigenheim wohnt, muss den sogenannten Eigenmietwert versteuern. Das ist der Wert, den eine Eigentümerin erzielen könnte, wenn sie das Haus oder die Wohnung vermieten würde, anstatt selbst darin zu wohnen. Der Eigenmietwert wird dann als fiktives Einkommen angesehen und besteuert.

Nun sieht aber das Zuger Steuergesetz Erleichterungen für Eigentümer vor, welche ihr Haus nicht gut ausnutzen – sprich, wo mehrere Zimmer leer stehen. Voraussetzung dafür ist ein «offensichtliches Missverhältnis» zwischen der Wohnungsgrösse und der Zahl der darin wohnenden Personen, wie es im Gesetz heisst. Eigentümerinnen können in diesem Fall bei der Steuererklärung Abzüge geltend machen.

Gesetz sei in Zeiten der Wohnungsnot nicht mehr zeitgemäss

Aus Sicht der Zuger GLP ist dieses Gesetz fragwürdig. Parteipräsidentin und Kantonsrätin Tabea Estermann sagt auf Anfrage: «Ein Unternutzungsabzug auf nicht genutzten Wohnraum erscheint in Zeiten der Verdichtung und des Wohnungsmangels nicht mehr ganz zeitgemäss.» Der Abzug schaffe keinen Anreiz, ungenutzten Wohnraum auf den Wohnungsmarkt zu bringen und somit die Wohnungsnot zu lindern (zentralplus berichtete).

«Wir sollten aber Anreize setzen, dass ungenutzter Wohnraum rasch verfügbar gemacht wird.»

Tabea Estermann, Kantonsrätin GLP

Genau das Gegenteil sollte der Fall sein, findet Estermann: «Wir sollten aber Anreize setzen, dass ungenutzter Wohnraum, zum Beispiel wenn die Familienverhältnisse sich ändern und die Kinder ausgezogen sind, rasch verfügbar gemacht wird.»

Estermann hat darum bei der Regierung eine kleine Anfrage platziert, in der sie wissen wollte, in wie vielen Fällen diese Abzüge geltend gemacht werden. Weiter fragte sie, ob die Regierung vor dem Hintergrund der Wohnungsnot im Kanton Zug daran denkt, den Artikel im Zuger Steuergesetz zu streichen. Zug ist einer von neun, mehrheitlich ländlichen Kantonen, die eine solche Bestimmung kennen.

Regierungsrat sieht keinen Handlungsbedarf

Der Zuger Regierungsrat sieht aber keinen Handlungsbedarf, wie aus dessen Antwort auf Estermanns Anfrage hervorgeht. Das Steuergesetz in seiner heutigen Form habe sich bewährt. Die Regierung räumt zwar ein, dass es durchaus berechtigt ist, die Steuererleichterung vor dem Hintergrund der Wohnungsnot zu hinterfragen. Gleichzeitig gibt sie aber zu bedenken, dass ein Umzug aus einer grösseren in eine kleinere Wohnung gerade für ältere Menschen schwierig sei.

Die Regierung ergänzt in ihrer Antwort, dass es sich bei den Abzügen sowieso nur um Einzelfälle handelt. Eine genaue Zahl kann sie zwar nicht nennen. Doch groben Schätzungen zufolge dürfte es eine tiefe dreistellige Zahl von Liegenschaften sein, bei denen Abzüge geltend gemacht werden. Im Vergleich zu den 18’000 Eigentumswohnungen im Kanton Zug sei die Quote vernachlässigbar.

«Angesichts der doch übersichtlichen Anzahl Fälle scheint es tatsächlich fraglich, ob eine Veränderung in dem Bereich einen grossen Einfluss hätte.»

Tabea Estermann, Kantonsrätin GLP

Das treffe auch auf die Steuereinnahmen zu, die dem Kanton aufgrund der Abzüge entgehen. «Nach Schätzung der Steuerverwaltung dürfte es sich sowohl für den Kanton als auch die Gemeinden höchstens jeweils um einen tiefen sechsstelligen Betrag pro Jahr handeln», so die Regierung in ihrer Antwort.

Thema bleibt wichtig

Für Tabea Estermann ist die Antwort der Regierung zufriedenstellend. «Angesichts der doch übersichtlichen Anzahl Fälle scheint es tatsächlich fraglich, ob eine Veränderung in dem Bereich einen grossen Einfluss hätte», sagt sie. Es seien darum keine weiteren politischen Vorstösse zu diesem Thema geplant.

An der Grundkritik des Steuerabzugs hält sie aber fest: «Wenn jemand mehr Platz hat, als er braucht oder möchte, sollten wir Anreize geben, dass solche Menschen ihre Wohnungen verlassen und in kleinere, besser geeignete Wohnungen oder alternative Formen des Wohnens umziehen können.» Wie diese Anreize aussehen sollen, wird in den nächsten Monaten nicht nur in Zug, sondern in der ganzen Schweiz noch zu reden geben.

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