Der neue Zuger Kantonsratssaal (weiss) soll direkt neben dem Regierungsgebäude zu stehen kommen. (Bild: Screenshot: Bericht und Antrag Kanton Zug)
Der geplante neue Zuger Kantonsratssaal ruft Kritiker auf den Plan. Nun äussern auch Architekten Zweifel am Projekt – und verweisen auf das beerdigte neue Luzerner Theater.
Noch steckt das Projekt in den Kinderschuhen – und trotzdem weht ihm bereits ein heftiger Wind entgegen: der geplante neue Zuger Kantonsratssaal an bester Lage auf dem Landsgemeindeplatz in der Stadt Zug.
Der Kanton will hier, direkt neben dem Regierungsgebäude, für 50 Millionen Franken ein neues Gebäude mit einem Saal für die Parlamentssitzungen errichten (zentralplus berichtete). Der bestehende, über 150-jährige Saal sei zu eng, zu stickig und nicht mehr zeitgerecht, hiess es in einem überparteilichen Vorstoss von 2021.
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was Architekten zum Projekt sagen
was das neue Luzerner Theater damit zu tun hat
wie die Behörden zur Kritik stehen
Dass das neue Gebäude auf dem Landsgemeindeplatz stehen soll, passt manchen nicht. Der Zuger Heimatschutz lehnt den Standort ab, wie kürzlich bekannt wurde (zentralplus berichtete).
«Die letzten Freiräume und beliebten Naherholungsgebiete beim Landsgemeindeplatz und am See mitten in der intakten Zuger Altstadt müssen erhalten bleiben und dürfen nicht verbaut werden», teilte die Organisation mit. Zudem formierten Anwohner eine IG, mit welcher sie das Projekt bekämpfen wollen.
«Regierungsgebäude ist von grosser Bedeutung»
Nun kritisieren auch Architekten die Pläne von Stadt und Kanton. Das Bauforum Zug schreibt in einer soeben veröffentlichten Stellungnahme an den Regierungsrat und den Stadtrat, das Zuger Regierungsgebäude gehöre zusammen mit der über der Altstadt erbauten Pfarrkirche St. Michael zu den «bedeutendsten und repräsentativsten Architekturschöpfungen des Historismus im Kanton Zug».
Das Regierungsgebäude sei der einzige im 19. Jahrhundert neu errichtete Staatsbau in der Innerschweiz. «Es ist von grosser architekturgeschichtlicher und typologischer Bedeutung. Es prägt nicht nur den Postplatz, sondern flankiert auch wirkungsvoll die Seefront der Zuger Altstadt», hält der Fachverband fest.
Kommissionen sollen Projekt unter die Lupe nehmen
Die Zuger Altstadt erfordere eine besondere Vorsicht. Deswegen halte man eine unabhängige Beurteilung durch die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission und die Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege für unerlässlich. «Bei Bauaufgaben von dieser Bedeutung (…) scheint es uns auch ausserordentlich wichtig, die Bevölkerung miteinzubeziehen, um dem Projekt auch den notwendigen Rückhalt zu geben», schreibt das Bauforum Zug.
Zwar unterstütze man den offenen Architekturwettbewerb, aber erst, nachdem die verschiedenen Interessen abgeklärt worden seien. Das Schreiben wurde ebenfalls von den Präsidenten der Zentralschweizer Sektionen des Ingenieurvereins, dem Bund Schweizer Landschaftsarchitekten sowie dem Bund Schweizer Architekten unterschrieben.
Verband will ein «Debakel» wie beim Luzerner Theater vermeiden
Auch auf das Luzerner Theater verweist der Verband im Text. Die Stadtluzerner Stimmbevölkerung versenkte das geplante, 130 Millionen Franken teure Projekt bekanntlich am 9. Februar. Es war ein Fiasko für die Stadt Luzern, das Theater und die Planer (zentralplus berichtete).
Das Bauforum schreibt hierzu: Es sei wichtig, dass für den geplanten neuen Kantonsratssaal die notwendigen Abklärungen getroffen würden, «um dem Projekt eine solide Basis zu geben und so ein Debakel zu vermeiden, wie es Luzern mit dem Theaterprojekt erlebt hat».
Zuger Stadtrat will «gesellschaftlichen Diskurs ermöglichen»
Das beerdigte Luzerner Theater als Warnung für den Kanton Zug? Der Zuger Stadtrat Urs Raschle (Mitte) geht nicht genauer auf diese Frage ein. Er sagt aber: «Der Stadtrat hat mit seiner Bereitschaft zum Landtausch den politischen und gesellschaftlichen Diskurs ermöglichen wollen. Genau dies passiert nun, und das ist wichtig in einer Demokratie.» Der Grosse Gemeinderat werde voraussichtlich am 29. April über das Landgeschäft befinden.
Zur Erinnerung: Das Stück Land, auf dem der neue Kantonsratssaal gebaut werden soll, gehört derzeit der Stadt Zug. Der Stadtrat ist gewillt, dieses dem Kanton Zug zu übertragen. Einen entsprechenden Vorvertrag haben die beiden Parteien bereits unterzeichnet (zentralplus berichtete).
Aufgrund der Kritik am Projekt kann auch der Eindruck entstehen, dass die Behörden bisher zu wenig aktiv kommuniziert haben. Der Stadtzuger Finanzvorsteher Urs Raschle winkt ab: «Der eigentliche Bau des neuen Kantonsratssaals ist Sache des Kantons, daher hat der Stadtrat nicht aktiv kommuniziert.»
Zuger Baudirektor: «Erweiterung Süd» ist Bestvariante
Der Zuger Baudirektor Florian Weber schreibt auf Anfrage: «Wir haben die Bedenken und Vorschläge der Vereine Heimatschutz und Bauforum Zug zur Kenntnis genommen. Die politischen Entscheide im Grossen Gemeinderat der Stadt Zug und Kantonsrat stehen noch an. Wir befinden uns in einem laufenden Prozess mit offenem Ausgang.»
Die Pläne verteidigt er. Es seien zwölf Standorte in der Umgebung des Regierungsgebäudes evaluiert worden. Bei fünf Standorten sei eine vertiefte Prüfung erfolgt. Schliesslich habe die Variante «Erweiterung Süd» gegenüber den vier anderen Varianten am besten abgeschnitten. Nebst baurechtlichen und funktionalen Vorteilen erweise sich ein Neubau südlich des Regierungsgebäudes auch aus denkmalpflegerischer Sicht als Bestvariante.
Zunächst stehen nun die Debatten in den Parlamenten des Kantons und der Stadt Zug an. Danach dürfte klarer sein, wie es mit dem Kantonsratssaal in Zug weitergeht und ob ein Debakel wie beim neuen Luzerner Theater tatsächlich bevorstehen könnte.