5 Jahre war das Kunstobjekt beim Brüggli «vertäut»

Wohin ist das Zuger Ship of Tolerance gesegelt?

Das Ship of Tolerance in seiner vollen Pracht beim Brüggli in Zug. (Bild: zvg Kunsthaus Zug)

Seit September fehlt dem Zuger Brüggli ein Kunstwerk, das von weitem sichtbar war. Was ist aus dem Ship of Tolerance geworden? Fährt es nun auf exotischen Gewässern? Oder wurde daraus ein riesiges Lagerfeuer? Die Verantwortlichen verraten es.

Wer kürzlich beim Zuger Brüggli vorbeiflanierte, dürfte sich gewundert haben. Wo mehrere Jahre lang ein 20 Meter langes, hölzernes Schiff stand, ist heute nur noch ein riesiger rechteckiger Fleck zu sehen, auf dem kein Gras mehr wächst.

Es sind die Spuren eines rund fünfjährigen Kunstprojektes von Ilya und Emilia Kabakov, bei dem rund 2’000 Menschen, insbesondere Kinder und Jugendliche, involviert waren. «Auch wirkten beim Zuger Ship of Tolerance viele Migrantinnen und Migranten mit», sagt Sandra Winiger, Co-Kuratorin des Projektes. Sie erklärt: «Es war schon von Anfang an klar, dass es kein Kunstwerk mit Monumentalcharakter sein wird, respektive dass es nicht für ewig bleiben würde.» Die Bewilligung, das Schiff im Brüggli stehen zu lassen, lief 2021 aus (zentralplus berichtete).

1’000 Tücher wurden fürs Projekt bemalt

Dennoch ist Winiger etwas betrübt über das Ende des Projekts. «Fast 1000 Tücher wurden von Schülerinnen und Schülern, Familien, Migrantinnen und Migranten und weiteren Mitwirkenden für das Ship of Tolerance zum Thema Toleranz bemalt und fügten sich zu grossen Segeln zusammen. Jedes Jahr wurde aus den einzelnen Segelbildern ein neues Segel zusammengestellt und gehisst, denn sie waren ja immer der Witterung ausgesetzt.»

«Viele Zugerinnen und Zuger kamen in den letzten Jahren mit diesem Schiff in Kontakt.»

Sandra Winiger, Co-Kuratorin des Projekts

Das Projekt habe schöne Geschichten geschrieben, dies auch im kleineren, weniger auffälligen Rahmen. «Es wurden beispielsweise vom Verein FRW Interkultureller Dialog Yogaveranstaltungen beim Schiff durchgeführt oder Geschichten erzählt. Auch habe das Schiff als Treffpunkt gedient. Viele Zugerinnen und Zuger kamen in den letzten Jahren mit diesem Schiff in Kontakt», sagt Winiger.

Winiger sagt über die Bedeutung des Projekts: «2016, als das Schiff gebaut wurde, standen wir mitten in einer grossen Flüchtlingskrise. Das Bedürfnis, über Toleranz zu sprechen, war bei vielen spürbar.»

Wo sich einst ein Schiff mit bunten Segeln präsentierte, ist heute nur ein brauner Fleck zu sehen. (Bild: zvg)

Eine Sause zum Schluss

Ende September verabschiedeten sich Kulturschaffende, der Verein FRW Interkultureller Dialog und Publikum mit einer Finissage und einer kulinarischen «Teilete» vom Einmaster. Doch was ist mit dem Schiff danach passiert? Schwimmt es nun in exotischen Gewässern? Wurden aus seinem Holz Waldhütten, Vogelhäuser und Flosse gezimmert?

«Das unbehandelte Holz war nach den fünf Jahren draussen sehr verwittert und kaum mehr brauchbar.»

Bettina Buser, administrative Leiterin des Kunsthauses Zug

Bettina Buser, die administrative Leiterin des Kunsthauses Zug nimmt uns die romantischen Fantasien: «Das unbehandelte Holz war nach den fünf Jahren draussen sehr verwittert und kaum mehr brauchbar.» Und weiter: «Nur eine Person, welche mit Holz arbeitet, hat beim Abbau ein paar Stücke des Schiffs genommen.» Entsprechend sei das Material via Ökihof entsorgt worden. Dabei handelte es sich gemäss Buser um rund sechs Tonnen Holz. «Die Kosten für den Betrieb und Unterhalt des Schiffs wie nun auch jene für die Entsorgung trägt die Zuger Kunstgesellschaft.» Wie hoch diese waren, verrät die administrative Leiterin des Kunsthauses Zug nicht.

Respekt gegenüber fremden Kulturen und Ideen

The Ship of Tolerance wurde 2016 vom russischen Künstlerehepaar Ilya und Emilia Kabakov mit einem grossen Fest am Zugersee eingeweiht. Seither stand das Schiff im Brüggli und wurde als Ort der Begegnung genutzt.

Mit The Ship of Tolerance verbanden die Kabakovs seit dem ersten Projekt 2005 in der Oasenstadt Siwa in Ägypten Menschen verschiedener Kontinente, Kulturen und Identitäten, indem sie diese aktiv in das Projekt miteinbezogen. Im gemeinsamen Tun sollten der Respekt gegenüber fremden Kulturen und Ideen sowie die Akzeptanz der Unterschiede erfahrbar werden.

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