Luzerner Wochenmarkt ab 2014 grösser

Wochenmarkt-Ausschreibung kommt später

Luzerner Wochenmarkt: Beliebt beim Publikum und bei den Marktfahrern, die Standplätze sind heiss begehrt. (Bild: PD)

Die Stadt Luzern hat sich bisher geziert, ein Bundesgerichtsurteil umzusetzen, das eine jährliche Neuausschreibung der Standplätze für den Wochenmarkt und sachliche Vergabekriterien verlangt. Nun kommt Bewegung in die Sache. Der zuständige Stadtrat Adrian Borgula warnt aber vor Schnellschüssen: «Wenn wir das Konzept für die Ausschreibung nicht sorgfältig erarbeiten, drohen viele weitere Beschwerden.»

Der Wochenmarkt Luzern zählt zu den beliebtesten der Zentralschweiz. Am Dienstag und Samstag können Luzernerinnen und Luzerner an rund 80 Ständen entlang der Reuss und einem Dutzend weiterer Stände am Helvetiaplatz in der Neustadt einkaufen.
Die Stimmung ist friedlich und entspannt. Doch hinter den Kulissen kämpfen die Marktfahrer oft mit harten Bandagen um die begehrten Standplätze. Bisher konnten die Händler mit Jahresbewilligung damit rechnen, dass diese das darauffolgende Jahr erneuert wurde. Bei den temporären Bewilligungen gab es mehr Wechsel.

Marktfahrerin ging vor Bundesgericht

Eine Marktfahrerin, die Backwaren und Schokolade feilbietet, hat dieses «System» durcheinander gebracht. Sie klagte wegen der Nichtverlängerung ihrer Temporärbewilligung und der Verweigerung einer Jahresbewilligung wegen Ungleichbehandlung vor dem Luzerner Verwaltungsgericht (heute Kantonsgericht). Dieses, später auch gestützt vom Bundesgericht, hat der Marktfahrerin Recht gegeben. Es  beurteilte die Praxis der Stadt, bei der Jahresbewilligung die bisherigen Händler zu bevorzugen, als nicht rechtskonform. Das Bundesgericht verlangt die jährliche Ausschreibung und Bewilligung nach sachlichen Kriterien.

Die Stadt muss also ein rechtskonformes Konzept für die Selektion erarbeiten, denn die Nachfrage ist grösser als die Anzahl Standplätze. Mit Hinweis auf die geschätzten Kosten von 180’000 Franken und die Finanzlage hat sich der Stadtrat aber bisher geweigert, das Urteil schnell umzusetzen. Stattdessen kündigte die Stadt an, den Marktperimeter auszuweiten und den Markt an beiden Reussufern um weitere zehn Plätze aufzustocken.

Regierungsrat kritisiert Stadt

Nun hat der Stadtrat aber eine Schelte des Regierungsrats erhalten. Zudem haben vier grüne, grünliberale und SP-Mitglieder des Grossen Stadtrats die Exekutive mit einer Interpellation angemahnt, das Urteil umzusetzen. Der Hinweis auf die Kosten entbinde die Stadt nicht von der Umsetzung, die Erweiterung des Perimeters sei nicht die Lösung des Problems, schreiben sie.
Eine Aufstockung des Angebots, um ausschliesslich die Interessenten auf der Warteliste zu berücksichtigen, sei eine weitere Ungleichbehandlung der Marktfahrer. Zudem kritisieren die Parlamentsmitglieder die erweiterte Sperrung der Bahnhofstrasse für den Veloverkehr.

In seiner Antwort argumentiert der Stadtrat, etwas mehr als ein Jahr nach der Bestätigung des Verwaltungsgerichtsurteils durch das Bundesgericht «könne noch nicht von einer Rechtsverzögerung die Rede sein». Dennoch wolle er die Empfehlung des Regierungsrats umsetzen, die gerichtlichen Anforderungen an die Bewilligungserteilung möglichst schnell umzusetzen.

Gemäss dem für den Wochenmarkt zuständigen Stadtrat Adrian Borgula hat die Exekutive einen Kredit für die Erarbeitung eines Konzepts genehmigt und dabei noch ein wenig an der Sparschraube gedreht. «Statt 180’000 Franken werden wir 150’000 Franken zur Verfügung haben».

Temporäre Massnahmen ab 2014

Laut Borgula erfolgt die Umsetzung des Urteils in mehreren Schritten.  Als vorübergehende Massnahme müssen sich alle Marktteilnehmer jährlich erneut um die Teilnahme am Markt bewerben. «Dies erlaubt uns, sämtliche Gesuche jährlich neu zu überprüfen.» Zudem wird der Marktperimeter an der Bahnhofstrasse ab 2014 erweitert. Auf diese Weise würden neue Standplätze zur Verfügung stehen.

In einem zweiten Schritt soll das Vergabekonzept erarbeitet werden. Das müsse sorgfältig geschehen, so Adrian Borgula.  «Da hat es sich das Bundesgericht vielleicht etwas zu einfach gemacht, wenn es eine jährliche Ausschreibung verlangt.» Man könne das System nicht von einem Jahr aufs andere ändern. «Teilweise geht es um Existenzen, gewisse Marktfahrer leben vom Wochenmarkt.» Es gehe um Investitionssicherheit.

Jetzt muss Luzern als eine der ersten Städte der Schweiz dem Bundesgerichtsurteil entsprechende klare Kriterien für die Vergabe der Plätze definieren. «Wir müssen uns zuerst klar werden, welche Branchen wir am Markt wollen», sagt Borgula. Innerhalb der Branchen müsse man weitere Auswahlkriterien definieren. Auch müsse das Publikumsinteresse mit berücksichtigt werden und das Ganze muss dem Binnenmarktgesetz ebenfalls entsprechen.

Ökologische Kriterien und Produktemix

Angestrebt wird ein besserer Produktemix, denkbar seien auch ökologische Kriterien, zum Beispiel die regionale Herkunft der Produkte. «Das ist aber heikel und die Kriterien müssen diskriminierungsfrei sein.»

Luzern ist gemäss dem Stadtrat der Grünen eine der ersten Städte in der Schweiz, welche ihre Vergabekriterien nach dem Bundesgerichsurteil festlegt. «Die anderen Städte haben wohl mehr Platz als wir oder sie warten jetzt erstmal ab, wie wir das machen.» 

Kostengünstigere Umsetzungsideen als die Erweiterung des Marktperimeters sieht der Stadtrat nicht. Auch eine Verschiebung des Marktes an einen anderen Standort, beispielsweise den Kappellplatz oder den Rathausplatz, werde weder von Kunden noch von den Anbietern goutiert.

Auch andere Märkte betroffen

Der Wochenmarkt ist nicht der einzige Bereich der Nutzung von öffentlichem Grund, wo die Stadt aufgrund von Beschwerden und Urteilen ihre Praxis anpassen muss. Zurzeit entwickelt die Stadt Modelle für die Vergabe der Marronistand-Plätze und die Vergabe der Taxistandplätze. Auch dort geht es um eine Bewertung, wenn bei gleicher Qualifizierung mehr Bewerber als Plätze existieren, soll ausgelost werden.

Und bei der Luzerner «Määs» wird das «Rotationsprinzip» angewendet, so kommen an der Kilbi immer wieder andere zum Zug.

Die angewandten Modelle könnten nicht automatisch auf den Wochenmarkt angewendet werden. Adrian Borgula: «Wir können nicht auslosen, sonst haben wir vielleicht fünf Blumenhändler und nur einen mit Lebensmittel.» Und das Rotationsprinzip bei der «Määs» funktioniere nur, weil die Chilbi-Leute in der ganzen Schweiz unterwegs seien und wüssten, dass sie nicht jedes Jahr in Luzern einen Platz erhalten könnten.

Die Bedürfnisse der Luzernerinnen und Luzerner am Wochenmarkt wird ein Marktforschungsinstitut erheben. Es genüge dazu nicht, ein paar Interviews mit Marktbesuchern zu führen. Laut Borgula dürfte die erste Ausschreibung nach den neuen Kriterien 2015 oder 2016 geschehen. Also drei bis vier Jahre nach dem Bundesgerichtsurteil von 2012.

Übrigens: Die Marktfahrerin, welche die Beschwerde eingereicht hatte, hat später auch eine Aufsichtsbeschwerde gegen verschiedene Behörden und Mitarbeiter der Stadt und des Kantons eingereicht. Sie warf ihnen darin pflichtwidrige Amtsausübung und Dienstpflichtverletzungen vor. Der Luzerner Regierungsrat sah dies nicht als erwiesen an und entlastete die Behörden von diesen Vorwürfen, steht in der Antwort des Stadtrats auf die Interpellation. Gleichzeitig mahnte er aber die Umsetzung der Urteile an.

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