Sie bringen Luzern zum Tanzen, Teil II

Wo ein Erotikkino das Mindestalter 25 vorschreibt

Der Keller der Gewerbehalle – der Ort für Partys und Konzerte.

(Bild: zvg)

In der Stadt Luzern gibt es 78 Unterhaltungslokale. Ein grosser Teil davon befindet sich rund um die Baselstrasse. Im Multikulti-Quartier bringen verschiedenste Clubs und Konzertbars die Luzerner zum Tanzen. Hier findet sich – gut getarnt – auch ein Klub, bei welchem ein Schritt durch die falsche Tür eine heisse Angelegenheit ist.

Luzern ist in den letzten Jahren zu einer Ausgeh-Metropole mit überregionaler Ausstrahlung geworden. Alleine in der Stadt bestehen 78 Lokale, die zumindest am Wochenende bis frühmorgens offenhalten (Stand 2013). Im zweiten Teil unserer Serie befassen wir uns mit der Baselstrasse. Obwohl – oder vielleicht gerade weil sie nicht den besten Ruf hat – ist sie aus der Luzerner Partyszene nicht wegzudenken.

Partyhungrige strömen am Wochenende Richtung Kasernenplatz und weiter. Vor der Metzgerhalle, der BruchBrothersBar und dem Madeleine stehen spätabends fast immer grosse Trauben von Menschen. Und weiter Richtung Baselstrasse findet man im Klub Kegelbahn und der Gewerbehalle ein vielseitiges Angebot von Konzerten und Partys. Trotzdem ist es keine Qual der Wahl, denn diese fünf Lokale lassen sich durch ein paar Meter Fussweg gut in einen Abend packen.

Auf schmalen vier Stockwerken

Die Gewerbehalle besteht schon seit über 100 Jahren. «Ursprünglich war es ein Lokal der Gewerbetreibenden, wahrscheinlich war es eine richtige Knelle», so Barbara Glenz. Sie und Stefan Chiovelli teilen sich die Geschäftsführung der Gewerbehalle seit Mai 2012. «Steff war vorher Betriebsleiter des Treibhauses und ich komme vom Marketing, habe aber bereits vor 2012 in der Gewerbehalle gearbeitet.» Somit kannte sie das Lokal bereits, als es schliesslich zu haben war. «Steff und ich haben sofort zugegriffen.»

Heute finden hier die unterschiedlichsten Veranstaltungen auf drei Stockwerken statt – mit Platz für insgesamt rund 100 Personen.

«Ich denke, dass viele wegen uns und der Kegelbahn endlich mal ihre Angst vor der Baselstrasse verloren haben.»
Barbar Glenz, Co-Geschäftsführerin Gewerbehalle

Hauptsächlich stehen Konzerte, Partys sowie Filmabende auf dem Programm. «Unter der Woche konzentrieren wir uns bei den Konzerten auf kleine, feine Sachen aus Jazz, Pop, Singer/Songwriter und Folk. An den Wochenenden stehen Partys und Konzerte im Bereich Alternative Rock, Funk und Electro im Vordergrund.» Eines der Ziele ist auch, Luzerner Künstlern eine Plattform zu bieten – nicht nur den Musikern. «Dafür stellen wir zum Beispiel auch unsere Wände zur Verfügung.» Und jeden Sonntag zeigt die Gewerbehalle den Tatort auf Grossleinwand. «Wir definieren uns generell nicht als Club, sondern eher als Gast- und Kulturlokal, wir wollen auch, dass alle Sparten Platz finden – wir legen uns nicht fest», erklärt Glenz.

Im 1. Stock – über den drei Stockwerken – entsteht nun auch das lange geplante Hostel mit vorerst zwei Zimmern. «Wir sind vor ein paar Tagen mit dem Umbau fertig geworden.» Geplant sei, irgendwann das ganze Haus zu mieten, um das Hostel zu erweitern.

Barabara Glenz und Stefan Chiovelli

Barabara Glenz und Stefan Chiovelli

«Ich denke, dass unser Ruf beim Luzerner Partyvolk relativ gut ist und auch viele wegen uns und der Kegelbahn endlich mal ihre Angst vor der Baselstrasse verloren haben», so Glenz.

Die Gewerbehalle setzt auf alternative Produkte wie die Sirups vom Sirupier de Berne oder den Hausschnaps «Ingwerer». Ausserdem kann man sich mit hausgemachten Kleinigkeiten verpflegen. Rauchen darf man in der Gewerbehalle im oberen Stockwerk und auf der Terrasse.

DJ’s statt Kegeln

Der Eingang zum Klub Kegelbahn an der Baselstrasse befindet sich etwas versteckt hinter dem Grillstand des Restaurants Crazy Cactus. Der Eingang des Klubs ist gleichzeitig auch der des Grilleurs, was bei einem ersten Besuch zu einer kleinen Verwirrung führen kann.

Der Geschäftsführer Raphael Märki kam über einen Freund auf das Lokal. «Die Baselstrasse ist fast nie langweilig, die Menschen sind toll und es herrscht so ein Grossstadt Feeling», so Märki. Die Kegelbahn ist klein und von aussen unauffällig, aber schon kein Geheimtipp mehr. Das Lokal hat sich in der Luzerner Szene schnell etabliert. «Wir sind bekannt für Underground-Musik, unser Soundsystem und vor allem die urbane Stimmung», erklärt Märki, der vorher als Tontechniker und Veranstalter arbeitete.

Die Bar im Klub Kegelbahn hier unverraucht

Die Bar im Klub Kegelbahn hier unverraucht

«Wahrscheinlich ist unser Ruf sehr unterschiedlich, da wir nicht auf kommerzielle Tanzmusik setzen. Wenn die Leute wegen der Musik kommen, entsteht bei uns eine magische Stimmung. Alle tanzen und die DJs schwärmen», so Märki.

Seit November 2013 ist die Kegelbahn nun ein Klub. Zuvor war das Lokal eine Art Treffpunkt für Luzerner mit portugiesischen Wurzeln. Und davor war es eine echte Kegelbahn. Der Standort und die langezogene Raumform lassen es vermuten. Trotzdem eignet sich der Raum für seine neue Nutzung. Den Fokus setzt die Kegelbahn auf gute DJs und kleine Live Acts. «Der DJ ist super wichtig», betont der Geschäftsführer. Zwischendurch veranstalten sie jedoch auch Konzerte.

Zum Thema Rauchen sagt Märki nur: «Ja, wir sind sehr klein und bei uns darf man rauchen.»

Oldschool Live-Rock

Mit einer grossen Auswahl an Bieren und Whiskeys und einer Einrichtung, die an den Stil alter irischer Pubs erinnert, steht das Bruchbrothers am Kasernenplatz. Das Lokal in der «Villa Bruch», wie das über 100-jährige Gebäude genannt wird, war vor seiner Zeit als Konzertlokal und Bar eine Spielhölle. «Und vor 1979 war es eine Apotheke», erklärt Geschäftsführer Philipp Hüsler.

Die BruchBrothersBar gibt es bereits seit rund neun Jahren in seiner jetzigen Form. In den ersten vier Jahren kam es jedoch zu fünf Besitzerwechseln. Keine ideale Ausgangslage. Und doch führt Hüsler die Bar mittlerweile seit viereinhalb Jahren.

«Wir haben uns als Rocklokal etabliert.»
Philipp Hüsler, Geschäftsführer BruchBrothersBar

Bekannt ist das Lokal vor allem für seine Rock-, Blues- und Metal-Konzerte. «Die Konzerte und Partys sind zu 99 Prozent gratis, wir sammeln während den Gigs jedoch per Kollekte für die Bands», so Hüsler. Und die Betreiber sind auch fussballaffin. Champions League, Bundesliga und FCL-Spiele werden gezeigt.

Philipp Hüsler steht auch selbst hinter der Bar.

Philipp Hüsler steht auch selbst hinter der Bar.

Philipp Hüsler war vorher als Hochbauzeichner, Serviecemitarbeiter und auch als Eventberater tätig. «Es war schon immer mein Traum eine eigene Bar zu betreiben, als ich dann angefragt wurde ob ich Interesse an diesem Lokal habe, musste ich einfach zugreifen.»

Die lockere Stimmung und ein sehr gemischtes Publikum seien das, was bei den Gästen ankomme. «Wir haben uns als Rocklokal etabliert.» Das Lokal an sich hat Platz für 100 Personen. «Wir haben auch ein Fumoir, dass ungefähr 20 Personen fasst.»

Alles ins Erotikkino

Das Musiktheater des Madeleine ist aus der Jugendstilzeit von 1913 und steht unter Denkmalschutz. Eingerichtet ist das Lokal im Vintagestil. «Das komplette Mobiliar stammt aus Brockenhäusern oder wurde von uns selber gebaut», so Mitinhaber Mike Häfliger.

Das Madeleine bietet Platz für knapp 200 Personen, aufgeteilt in zwei Räumen, das Musiktheater mit kleinem Balkon in der zweiten Etage und die Beiz, in welcher auch geraucht werden darf. «Die Raucherbeiz war früher eine Pizzeria und das Musiktheater wurde ursprünglich als Kino gebaut, meines Wissens zuerst für Westernfime und erst später für Erotikfilme.» Seit Oktober 2010 besteht es in seiner heutigen Form. Geführt wird das Lokal von Marcel Amstutz und Bruno Milesi und zwei Teilhabern. «Freunde haben uns das Lokal angeboten und wir haben uns sofort in die tollen Räume verliebt», so Häfliger.

«In erster Linie wissen es unsere Gäste zu schätzen, dass wir als einziges Lokal in Luzern die Altersbeschränkung ab 25 Jahren haben. Ausserdem loben unsere Gäste die groovige Musik, die tollen Konzerte und den Publikumsmix.»

Die Raucherbeiz des Madeleine

Die Raucherbeiz des Madeleine

«Wir versuchen unser Programm sehr vielseitig zu gestalten, mit Latino Tanz Veranstaltungen, vielen Konzerten – aber auch Improtheater oder die «Comedy im Madeleine» von Johny Burn. Auch Ping Pong-Abende oder Speed-Dating Anlässe haben Platz.»

Nach den Konzerten wird eine Mischung aus Funk, Soul, Swing, RocknRoll und House aufgelegt. «Einfach gute Musik aus der Vergangenheit die nicht unbedingt an jeder Ecke gespielt wird», erklärt Häfliger.

Grundsätzlich ist der Einlass im Madeleine ohne Eintritt, manchmal gibt es Kollekte und bei grösseren Konzerten oder dem «Comedy im Madeleine» bezahlt man zwischen zehn und zwanzig Franken Eintritt.

Neues und Frisches in der alten Metzgerhalle

«Die Stiefväter» Dominik Schmid und Enea von Fellenberg haben vor kurzem gemeinsam mit Musiker und Kulturmanager Mike Walker die traditionsreiche Metzgerhalle übernommen. Bei der Wiedereröffnung wurde die Beliebtheit des Lokals bei den Luzernern durch den enormen Ansturm von Gästen offensichtlich. «Wir sind durch den Hausbesitzer auf das frei werdende Lokal aufmerksam gemacht und angefragt worden, ob Interesse besteht», so Walker.

Die Metzgerhalle ist grundsätzlich in zwei Räume aufgeteilt: Der vordere Bereich für gemütliches Essen und Trinken, lange Tische und Fotografien an den Wänden. Im hinteren Teil des Lokals befindet sich eine Art Bibliothek «Zum Lesen und Stöbern, für Sitzungen und zum Lernen», so Walker.

«Wir verlangen nie Eintritt.»
Mike Walker, Co-Geschäftsführer Metzgerhalle

Mit ungefähr 70 Sitzplätzen und rund 30 Plätzen im Garten ist die Metzgerhalle nicht unbedingt ein Tanzlokal – aber auch. «Wir sehen uns als klassische Bar und setzen unseren Fokus auf DJs und kleinere Konzerte. Weiter führen wir Album-Listenings mit lokalen Künstler durch. Mit ihren neuen Alben waren Tobi Gmür sowie Weekend Phantom bereits da.» Aber auch andere Veranstaltungen sollen folgen. «Und wir verlangen nie Eintritt», betont Walker.

Auch das Kulinarische kommt nicht zu kurz. «Wir haben ein breites Essensangebot und bereiten alles selber frisch zu.» Am Wochenende gibt es zudem Brunch in der Metzgerhalle.

Im Garten haben die neuen Betreiber zwei junge Eichen gepflanzt und im schwarz gestrichenen Zwischengang können Künstler ihre Bilder zeigen: «Momentan stellt Sämi Hofmann bei uns aus.»

Das Metzgerhalle-Team

Das Metzgerhalle-Team

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1 Kommentar
  • Profilfoto von michelarnet69
    michelarnet69, 09.05.2015, 18:50 Uhr

    Ich verstehe nicht ganz, warum im Artikel «Sie bringen Luzern zum Tanzen, Teil II» das Bagaseira nicht erwähnt wird. Auch dort wird jedes Wochenende getanzt, und man muss sich nicht tiefer in die Baselstrasse vorwagen als bei der Kegelbahn. Man findet dort richtigen Multikulti, in diesem Fall mit brasilianischem Touch. Die Bar ist seit 2 Jahren unter neuer Führung und bemüht sich um ein sicheres Partyambiente.

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