Im Ägerital geht der Schmutzli auf Brautschau

Wo der Samichlaus beim Besuch gleich eine ganze Rotte mitbringt

Der Samichlaus mahnt die Kinder, nächstes Jahr einen Vers bereit zu halten.

(Bild: ewy)

Im Ägerital kommt der Samichlaus nicht alleine, er wird von ohrenbetäubendem Lärm angekündigt. zentralplus war mit der Klausrotte Mitteldorfberg aus Oberägeri unterwegs und hat glückliche, lustige, aber auch einige verängstigte Gesichter gesehen.

Von weit her hört man die Kuhglocken schallen. Mit tosendem Lärm durch Trychler und Geiselchläpfer meldet sich der Samichlaus im Ägerital an. «In fast jedem Haus will man mir ein Bier, Schnaps oder Wein anbieten», erklärt der selbst ernannte «Wiisswii Samichlaus», «damit ich am Schluss nicht ganz durcheinander bin, beschränke ich mich auf Weisswein.» Erich Müller ist seit zehn Jahren ein Chlaus der Klausrotte Mitteldorfberg Oberägeri.

Er geht zusammen mit einem oder zwei Schmutzlis, einem Schwyzerörgeli-Spieler und dem Eselsträger voran. Ihnen folgt der Rest der sogenannten Rotte. Diese ist zusammengesetzt aus Trychel- und Iffelenträgern und den Geiselchläpfern.

Der Esel darf rein, die Rotte wartet draussen

Von Haus zu Haus zieht der Samichlaus, klingelt und wird, wo immer er nicht vor verschlossener Tür steht, freundlichst empfangen. Manchmal warten die Kinder auch um eine Feuerschale versammelt vor dem Haus.

Wird der Samichlaus hereingelassen, nimmt er Schmutzli, Örgelispieler und Chlausesel mit. Der Rest der Rotte wartet draussen. Deshalb stehen an manchen Orten Getränke und Essen bereit. So wird das Warten in der Kälte erträglich.

Der Samichlaus kümmert sich auch um die Erwachsenen

Drinnen geht der Chlaus seiner Haupttätigkeit nach. Er erkundet sich stets nach dem Befinden aller Anwesenden und will wissen, wie das vergangene Jahr gewesen ist. Der Samichlaus ist nicht nur für die Kinder da, er geht auch zu Alleinstehenden, Paaren und älteren Leuten.

Meist sind aber Kinder anwesend. Dann wird besprochen, ob sie artig waren und sich im Vergleich zum Vorjahr gebessert haben. «Früher habe ich immer gesagt, zieht eure Hausschuhe an, aber heute weisen mich die Kids alle auf die Bodenheizung hin», erklärt der Samichlaus.

Früher fürchtete man sich

«Ich hatte selbst immer eine grosse Klappe, bevor der Samichlaus kam. Bis er da war. Dann war ich plötzlich still wie eine Kirchenmaus», erzählt der «Wiisswii Samichlaus» aus der eigenen Kindheit. Sein Bruder sei vom Schmutzli mal im Sack mitgenommen worden, «ein einschneidendes Erlebnis».

Ob die Kinder Angst vor dem Samichlaus haben, sei aber in erster Linie von den Eltern abhängig. Je nachdem, wie er angekündigt werde, sei auch die Stimmung eine ganz andere. Er könne das selbst etwas steuern, in dem er die Stimme anpasst und lieb zuredet, aber er sei durchaus auf die Unterstützung der Eltern angewiesen.

Geheimtipp: Messer im Sack

Ein Vater erzählt, er habe als Kind immer ein Taschenmesser in den Hosensack genommen, damit er sich aus Schmutzlis Sack hätte befreien können, wenn er denn mitgenommen worden wäre.

Heute haben nur noch die ganz Kleinen etwas Angst. Die meisten Kinder sind eher vorwitzig und erzählen herzige und lustige Verse.

«In der Regel werde ich mit leuchtenden Augen erwartet. Das ist auch etwas vom Schönsten an dieser Arbeit», so der Chlaus. Und der wird tatsächlich von Jung und Alt erwartet, einige haben sich über Tage hinweg vorbereitet, «das schätze ich natürlich auch sehr», meint er.

Der Esel frisst das Geld

Es wird jedem Gastgeber ein lüpfiges Lied vom Schwyzerörgeli gespielt. Manchmal sorgen aber auch die Kinder für die musikalische Unterhaltung. Und bei einer Familie bildet der Grossvater mit seinem Klavier spontan ein Duett mit dem Handorgelspieler.

Nach dem Örgelispiel verteilen die Schmutzlis noch Nüsse, Mandarinen, Schokolade und Lebkuchen aus ihren Säcken und auch des Esels Maul wird gestopft.

Der Chlausesel ist wie ein Steckenpferd, bei dem man den Mund mittels schnur öffnen und schliessen kann. In Ägeri sammeln die Rotten damit das Geld.

Der Chlausesel ist wie ein Steckenpferd, bei dem man den Mund mittels schnur öffnen und schliessen kann. In Ägeri sammeln die Rotten damit das Geld.

(Bild: ewy)

Der Chlausesel aber frisst nur Geld. Dieses sammelt die Rotte, um die Gaben und Gewänder zu finanzieren.

Samichlaus wohnt in der Badi

«Wo wohnst du, Samichlaus?», fragt ein Mädchen ganz leise. «Im Wald, ganz tief im Wald und im Sommer in der Badi», antwortet dieser gewitzt. Sowieso ist die Stimmung recht ausgelassen, erzogen wird aber immer noch. «Wer hat seine Jacke nicht aufgehängt?», fragt der Chlaus und die Schmutzlis klopfen mit der Rute auf den Sack, um zu unterstreichen, dass das nicht die feine Art ist. «Oh, das ist meine», traut sich dann die Mutter fast nicht zu sagen.

Die Rotte diente zur Brautschau

Traditionell sind nur ledige Mannen in einer Klausrotte. Der ursprüngliche Sinn dahinter war nämlich, dass die jungen Burschen einmal sehen, was es an Frauen im Dorf gibt. Die Männer, die am dringendsten eine Frau brauchten, wurden ins Schmutzli-Kostüm gesteckt. So konnten sie überall mit in die Häuser herein. Wenn ihnen eine Frau besonders gefiel, verabschiedeten sie sich mit einem «Schmutz», woraufhin diese dann mit der schwarzen Schminke markiert war. Heute «schwärzt» man die Frauen nur noch zum Spass. Eine reine Männersache sind die Rotten aber noch immer.
Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon