Die neue Zuger Tourismuschefin zur «China-Frage»

Wo bleiben sie denn nun, die Chinesen?

Bei einheimischen und europäischen Touristen äusserst beliebt: die Zuger Altstadt. Doch was ist mit Reisenden aus Fernost? (Bild: zvg)

Er sprach von einer Chance für das lokale Gewerbe, von goldenen Zeiten für die Hotellerie. Der alte Tourismuschef wollte die Chinesen in die Stadt holen. Doch was wird nun aus seinen Plänen?

Er wollte kein zweites Luzern. Urs Raschle, ehemaliger Tourismuschef von Zug und inzwischen Vorsteher des Departements Soziales, Umwelt und Sicherheit, hat vor gut einem Jahr den Kurs bestimmt: Chinesen sollten die Stadt Zug zwar zunehmend für sich entdecken, aber bitte nicht in Massen kommen (zentral+ berichtete).

Seit dem 1. Januar hält Raschles Nachfolgerin, Seraina Koller, das Steuer des Zuger Tourismuskahns in Händen. Nach gut sechsmonatiger Amtstätigkeit ist es an der Zeit, bei ihr nachzufragen, wie sich die «China-Frage» mittlerweile entwickelt hat. Wie attraktiv ist Zug für Gäste aus Fernost? Wird das kleine Städtchen trotz gegenteiliger Absicht doch von ihnen überlaufen? Und: Wäre Zug überhaupt gewappnet für die «Instant-Touristen» aus dem Reich der Mitte?

Ein wachsames Auge

«Es ist ein Fakt, dass chinesische Gruppen nach Zug reisen», hält Koller fest. Diesen Trend würde sie aufmerksam beobachten. Eine Kursänderung scheint also zumindest vorerst nicht in Sicht zu sein. Koller betont indess, dass das Engagement im chinesischen Markt ursprünglich von Privaten initiiert worden sei. Recherchen von zentral+ haben ergeben, dass das Schmuck- und Uhrengeschäft Lohri, prominent situiert an der Neugasse, den chinesischen Tourismus lancierte. Das Ziel: Chinesische Touristen gezielt und koordiniert nach Zug bringen. Im Gegensatz zum Uhrenmekka Luzern würden es ausländische Gäste schätzen, dass die entsprechenden Geschäfte in Zug nicht mit Kundschaft überfüllt seien, sagte Raschle damals.

«Ich selber verfolge keine aktiven Bemühungen auf dem chinesischen Tourismusmarkt.»

Seraina Koller, Leiterin Zug Tourismus

Koller macht kein Geheimnis daraus, dass der chinesische Markt bei Zug Tourismus auch heute eine Rolle spielt. Der bisherige Verlauf werde mit wachsamen Augen beobachtet. Es gelte, nichts zu überstürzen und keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Je nach dem, wie die Entwicklung verlaufen wird, seien Kurswechsel nicht auszuschliessen. «Im Herbst wird Zug Tourismus einen Strategieworkshop durchführen, an welchem der Gruppentourismus thematisiert wird», erklärt Koller. Es bleibt demnach vorläufig offen, wie es in der China-Frage weitergehen wird, ob der momentane Kurs stimmt oder das diesbezügliche Engagement angepasst werden soll.

Massentourismus passt nicht zu Zug

«Ich selber verfolge keine aktiven Bemühungen auf dem chinesischen Tourismusmarkt», akzentuiert die Geschäftsführerin von Zug Tourismus. Ein Massentourismus, wie er zuweilen in Luzern zu beobachten ist, würde darüberhinaus nicht ins Konzept der Kleinstadt Zug passen. «Das lässt sich mit unserer touristischen Strategie schlicht nicht vereinbaren. Wir stehen für einen sanften, einen nachhaltigen Tourismus», betont Koller.

«Asiatische Gäste machen eine verschwindend kleine Zahl aus.»

Seraina Koller, Tourismuschefin Zug

Die Zuger Tourismusbranche zeigte in den vergangenen Monaten jedenfalls insgesamt eine positive Entwicklung. «Die Logiernächtezahlen im Kanton Zug sind trotz der herausfordernden wirtschaftlichen Ausgangslage sehr erfreulich», betont Koller. Das bestätigen die Zahlen:

Logiernächteentwicklung Januar bis April 2015 im Vergleich zum Vorjahr.

Logiernächteentwicklung Januar bis April 2015 im Vergleich zum Vorjahr.

(Bild: Zug Tourismus)

Und welche Rolle spielen chinesische Touristen bei der Logiernächteentwicklung? Ist die jeweilige Zunahme im Vergleich zum Vorjahr in besonderem Masse auf die Gäste aus Fernost zurückzuführen? Koller verneint: «Das positive Resultat ist massgeblich auf die Steigerung der Übernachtungen durch Schweizer Gäste (bis zu 38.7 Prozent Zunahme) zurückzuführen.» Diese hätten den Rückgang an Logiernächten von europäischen Gästen um ein Vielfaches übertroffen, fügt die Tourismuschefin an. «Asiatische Gäste machen eine verschwindend kleine Zahl aus, wir sprechen hier von ein paar tausend Übernachtungen – das steht in keinem Verhältnis zu einheimischen und europäischen Gästen.»

Eine kleine, aber feine Stadt

Nichtsdestotrotz würden die Gäste aus China – so klein ihre Anzahl sein mag – in der Mehrzahl mit glücklichen Gesichtern von Zug aus weiterreisen. «Das vielfältige Freizeitangebot von Zug bietet allen Besuchern eine abwechslungsreiche Palette an Aktivitäten. Tagesausflüge mit dem Schiff, der Zugerbergbahn und das Schlendern durch die historische Altstadt faszinieren Gäste aus allen Kulturen», erläutert Koller. In diesem Sinne sei Zug durchaus eine attraktive Durchreisedestination für Asiaten auf ihrer Europareise. Klein, aber fein, das würden die Chinesen an Zug mögen.

«Der Markt verändert sich automatisch, sobald die Nachrage nach einem Angebot steigt oder aufkommt.»

Seraina Koller, Chefin Zug Tourismus

Es bestehen indessen keine expliziten Bemühungen, spezifisch auf asiatische Touristen zugeschnittene Freizeitaktivitäten oder sonstige Angebote anzubieten. Schliesslich seien es naturgegebene Faktoren, welche anziehend wirkten: «Das Voralpenpanorama, die kleine historische Altstadt und die zentrale Lage locken Reisende aus fernen Ländern an.» Koller fügt aber an, dass auch die Chriesikultur einen speziellen Reiz ausüben würde – gerade auf asiatische Feriengäste.

Und wie steht es grundsätzlich um die Nutzung des kulturellen Angebots von Zug? Offenbar sind diesbezüglich kleinere Anpassungen im Gange. Denn enttäuschte Gesichter von Reisegruppen, die frühmorgens Roman Signers «Seesicht» betreten wollten, aber auf verschlossene Türen stiessen, sieht man in Zug natürlich nicht gerne. «Das Kunsthaus Zug hat die Öffnungszeiten unmittelbar nach dem Aufkommen des Bedürfnisses nach längeren Öffnungszeiten angepasst», präzisiert Koller. Sie fügt an: «Aus meiner Sicht verändert sich der Markt automatisch, sobald die Nachfrage nach einem Angebot oder einem Gut steigt oder aufkommt.»

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