Bucherer als Zielscheibe

Wirtschaftsverband verärgert wegen SP-«Hass»-Post – Roth kontert

Die Entlassungen bei Bucherer werden zum Politikum. (Bild: zvg)

Die SP kritisiert in den sozialen Medien, dass die Öffentlichkeit wegen der Entlassungen bei Bucherer belastet wird – während der milliardenschwere Unternehmer jahrelang profitiert habe. Der Luzerner Wirtschaftsverband (WVL) findet das komplett daneben.

Das Unternehmen Bucherer verkauft wegen ausbleibender Touristen praktisch keinen Schmuck und keine Uhren mehr. Es kommt schweizweit zu ca. 220 Entlassungen – auch in Luzern, wo das Geschäft am Schwanenplatz besonders betroffen ist (zentralplus berichtete).

Die SP Kanton Luzern verbreitete in den letzten Tagen auf Social Media ein Posting, mit dem kritisiert wird, dass der milliardenschwere Unternehmer Jörg Bucherer jahrelang von der öffentlichen Hand profitiert habe, etwa durch Steuererleichterungen oder die Infrastruktur am Schwanenplatz. Nun müssten aber die Arbeitsämter dafür aufkommen, wenn die Mitarbeiter, «die ihm dieses Geld verdient haben», auf der Strasse stehen.

Im geteilten Beitrag wird auch die Zahl von 2,5 Milliarden Franken genannt – so viel Geld soll Jörg Bucherer besitzen. Gerade die Nennung dieser Zahl stösst dem WVL sauer auf: In einer Mitteilung schreibt er von einem «Hass-Gewitter», wie es in einigen Ländern schon gang und gäbe sei. Der WVL mit Präsident Alexander Gonzalez versteht sich als Sprachrohr des Luzerner Gewerbes und vertritt die Interessen der KMU in der Stadt.

Wirtschaftsverband: Es braucht Unternehmer wie Bucherer

In seiner Mitteilung setzt der WVL zu einem frontalen Konter gegen die SP an: «Was soll diese angeprangerte Zahl des Vermögens eines Unternehmers?», fragt man sich beim Wirtschaftsverband. Und weiter: «Wer über Jahrzehnte einen wesentlichen Anteil an Steuersubstrat beiträgt, hunderten von Familien ein Einkommen ermöglicht, scheint offensichtlich in der Denkweise der SP-Protagonisten eine zu verachtende und aus unserer Gesellschaft auszugrenzende Person zu sein», wird Unternehmer Bucherer verteidigt.

Es brauche solche Unternehmer wie Bucherer. Zudem bestünden die Unternehmensvermögen hauptsächlich aus Firmenanteilen. Diese hätten in der Krise an Wert verloren und könnten zudem nicht wie Bargeld die Liquidität sichern.

SP-Angriff auf alle Unternehmer?

Auch wenn die SP Kanton Luzern konkret auf die Firma Bucherer und deren Inhaber ziele, müsse dieses Posting als Frontalangriff auf viele andere Unternehmer betrachtet werden. Der WVL bedauere den Stellenabbau – «letztendlich ist es jedoch nicht entscheidend, ob jemand einen einzelnen Mitarbeitenden oder über hundert entlassen muss, die Last des Unternehmertums, die schlaflosen Nächte, setzen gleichermassen zu».

Politische Zusammenarbeit infrage gestellt

Völlig unverständlich sei auch die Kritik der SP Kanton Luzern, dass die Firma Bucherer die städtische Infrastruktur mitbenutze. In der Partei «herrsche offensichtlich immer noch die fremdenfeindliche Einstellung gegen jeglichen Tourismus, welcher die Stadt Luzern bereichern könnte», heisst es in scharfem Ton.

Schliesslich werde mit dem Vorgehen der SP «auch die verbleibende Hoffnung auf eine konstruktive Stadtpolitik in der nächsten Legislaturperiode getrübt».

Bisher sei in der Stadt und auch im Kanton Luzern die Corona-Krise nicht auch noch dazu missbraucht worden, um «mit härtesten Bandagen extreme Parteipolitik zu fahren». Die SP Kanton Luzern habe sich nun offensichtlich von diesem «krisenbedingten Zusammenhalten» verabschiedet.

David Roth: «Nüchterne Darstellung der Faktenlage»

SP-Kantonspräsident David Roth reagiert etwas überrascht auf die Schärfe der vorgetragenen Kritik: «Ich finde diese Kritik erstaunlich. Der Facebook-Post ist eine nüchterne Darstellung der Faktenlage.» Für den Wirtschaftsverband komme die Kritik an Milliardären «wohl einer Majestätsbeleidigung gleich, während er die Angestellten, die ihre Jobs verlieren, schlicht vergisst», sagt Roth. 

«Wenn einer der reichsten Luzerner, der Profiteur aller Steuergeschenke der jüngsten Vergangenheit war und dessen Kunden seit Jahrzehnten mitten im Zentrum von Luzern parkieren dürfen, 170 andere Luzernerinnen und Luzerner auf die Strasse stellt, dann nehmen wir uns das Recht zur Kritik heraus.»

Und zur Corona-Politik der Partei: Es sei die SP gewesen, welche den Erlass der Minimalsteuer für kleine Firmen gefordert habe und welche die Mietzinsreduktionen für Unternehmen durchgesetzt habe. Was der «SVP-nahe Wirtschaftsverband» bei seiner Kritik vergesse: «Solidarität ist keine Einbahnstrasse.»

Die SP pflege den Austausch mit den Unternehmen in Stadt und Kanton Luzern. «Wir stellen aber fest, dass auch Unternehmen den Wirtschaftsverband als zunehmend untaugliches Vehikel dafür sehen. Wohl auch wegen solchen Rundumschlägen, wie sie diesem Brief zu entnehmen sind.»

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8 Kommentare
  • Profilfoto von Thea
    Thea, 19.08.2020, 13:23 Uhr

    Die Leute der SP begreifen bis heute nicht, welche Firmen bislang für gute Steuererträge beigetragen und damit einen wesentlichen Beitrag an eine gute Lebensqualität geleistet haben. Verglichen mit der «Beamtenstadt» Bern, die mit einem Riesenbetrag aus dem Finanzausgleich unterstützt werden muss, steht Luzern dank guten Steuerzahlern wie z.B. Bucherer immerhin gut da. Die Neidkultur innerhalb der SP ist ätzend.
    Die Wähler hätten es in der Hand, die Stadt weniger rot-grün erscheinen zu lassen!

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    • Profilfoto von Kasimir Pfyffer
      Kasimir Pfyffer, 20.08.2020, 07:32 Uhr

      Bucherer hat jahrzehntelang von seiner Bevorzugung profitiert, jetzt spickt er seine Angestellten. Das ist eine Tatsache. Was hat es mit «Neidkultur» zu tun, wenn die SP das Kind beim Namen nennt? Darf man gemäss Ihnen auch nicht mehr sagen, dass der Fluss durch Luzern «Reuss» genannt wird?

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  • Profilfoto von Rudolf
    Rudolf, 19.08.2020, 08:08 Uhr

    Herrn Roths Kritik im Namen der Sozialdemokratischen Partei besteht aus einer nüchternen Aufzählung der Fakten. Sie ist also berechtigt. Solche Stellungnahmen sind eine zentrale politische Aufgabe der SP als stärkster Partei in der Stadt Luzern. Wer sonst als diese Partei informiert die Bevölkerung über solche Entsolidarisierungen?

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  • Profilfoto von Luke
    Luke, 18.08.2020, 17:18 Uhr

    Kleine Rechenüberlegung:
    Es wird angenommen, die 170 Angestellten verdienen je ca. 78’000 CHF pro Jahr. Somit ergeben sich durch die 170 Angestellten Lohnkosten für die Firma Bucherer in der Grösse von 13.26 Mio. CHF pro Jahr .
    Herr Bucherer hat ein Vermögen von 2.5 Mia. CHF. Würde er die 13.26 Mio. Franken Lohnkosten der Angestellten persönlich zahlen, so müsste er 0.53% von seinem Vermögen hergeben.
    Das ist etwa so, wie einer seiner Angestellten, welcher 78’000 CHF pro Jahr verdient, sich für etwa 420 CHF eine neue Uhr kaufen würde. Nicht ganz alltäglich, aber dennoch durchaus machbar.
    Daher erachte ich die Kritik der SP als völlig berechtigt. Das vom Wirtschaftsverband hoch gelobte Steuersubstrat mag für die Stadt relevant sein, dürfte durch Vermögenszinsen aber auch schnell wieder auf dem Konto von Herrn Bucherer erscheinen.

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    Erwin Lussi, 18.08.2020, 16:42 Uhr

    Vermögen ist der Lohn vergangener erfolgreicher Arbeit, egal ob Unternehmer oder Angestellter.
    Wenn es nicht mehr läuft müssen die Kosten runter, so funktioniert Wirtschaft.
    Egal ob bei Bucherer, Post, Bahn, Bank oder anderen Betrieben, Wirtschaft funktioniert unabhängig der Grösse immer gleich.

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    • Profilfoto von Kasimir Pfyffer
      Kasimir Pfyffer, 19.08.2020, 08:25 Uhr

      Der Lohn vergangener Arbeit? So pauschal stimmt das natürlich schon lange nicht mehr. Vermögen ist der Hauptgrund für die grosse Ungleichheit in der Schweiz, denn Vermögen wird heute vererbt und nicht mehr erarbeitet. «Wer hat, dem wird gegeben» – z. B. durch den Ertrag von Immobilien (Renditehäusern), Aktien oder anderen Finanzanlagen.

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    CScherrer, 18.08.2020, 14:56 Uhr

    Der Wirtschaftsverband vergisst, dass die Wirtschaft in Krisen gerne ihre Arbeitnehmenden beim Staat entsorgt. So gesehen hat die SP vollkommen recht. Eine schwache Leistung der Bucherer AG!

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  • Profilfoto von Patrick
    Patrick, 18.08.2020, 14:49 Uhr

    Das ist mal wieder Typisch SP, wieviele angestellte haben die SPler? Damit meine ich stellen die nicht vom Staat bezahlt werden. Wieviele Millionen hat Bucherer jahrelang der Stadt als Steuern abgeliefert? Immer andere angreifen und selber dazu beitragen dass immer wenkger Einheimische einkaufen in der Stadt. Ja es ist halt einfacher immer allen anderen die Schuld in die Schuhe zu schieben

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