Wird die Mall of Switzerland zum Lädeli-Killer?

«Zittern müssen alle, die meinen, es geht gleich weiter»

Die Podiumsteilnehmer von links: André Bachmann, Markus Gehrig, Roland Jungo, Melanie Kunz, Werner Schaeppi, Hanspeter Bienz und Mascha Santschi.

(Bild: les)

Noch immer hüllen sich die Verantwortlichen der Mall of Switzerland in Schweigen, was den Mietermix betrifft. Trotzdem sind die Sorgen gross, dass das Einkaufszentrum in Ebikon für den Luzerner Detailhandel der Dolchstoss sein könnte. An einem Podium gaben zudem zwei bekannte Streitpunkte zu reden: Parkplätze und Ladenöffnungszeiten.

«Erdrückt die Mall of Switzerland die Läden in Stadt und Region?» Mit dieser Frage lud die Arbeitsgemeinschaft Wirtschaft und Gesellschaft des Kantons Luzern AWG diesen Dienstagabend in die Box beim Luzerner Theater. Der CVP-nahe Verband hatte ein prominent besetztes Podiumsgespräch zum Thema «Mall of Switzerland» organisiert. Gegen 150 Interessierte folgten der Einladung, darunter die drei CVP-Nationalräte Ida Glanzmann, Andrea Gmür und Leo Müller sowie die neue Luzerner Stadträtin Franziska Bitzi.

AWG-Präsident Josef Wyss richtete einige Worte an die Besucher.

AWG-Präsident Josef Wyss richtete einige Worte an die Besucher.

(Bild: les)

Alle Augen waren auf Werner Schaeppi gerichtet, welcher am Podium die Mall vertrat. Das zukünftig zweitgrösste Einkaufscenter der Schweiz eröffnet am 28. September in Ebikon. Trumpfen will die Mall insbesondere mit dem Freizeitangebot bestehend aus einem Kino mit zwölf Sälen, der ersten Indoor-Surfanlage der Schweiz oder einem 2000 Quadratmeter grossen Fitnesscenter.

«So und jetzt wollen wir wissen, welche Geschäfte in die Mall einziehen», eröffnete Moderatorin Mascha Santschi die Runde. Doch Schaeppi liess sich nichts Neues entlocken und führte die Geheimniskrämerei um den Mietermix fort. «Das hat taktische Gründe», erklärte er. Bestätigen konnte er indes, dass es für die rund 150 Läden sehr viele Interessenten gäbe – auch internationale.

AWG unterstützt Steuererhöhung im Kanton Luzern

In seiner Begrüssungsrede lieferte AWG-Präsident Josef Wyss den politischen Input: «Schliesslich sind wir nicht nur eine Eventorganisation, sondern betreiben Wirtschaftspolitik.» So erklärte er die AWG-Position im Hinblick auf das SVP-Referendum zur Steuerfusserhöhung. «Anständig Wirtschaften ist einer unserer Kernwerte», erläuterte Wyss. In Anbetracht der Gesamtbeurteilung der Situation unterstützt die AWG die Steuererhöhung. Das Referendum nennt Wyss «demokratisch legitim, aber politisch nicht ideal».

Das gesamte Podium war sich einig, dass man die Folgen der Mall für den Detailhandel in Luzern heute noch nicht abschätzen kann. Schaeppi sagte: «Es wird die Wirtschaft verändern. Ich denke, von der Mall werden positive Impulse ausgehen.»

Ebikon will Gewerbe pflegen

Eine Meinung, die auch Hanspeter Bienz, Gemeinderat in Ebikon, unterstützt. «Wir erhalten einen erfrischenden Mitbewerber. Durch die Mall wird Ebikon bekannter und davon profitieren alle.» Trotz Enthusiasmus sei in Ebikon auch eine Verunsicherung spürbar. «Wir wollen die Detaillisten im Dorf behalten. Deshalb sind Fragen nach der Positionierung derzeit sehr aktuell», so Bienz, der auch aktiv im Gewerbeverband mitwirkt.

«Wir wollen gemeinsam am gleichen Strang ziehen», sagte Bienz weiter. Erstes Ergebnis davon waren etwa spezielle Weihnachtsaktionen in der Adventszeit, um Kunden anzulocken.

Modedesignerin Melanie Kunz, Werner Schaeppi, Kommunikation Mall of Switzerland, und Hanspeter Bienz, Mitglied des Gewerbevereins und Gemeinderat in Ebikon.

Modedesignerin Melanie Kunz, Werner Schaeppi, Kommunikation Mall of Switzerland, und Hanspeter Bienz, Mitglied des Gewerbevereins und Gemeinderat in Ebikon.

(Bild: les)

Positive Effekte für die Stadt?

Was sagen die Geschäfte in der Stadt? Melanie Kunz, die eine Modeboutique an der Waldstätterstrasse in der Stadt Luzern führt, macht sich wegen der Mall ebenfalls keine grossen Sorgen. «Ich bin überzeugt, dass viele Leute – darunter meine Kunden – gar nicht das Bedürfnis nach einem solchen Konsumtempel haben.» Trotzdem weiss sie, dass sich mit der Mall einiges verändern wird. «Diese Herausforderungen halten mich als Unternehmerin wach», sagt sie.

«Zittern müssen alle, die meinen, es geht gleich weiter», machte André Bachmann von der City Vereinigung klar. Die Geschäfte würden sich dorthin bewegen, wo die Kunden hingehen. «Wir sind auf die Konsumenten angewiesen», so das Geschäftsleitungsmitglied von «Lichtteam». Eine riesige Herausforderung sieht er im Online-Handel. Das Gegenrezept laute Innovation.

Dennoch sieht er Vorteile mit der Mall, denn im Detailhandel gewinne man die Kunden gemeinsam. «Jeder Konsument, der in der Zentralschweiz einkauft, ist besser als jene in Süddeutschland.» Er erhofft sich, dass sich dank der Mall auch die Unternehmen in der Stadt entwickeln. «Wir wären alle dumm, wenn wir von diesem Promotor nicht profitieren würden», erklärte er.

Detaillisten hätten Vorteile

Für CVP-Kantonsrat Markus Gehrig, der in der Stadt Luzern eine Drogerie führt, ist nicht die Konkurrenz entscheidend. «Wir müssen die Stärken der Stadt Luzern hervorheben.» Diese sieht er bei kleineren Unternehmen insbesondere in Kundennähe. «Meist werden kleine, autonome Unternehmen vom Besitzer selbst geführt, da sind die Interessen anders, als wenn man Teil einer Kette ist.» Nichtsdestotrotz sieht er auch in der Stadt Herausforderungen. Besonders beim Verkehr, doch dazu später.

Als Letzter in der Runde äussert sich Roland Jungo, der Direktor des Emmen Center. «Alleine mit Verkaufsfläche ist der Erfolg beim Umsatz noch nicht gegeben», beäugte er die Mall kritisch. Spürbar kribbelte es ihn, dass noch nichts mehr über den Mietermix zu erfahren ist. Das sei für das Emmen Center mit Blick auf die Mall «matchentscheidend», so Jungo.

André Bachmann, Geschäftsleitungsmitglied des Lichtteams und Mitglied der City Vereinigung, CVP-Kantonsrat und Vorstand des Detaillistenverbandes Markus Gehrig und der Direktor des Emmen Center, Roland Jungo.

André Bachmann, Geschäftsleitungsmitglied des Lichtteams und Mitglied der City Vereinigung, CVP-Kantonsrat und Vorstand des Detaillistenverbandes Markus Gehrig und der Direktor des Emmen Center, Roland Jungo.

(Bild: les)

Nachdem alle sechs Teilnehmer ihre grundsätzliche Haltung klargemacht hatten, wurden drei Themen näher diskutiert. Die Parkplatzsituation, das Einkaufserlebnis sowie die Ladenöffnungszeiten.

Parkplatzsituation

«Als Konsument hat man das Gefühl, man sei in der Stadt gar nicht erwünscht», eröffnete Markus Gehrig das emotionale Thema über die grösste Herausforderung des Stadtluzerner Detailhandels. Er erhielt Unterstützung von André Bachmann von der City Vereinigung. «Wir sind keine Ewiggestrigen, welche die Mobilitätsveränderungen nicht wahrnehmen. Dennoch besteht akuter Handlungsbedarf.» Wenn er höre, dass nun der Stadtrat über die Aufwertung von Innenhöfen nachdenke, so müsse er den Kopf schütteln.

«An Aufenthaltsqualität fehlt es uns in Luzern nun wirklich nicht», echauffierte er sich und kam sogleich zum nächsten Thema. «Und wenn ein ‹Mehrwert für alle› das Kriterium für die Spange Nord ist, so wird es wirklich schwierig», führte er aus, seufzte und erntete prompt den Applaus der Anwesenden. Die Stadt laufe Gefahr, dass das Wachstum rund herum stattfinde. «Sie selbst macht dicht», so Bachmann.

Melanie Kunz brach anschliessend eine Lanze für den öV und das Velo. Und Mall-Sprecher Schaeppi ergänzte: «Den meisten Umsatz machen heute Ladenflächen an Bahnhöfen.» Dort sei man am nächsten bei den Bedürfnissen der Konsumenten.

Einkaufserlebnis

«Einkaufen wird in der Mall zum Erlebnis», eröffnete Schaeppi das Thema und wagte auch gleich einen Blick zu den Kollegen in der Stadt Luzern. «Das Thema Ambiance spielt auch bei euch eine grosse Rolle. Alle wollen, dass sich der Kunde wohlfühlt.» Die Mall könne dabei ständige Innovation bieten und Einkaufen mit Freizeit verbinden. «Im Gegensatz zu früheren Planungen haben wir erkannt, dass wir uns stärker auf Familien fokussieren müssen.»

Worte, denen der Emmen-Center-Direktor gespannt lauschte. Trotzdem werde sein Shoppingcenter nun nicht alles der Mall wegen auf den Kopf stellen. «Wir haben analysiert, wie wir uns abheben können», sagte Jungo. Der Schwerpunkt liege weiterhin auf den drei Punkten «Fashion, Beauty und Lifestyle».

Unter einem Dach seien gewissen Dinge einfacher, waren sich die beiden einig. Etwa, dass alle Geschäfte zur gleichen Zeit öffnen, womit die Teilnehmer schon beim nächsten Thema angelangt waren.

Ladenöffnungszeiten

Und das gibt in gewissen Kreisen schon länger Anlass zu Kritik. Am deutlichsten wurde Jungo: «Rein wirtschaftlich gesehen ist es eine Katastrophe, dass die Geschäfte am Samstag um 16 Uhr schliessen.» Dann sei die Stadt tot, zeichnete er ein Bild, das vielen Luzernern bekannt vorkommen wird. Er erklärte: «Das Wachstum passiert einfach online. Die Jungen sind sich mittlerweile gewohnt, dass alles jederzeit verfügbar ist.» Es sei dringend nötig, dass man die «extrem restriktive» Gesetzgebung an diese Gewohnheiten anpasse.

Mall-Vertreter Schaeppi ist das Thema ebenfalls ein Dorn im Auge. Und er gibt unumwunden zu, dass man davon ausgegangen sei, das «Problem» hätte sich bis zur Eröffnung geklärt. Bienz wiederum argumentierte, dass das Ebikoner Gewerbe gerade durch die Konkurrenz auf mehr Flexibilität angewiesen sei.

CVP-Kantonsrat Gehrig führte ins Feld, dass das Stimmvolk erst vor drei Jahren die Liberalisierung versenkte. Was auch seinem Gusto entsprach. Bachmann wiederum ärgerte sich, dass nicht einmal der Detaillistenverband in dieser Frage einer Meinung sei. Er zeigte sich überzeugt, dass gerade aufgrund der rasanten Entwicklungen das Thema schon bald wieder aktuell werde.

Attraktivität spielt in den Augen aller Podiumsteilnehmer eine entscheidene Rolle. Sei es in der Mall of Switzerland, in Ebikon, im Emmen Center oder der Stadt Luzern. Alle sind sich bewusst, dass grosse Herausforderungen warten – besonders ab dem 28. September.

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