Zuger Rohstoffhandel: Teil 1

Wo werden in der Stadt Zug welche Rohstoffe gehandelt?

Früher wurden in der Mine Musonoie-T17 Diamanten abgebaut. Katanga Mining erschloss die Mine 2007 neu. Abklärungen wiesen auf noch nicht abgebaute mineralische Rohstoffe hin. (Bild: Katanga Mining Limited)

Die Kritik am Rohstoffhandel ist laut: Korruption, Umweltverschmutzung und Ausbeutung. Im Fokus dabei steht meistens die Firma Glencore. Daneben gibt es aber zahlreiche weitere Unternehmen, die mit dem Handel von Rohstoffen viel Geld verdienen und im Kanton Zug tätig sind. zentral+ nahm die Stadt Zug genauer unter die Lupe und zeigt auf einem Stadtplan, wo mit welchen Rohstoffen gehandelt wird.

Glencore hier, Glencore da. Wird der Rohstoffhandel im Kanton Zug thematisiert, ist im gleichen Atemzug vom Rohstoffgiganten die Rede. Kein Wunder: Der Konzern beschäftigt weltweit 200’000 Mitarbeiter und verfügt über mehr als 90 Niederlassungen in gut 50 Ländern. Die Unternehmensgruppe mit einem jährlichen Umsatz von 240 Milliarden US-Dollar hat ihren Sitz in Baar. Sie steht aufgrund ihrer Grösse und umstrittenen Geschäften häufiger in der Öffentlichkeit als andere Unternehmen aus der Rohstoffbranche. Im Kanton Zug sind insgesamt aber gegen 330 Unternehmen direkt oder indirekt im Rohstoffhandel tätig. 250 davon haben eine Adresse in der Stadt Zug.

Darunter sind die Namen vieler international bedeutender Rohstoffkonzerne zu finden: Stemcor zum Beispiel zählt zu den grössten Stahlhändlern der Welt, Rusal zu den führenden Aluminiumproduzenten, Gazprom, Essar und Statoil gehören zu den grössten Erdöl- und Erdgasproduzenten und -händlern weltweit, British American Tobacco ist das zweitgrösste Tabakunternehmen der Welt und Bernhard Rothfos der grösste Rohkaffeehändler der Schweiz. Daneben haben zahlreiche weitere Grosskonzerne in Zug eine Niederlassung. Sie profitieren alle von politischer Stabilität, einem für sie passenden Umfeld mit Banken, die die Rohstoffgeschäfte finanzieren, tiefen Unternehmenssteuern und damit zusammenhängenden Sonderregelungen.

Der Rohstoffhandel in der Stadt Zug konzentriert sich auf das Zentrum rund um den Bundesplatz. Äusserlich weist nichts auf die hier tätigen Unternehmen hin. (Grafik: mag)

Der Rohstoffhandel in der Stadt Zug konzentriert sich auf das Zentrum rund um den Bundesplatz. Äusserlich weist nichts auf die hier tätigen Unternehmen hin. (Grafik: mag)

Machtzentrum am Bundesplatz

Die Hochburg des Rohstoffhandels in der Stadt Zug befindet sich in den Quartieren Neustadt und Guthirt – im Stadtzentrum also. Besonders attraktiv ist dabei die Baarerstrasse. Über 50 Firmen haben ihre Büroräumlichkeiten an der 1,3 Kilometer langen Hauptstrasse, zum Beispiel auch die Unternehmensgruppe MRI, die dem inzwischen verstorbenen legendären Rohstoffhändler Marc Rich gehörte. Dazu kommen Minen-Gesellschaften, verschiedene Händler von Energie-Rohstoffen wie die Kolmar Group, der Aluminiumhändler Rusal und der Goldhändler RGLD. An der parallel gelegenen Industriestrasse haben sich ebenfalls zahlreiche Handelsfirmen niedergelassen. Besonders stark vertreten sind in diesem Gebiet Händler von Erdgas und Erdöl, metallischen Rohstoffen und Transportunternehmen.

Beliebt ist auch die Bahnhofstrasse im Zentrum der Stadt Zug. Hier residieren knapp 40 Unternehmen, vor allem Erdöl- und Erdgashändler. Daneben finden sich hier Unternehmen, die mit Agrar-Rohstoffen wie zum Beispiel Getreide handeln sowie der Kaffeehändler Bernhard Rothfos. Viele weitere Rohstoffkonzerne sind auch im Gebiet Grafenau ansässig.

Keine detaillierten Zahlen verfügbar

Weder der Kanton Zug noch die Zuger Rohstoff-Branchenvereinigung Zug Commodity Association (ZCA) verfügen über genaue Zahlen zum Rohstoffhandelsplatz Zug. Gemäss dem Grundlagenbericht Rohstoffe des Bundesrates sollen in der Schweiz rund 10’500 Mitarbeitende im Rohstoffsektor tätig sein – 8000 davon in Genf, der Rest in Zug und Lugano. Ursula Kottmann, Kommunikationsverantwortliche der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zug meint auf Anfrage: «Über eine validierte und flächendeckende Liste der Unternehmen verfügen wir beim Amt für Wirtschaft und Arbeit nicht.» Die ZCA verfügt gemäss ihrem Präsidenten Martin Fasser zwar über eine Liste mit rund 200 Firmen, will diese aber nicht veröffentlichen.

zentral+ machte sich deshalb im Handelsregister des Kantons Zug und in der Stadt selber auf die Suche. Dabei ist ein symbolischer Stadtplan von Zug (siehe Grafik) entstanden.

Händler, Transporteure, Minengesellschaften

Die Rohstoffhändler in Zug handeln vor allem Energie-Rohstoffe wie Erdöl, Erdgas und Kohle. Dazu kommen verschiedene mineralische Rohstoffe wie Aluminium, Kupfer, Eisen, Zink, Edelmetalle wie Gold, Silber und Platin. Gehandelt werden aber auch Edelsteine und Agrar-Rohstoffe wie Getreide, Zucker, Pflanzenfette und Kaffee – die ganze Bandbreite also.

Weiter finden sich in der Stadt Zug Unternehmen, die auf den Warentransport, wissenschaftliche Studien im Zusammenhang mit dem Rohstoffabbau, auf den Abbau selbst oder auf die Finanzierung von Handelsgeschäften spezialisiert sind.

Dazu zwei Beispiele: Nord Stream betreibt zwei parallel verlaufende Pipelines zum Transport von Gas von der russischen Küste bis nach Deutschland. Das Unternehmen selber besitzt kein Gas und betreibt damit auch keinen Handel. Nord Stream beschäftigt in Zug 150 Mitarbeiter. Von hier aus werden die Pipelines kontrolliert, wobei die Mitarbeiter in ständigem Kontakt zu Gaslieferanten und Abnehmern stehen. An Nord Stream sind mit Gazprom (51 Prozent) und Wintershall (15,5 Prozent) zwei Unternehmen aus dem Öl- und Gas-Handel beteiligt, die in Zug ebenfalls Niederlassungen haben.

Ein Unternehmen, das sich ganz auf den Rohstoffabbau in Minen spezialisiert hat, ist die Katanga Mining Limited. Sie besitzt im Kongo mehrere ober- und unterirdische Kupferminen, beschäftigt rund 6’400 Mitarbeiter und macht einen jährlichen Umsatz von 800 Millionen US-Dollar. Die Minengesellschaft gehört zu 75 Prozent Glencore und wirbt auf ihrer Homepage mit einer der tiefsten Produktionskosten weltweit. Der Hauptsitz von Katanga Mining befindet sich in Kanada. Dieses Beispiel zeigt stellvertretend, wie stark die internationalen Rohstoffkonzerne verflochten sind. Welches Unternehmen zu welcher Gruppe gehört und an welchen Produktionsstätten Beteiligungen hält, lässt sich nur schwer feststellen.

Verschwiegene Branche

Genauere Informationen über die Geschäftstätigkeit entsprechender Unternehmen sind schwierig zu erhalten. Katanga Mining lehnte eine Interview-Anfrage beispielsweise ab. Sind die Rohstoffkonzerne nicht an einer Börse kotiert und damit zur Information verpflichtet, geben sie sich verschwiegen.

Ganz offensichtlich zeigt sich aber die Internationalität des Rohstoffhandels in der Stadt Zug. Die Unternehmen haben ihren Hauptsitz in Aserbaidschan, Belgien, Brasilien, England, Frankreich, Hong Kong, Holland, in Indien, Israel, Kanada, Norwegen und den USA. Besonders viele Unternehmen kommen aus Russland oder werden von russischen Konzernen kontrolliert.

Welchen geschäftlichen Tätigkeiten die in der Stadt Zug ansässigen Rohstoffunternehmen nachgehen und welche Marktposition sie einnehmen, darüber berichtet zentral+ im zweiten Teil zum Rohstoffhandel in der Stadt Zug.

Steuererträge aus der Rohstoffbranche

Grosse Unsicherheiten bestehen darin, wie viele Steuern die Konzerne für den Kanton Zug und die Gemeinden generieren. Gemäss «groben» Schätzungen des Kantons von Anfang September letzten Jahres erbringen die Gesellschaften der Rohstoffbranche jährlich etwa 20 Millionen Franken Kantonssteuern und 16 Millionen Franken Gemeindesteuern. Mitarbeiter aus derselben Branche sollen pro Jahr schätzungsweise 67 Millionen Franken Kantonssteuern und 54 Millionen Franken Gemeindesteuern abliefern.

Detaillierte Zahlen zu den Rohstoffunternehmen liegen aber kaum vor. Das Bundesamt für Statistik erhebt den Bereich des Grosshandels nicht differenziert. Die einzigen Zahlen, die einen Hinweis auf die Bedeutung der Rohstoffbranche ermöglichen, sind jene zum Transithandel der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Ebenfalls unklar ist, wie viele entsprechende Unternehmen in Zug tätig sind und wie viele Mitarbeiter sie beschäftigen.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Manolo
    Manolo, 03.06.2014, 10:32 Uhr

    Wenn man das Steuersubstrat der juristischen Personen kumuliert (Gemeinde- und Kantonssteuern) und durch die Anzahl der im Kt. Zug domizilierten Firmen aufteilt, so ergibt sich ein durchschnittliches Steueraufkommen vom rund CHF 100’000.– pro Firma. Das ist eine doch erstaunlich tiefe Zahl, wenn man sie den Milliardenumsätzen gegenüberstellt!

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