Wohnheime als Ergänzung zu klassischen WGs

Wo Studenten in der Zentralschweiz wohnen

Unten Dienstleistung, oben Studentenwohnungen: In der Suurstoffi Rotkreuz setzt man auf Durchmischung.

(Bild: hch)

Die Anzahl der Studenten in der Schweiz nimmt kontinuierlich zu, gleichzeitig werden freie Wohnungen in den Städten seltener und teurer. Nach Zürich und Lausanne entstehen auch in der Zentralschweiz neue Studentenwohnheime. Davon zeugen zwei neue Beispiele in Hergiswil und Rotkreuz.

Vor dem Eingang des «Universe 9» ist ein emsiges Treiben, es ist Anfang März, das Haus ist eröffnet, Studenten ziehen ein. Der ehemalige Sitz des Marktforschungsinstituts GfK in Hergiswil wurde in den letzten Monaten in ein Studentenwohnheim umgebaut, 95 Studierende werden hier wohnen (zentralplus berichtete). Mit diesem Haus wollen die privaten Investoren für die Studenten günstigen Wohnraum in der Nähe der Hochschule Luzern schaffen.

Zusätzliche Dienstleistungen und Angebote sollen Haus und Umgebung beleben; ein öffentliches Café mit Lädeli, ein flexibel nutzbarer Veranstaltungsraum, Study-Lounges und Co-Working-Spaces. Der Aussenraum dient als grüne Erholungszone mit Grillstelle – mit Blick auf den Vierwaldstättersee und auf die Zentralschweizer Bergwelt. In einer gut ausgestatteten Velowerkstatt können die Bewohner ihre Zweiräder reparieren.

Distanzen zu Stadt, Hochschule und Uni werden in Velominuten angegeben. Zwischen 375 und 800 Franken bezahlen Studenten für ihr Zimmer mit einer Grösse zwischen 12 und 22 Quadratmeter – Putzdienst, Internet und Nebenkosten sind inklusive.

«Universe 9» Hergiswi: Die Studentin Anna in ihrem Zimmer.

«Universe 9» Hergiswi: Die Studentin Anna in ihrem Zimmer.

(Bild: Patrick Kaelin / Archiv zentralplus)

Bezahlbarer Wohnraum für Studierende

Laut dem Bundesamt für Statistik (BfS) sind aktuell rund 230’000 Studenten in der Schweiz in Ausbildung an Fachhochschulen, an pädagogischen oder an universitären Hochschulen. Nur rund 40 Prozent der Studenten wohnen während des Studiums bei den Eltern. Dies wird ermöglicht durch eine gute Infrastruktur, die das tägliche Pendeln zwischen Wohn- und Studienort zulässt. Ist dies nicht möglich, braucht es Wohnraum für Studenten.

Gleichzeitig zur Zunahme der einheimischen Studenten wächst auch die Zahl der ausländischen Studenten in der Schweiz. Sie kommen meist nur für wenige Monate in die Schweiz und brauchen kleine, kurzfristig verfügbare und bezahlbare Wohnungen.

Das Bevölkerungswachstum und die starke Zuwanderung haben in den letzten Jahren die Situation auf dem freien Wohnungsmarkt verschärft. Gerade kleine Städte haben zu wenig Wohnraum, um der Nachfrage gerecht zu werden. Dies führt zu immer grösserer Konkurrenz und damit zu höheren Preisen. Wer studiert, hat meist zu wenig Geld, um die steigenden Mieten zahlen zu können. Studentenwohnheime können hier eine Lösung bieten.

Studentenwohnheime suchen oft die Nähe zu den Hochschulen. Ist dies nicht möglich, ist eine gute Anbindung an den Nahverkehr wichtig. Es werden Einbett- und Zweibett-Zimmer für verschiedene Budgets angeboten. Neben kleinen Einzimmerwohnungen kommen grosszügige Mehrzimmerwohnungen mit gemeinsamen Küchen und Badezimmern auf den Markt. Dienstleistungen rund ums Studentenleben werden im Haus angeboten und machen das Angebot attraktiv.

Private und institutionelle Investoren entdecken den Markt

Zurzeit können in der Schweiz rund acht von 100 Studenten einen Platz in einem Studentenheim beziehen. Schweizweit liegt der Investitionsbedarf nach einer aktuellen Studie von Johnes Lang LaSalle (JLL) bis 2020 bei zusätzlichen 4’100 Betten. JLL rechnet mit 240’000 Studenten im Jahr 2020 in der Schweiz, 10 Prozent davon werden in Studentenwohnheimen leben. Das aktuelle Angebot liegt bei 17’500 Betten, in Planung bis 2020 sind 2’400 Betten. Daraus entsteht der zusätzliche Bedarf von 4’100 Betten.

Studentenwohnheime befinden sich schweizweit mehrheitlich im Eigentum von gemeinnützigen Stiftungen und Vereinen. Diese haben den Zweck, günstigen Wohnraum an geeigneten Standorten langfristig zur Verfügung zu stellen. Neben gemeinnützigen entdecken auch institutionelle und private Investoren im Bedarf einen Markt, der Rendite verspricht.

Studentisches Wohnen hat sich als eigene Anlageklasse international längst etabliert, im deutschsprachigen Raum erst seit kurzem. Studentenwohnheime sind Wohnimmobilien, die auf den ersten Blick eine hohe Mieterfluktuation und somit ein grosses Risiko mit sich bringen. Es ist aber so, dass das Wachstumspotenzial dieser Mietergruppe in Verbindung mit den steigenden Mietpreisen in Städten die Nachfrage nach günstigem Wohnraum verstärkt. Das fehlende Vermietungsrisiko, gerade bei Wohnheimen in Nähe von Ausbildungsstätten oder bei Campus Lösungen, macht die Investition somit wieder interessant.

Suurstoffi Rotkreuz: Institutionelle Studenten-WGs

Ein aktuelles Beispiel eines institutionellen Investments in der Zentralschweiz hat seine Tore im September 2017 eröffnet, das erste von zwei Studentenwohnheimen am Campus Suurstoffi Rotkreuz. Die neuen Unterrichtszeiten – eingeführt in Absprache mit den SBB, um die Hauptpendlerzeiten von Studenten zu entlasten – wirken sich positiv auf den öffentlichen Verkehr aus (zentralplus berichtete).

Unterrichtszeiten bis spät in den Abend werden in Kauf genommen, gleichzeitig nimmt der Fahrplantakt der Züge am Abend markant ab. Der Heimweg für Studenten wird dadurch erschwert. Dies spricht für die Nähe der Studentenwohnheime zur Ausbildungsstätte wie im Campus Rotkreuz. Hier wohnen 52 Studenten unter einem Dach, in Wohngemeinschaften von vier bis zehn Personen. Studentisches Wohnen entstand als Bestandteil der dritten Bauetappe der Suurstoffi, in der auch 152 Mietwohnungen und Büro- und Dienstleistungsflächen für 500 Arbeitsplätze geschaffen wurden.

Bis August 2019 erstellt das Jugendwohnnetz Juwo auf dem Areal weitere 48 Betten für Studenten. Die Wohnungen sind bei Bezug möbliert, mit Geschirr, Staubsauger und Haushaltartikeln ausgestattet. Für dieses Angebot bezahlen die Bewohner zwischen 535 und 666 Franken pro Monat.

450 Betten in der Zentralschweiz

Laut der Studie von JLL liegt der Bestand an Studentenwohnheimplätzen in der Zentralschweiz bei zurzeit 450 Betten. Neben den Studentenwohnheimen in Rotkreuz und Hergiswil entstand bis 2013 in Etappen die grösste Studentensiedlung in Luzern – mit acht zusammenhängenden Gebäuden. Im Eichhof baute die Stiftung Student Mentor Foundation Lucerne ein Wohnheim mit 280 Zimmern in 86 Wohngemeinschaften und investierte 32 Millionen Franken. Die Nachfrage ist und war von Anfang an gross und wiederspiegelt den grossen Bedarf nach günstigem Wohnraum für Studenten.

Weitere kleinere Projekte befinden sich im Bau oder sind projektiert. So entsteht zum Beispiel in Zug am Kolinplatz 21 mit der Stadt Zug als Bauträger ein kleines Studentenwohnheim mit zwei Wohngemeinschaften. 21 Studenten finden hier eine Bleibe (zentralplus berichtete).

In der Stadt Luzern wurde im September 2017 ein Baugesuch eingereicht für ein Studentenwohnheim an der St. Karli-Strasse. Der Neubau ist für Studenten der Hochschule für Musik konzipiert. Nebst Übungs- und Gemeinschaftsräumen sind im vierstöckigen Gebäude insgesamt 22 Wohnstudios vorgesehen. Da das Wohnheim dereinst vom Strassenprojekt Spange Nord tangiert wird, ist ein temporärer Bau in Holzmodulbau geplant. Ab 2032 können die Holzmodule an einem anderen Ort verwendet werden. Vielleicht wieder als Studentenwohnheim.

*Dieser Artikel entstand im Rahmen des Studiengangs MAS Immobilienmanagement an der Hochschule Luzern.

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