Experte ortet gute Chancen

Mehr Touristen in Zug: Kommt das gut?

Gibt der Zuger Tourismusstrategie gute Chancen: Experte André Küttel. (Bild: bic/zvg)

Zug will mit dem Tourismus die lokale Wirtschaft ankurbeln. Tourismusexperte André Küttel glaubt, dass diese Strategie aufgehen kann. Doch dafür brauche es am Zugersee einen Effort – und zwar von allen Beteiligten.

Die letzten zwei Jahre machten der Zuger Hotellerie zu schaffen. Die Lage dürfte noch eine Weile angespannt bleiben. Denn viele Hotels im Kanton waren in der Vergangenheit auf Businessgäste ausgerichtet, die nach den Erfahrungen mit der Corona-Pandemie und Online-Konferenzen möglicherweise nicht mehr in gleicher Zahl zurückkommen. Darum sollen die leeren Betten in Zukunft von Touristinnen gefüllt werden. Damit das klappt, lässt der Stadtrat viel Geld für die nationale und internationale Bewerbung der Region springen.

Nicht nur coronabedingt hat auch das Zuger Gewerbe zu kämpfen. Hohe Mieten und Einheimische, die immer weniger lokal konsumieren würden, werden als Gründe ins Feld geführt. Auch hier erhofft man sich in Wirtschaft und Politik dank mehr Feriengästen den Turnaround. Obwohl der entsprechende Individualtourismus zuerst noch aufgebaut werden muss (zentralplus berichtete).

Kann das klappen?

Kann diese Strategie aufgehen und wird man künftig tatsächlich mehr Touristen am Zugersee und vor allem in den Hotels und Läden antreffen? André Küttel, Verantwortlicher für die Geschäftsentwicklung und das Marketing an der höheren Fachschule für Tourismus in Luzern, glaubt, dass diese Ideen durchaus von Erfolg gekrönt sein können.

«Es ist eine Strategie, die aus dem Learning der letzten zwei Jahre hervorging. Man hat insbesondere gemerkt, dass vermehrt Leute aus der Romandie die Region Zug bevölkert haben», so Küttel, der selber in einer Zuger Gemeinde wohnt. Und er wirft einen Blick auf Flims in Graubünden, das insbesondere dank Schweizer Touristinnen den bisher besten Sommer aller Zeiten erlebt habe.

«Denn während Corona wurden die ‹zweitwichtigsten› Städte und Destinationen, und dazu gehört Zug, wichtiger.»

André Küttel, Höhere Fachschule für Tourismus in Luzern

«Zug hat durchaus die Möglichkeit, den Tourismus anzukurbeln», sagt Küttel. «Denn während Corona wurden die ‹zweitwichtigsten› Städte und Destinationen, und dazu gehört Zug, wichtiger. Und genau solche Orte will man jetzt und in absehbarer Zeit vermehrt erkunden.» Küttel denkt dabei insbesondere an Gäste aus der Schweiz und dem nahen Ausland, die nicht typische Ferien an einem Ort machen, sondern die Schweiz erkunden möchten.

«Diese Leute bleiben oft eine Nacht hier und zwei Nächte dort oder umgekehrt und haben Zeit für Shopping», erklärt Küttel. Zug liege ausserdem an der bei Velofreaks beliebten Herz-Route. Es könne sich also lohnen, zum Beispiel eine Velowaschanlage zu installieren oder ein Velohotel zu eröffnen beziehungsweise sich so zu positionieren. 

Auch Einheimische sollen neue Angebote nutzen

Küttel betont, dass für den langfristigen Erfolg der Strategie auch Unternehmen wie die Zugerland Verkehrsbetriebe, die Schifffahrtsgesellschaft oder die Kulturinstitutionen Angebote schaffen müssen, die für Touristen attraktiv sind. «So können nachhaltige Produkte entstehen, die auch von den Einheimischen konsumiert werden.» Wichtig sei weiter, dass die verschiedenen Player ihre Angebote geschickt miteinander verknüpfen und diese unbedingt mehrsprachig sein müssen.

«Der Rückgang ist auch in Zug zu spüren.»

Johanna Margraf, Präsidentin Pro Zug

Doch wie nachhaltig ist diese Entwicklung? Werden die Leute nach Corona nicht wieder lieber ans Meer fliegen statt durch die Schweiz zu reisen? «Es ist klar, dass es nach der Pandemie ein grosses Nachholbedürfnis der Schweizerinnen nach Ferien im Nachbarland und am Meer geben wird. Gleichzeitig werden auch unsere Nachbarländer wieder vermehrt das Bedürfnis nach Aufenthalten in der Schweiz verspüren. Das kann sich längerfristig die Waage halten», ist André Küttel überzeugt. 

Zug könne hier insofern profitieren, als Gäste aus weit entfernten Märkten eher die touristischen Hotspots besuchen würden und es als kleine Destination die nahen Märkte bedienen könne. Und grundsätzlich würden die Touristenströme in den kommenden Jahren weltweit zunehmen.

Detailhandel ist einigermassen optimistisch

Das sind gute Aussichten. Dass es bereits in den bisherigen zwei Corona-Sommern in der Zuger Innenstadt zu höheren Frequenzen kam, kann man beim Gewerbeverein Pro Zug aber auf Anfrage nicht bestätigen. Die Umsätze hätten folglich nicht gesteigert werden können. «Der Rückgang ist auch in Zug zu spüren. Wobei der Einkaufstourismus in Zug in den meisten Geschäften bis anhin keine grosse Rolle einnahm», schreibt Präsidentin Johanna Margraf. Und wie in anderen Städten seien die Frequenzen auch in Zug grundsätzlich noch nicht auf dem Stand von 2019. «Die Stimmung ist aber verhalten positiv.»

Gerade beim Tourismus scheint es in Zug also tatsächlich viel Luft nach oben zu geben. Folglich betont auch Margraf, dass dieser noch stärker für den Detailhandel sensibilisiert werden sollte. «Derzeit werden zusammen mit der Stadt Zug für die fünf Handlungsfelder öffentlicher Raum, Digitalisierung, Umnutzungen, Tourismus sowie Zusammenarbeit unter den Detailhändlern Ideen und Schnittstellen definiert, welche bis Frühling 2022 ausgearbeitet werden.» «Ein Kick-Off-Event mit über 40 TeilnehmerInnen aus all diesen Bereichen hat diese Woche stattgefunden.»

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Alois Iten
    Alois Iten, 05.10.2021, 11:55 Uhr

    Man darf ja träumen. Dass mehr Westschweizer in Zug waren, ist nun wirklich kein Indiz für einen erfolgreichen Tourismus, man konnte überall in der Deutschschweiz mehr Welsche antreffen – so wie umgekehrt mehr Deutschschweizer in der Westschweiz unterwegs waren.
    Was Zug fehlt ist ein durchschlagender Magnet, die Stadt zu besuchen, beispielsweise ein KKL. Aber das Geld dafür investiert man ja lieber in einen Busbahnhof. Bleibt also nur, Führungen durch den wohl teuersten Busbahnhof Europas ins Tourismusprogramm aufzunehmen.

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