Luzerner Hutmacherin mit besonderem Projekt

Turbane als ein Stück Lebensgefühl für Krebspatienten

Man sieht sie selten ohne Hut: Die Luzerner Hutmacherin Caroline Felber in ihrem Geschäft an der Stiftstrasse.

(Bild: pbu)

Caroline Felber ist Hutmacherin aus Leidenschaft. Mit ihrem Metier hat sie allerdings kein einfaches Nischendasein gewählt. Und doch: Das Geschäft läuft gut, seit langem. Mit Unterstützung der Stadt Luzern möchte die Idealistin jetzt nochmals durchstarten – und zielt dabei auf eine spezielle Kundschaft.

Sie selbst bezeichnet sich als seltene Spezies. Caroline Felber (52) ist Modistin – oder allgemeinverständlicher: Hutmacherin. «Die korrekte Berufsbezeichnung lautet heutzutage Bekleidungsgestalterin Schwerpunkt Kopfbedeckungen», erklärt die Inhaberin des Hutmacherei Caroline. «Ich bevorzuge aber den Ausdruck Hutmacherin, weil damit auf Anhieb klar ist, was genau ich mache.»

Hüte also. Und das schon seit 35 Jahren. In diesem Nischengeschäft zu bestehen, ist keine Selbstverständlichkeit, gerade in Zeiten von Onlinehandel und Lädelisterben. «Vermutlich ist genau dieses Nischendasein unser Vorteil», versucht Felber ihren Erfolg zu erklären. «Wir bieten Dienstleistungen an, die nur noch selten zu finden sind. Die Spezialisierung macht es wohl aus.»

Erweitertes Geschäftsfeld

Handwerkliches Können und grosses Gewicht auf individueller Stilberatung rechnet Felber ebenso zu ihrem Erfolgsrezept wie Kreativität und Experimentierfreudigkeit mit unterschiedlichen Materialien und Formen. Jüngstes Beispiel: der Caroban, eine Art Kopftuch, dem die Luzernerin grosses Potenzial beimisst. Die Vorbereitungen für eine schweizweite Lancierung, die von der Stadt Luzern im Rahmen der Kreativwirtschaft mit 5’000 Franken gefördert wird (zentralplus berichtete), sind in vollem Gange.

«Caroban setzt sich zusammen aus Caroline und Turban», erklärt Felber. Es handelt sich dabei in erster Linie um eine Kopfbedeckung für Therapiepatienten. Menschen also, die zum Beispiel infolge einer Chemotherapie ihre Haare verlieren und dadurch auf ein Haarersatzprodukt angewiesen sind, die aber keine oder nicht ausschliesslich eine Perücke tragen wollen.

Im Unterschied zu einem herkömmlichen Tuch hat der Caroban ein fixes Kopfteil. Dies gewährleistet, dass die Kopfbedeckung nicht verrutscht, und vermittelt so Sicherheit. Die Bänder lassen sich auf unterschiedliche Weise binden, «um der individuellen Kreativität der Trägerin Ausdruck zu verleihen», sagt Felber (siehe Bilder unten).

Mit diesem Flyer bewirbt Caroline Felber ihren Caroban.

Mit diesem Flyer bewirbt Caroline Felber ihren Caroban.

(Bild: zvg)

Ein Stück Lebensqualität

Die Modistin habe erkannt, dass es auf dem Markt keine professionell gestalteten Turbane als Haarersatz gibt. «Meist sind es ehemals Betroffene, die selbst gemachte Tücher oder Mützen als Übergangslösungen anbieten. Dabei mangelt es allerdings nicht nur an Ästhetik, sondern auch an Erfahrung und Fachwissen rund um Kopfbedeckungen», konstatiert Felber.

Erste Kooperationen mit Spitälern und Krebsligen sowie Rückmeldungen von Patientinnen hätten gezeigt, dass ein Bedarf nach professionellen Haarersatzprodukten vorhanden sei. «Hier setzt der Caroban an», erläutert die Hutmacherin. «Er gibt den Betroffenen die Möglichkeit, sich selbst trotz verändertem Erscheinungsbild als Teil der Gesellschaft wahrzunehmen.»

Es gebe Tage, an denen gleich mehrere vom Haarverlust betroffene Frauen ihren Laden an der Stiftstrasse betreten würden. «Das sind oftmals keine einfachen Begegnungen», merkt Felber an. «Haare sind ein wichtiger Teil der Persönlichkeit. Der Haarverlust ist entsprechend ein dramatischer Einschnitt, für Frauen noch viel mehr als für Männer. Da freut es mich natürlich umso mehr, wenn ich diesen Menschen etwas Lebensqualität zurückgeben kann.»

Der Caroban stosse auch bei der konventionellen Kundschaft zunehmend auf Interesse.

Der Caroban stosse auch bei der konventionellen Kundschaft zunehmend auf Interesse.

(Bild: pbu)

Natürliche Materialien, hoher Preis

Der Caroban ist AHV/IV-anerkannt. Gefragt ist der Turban von Caroline Felber aber nicht nur bei Patientinnen mit krankheitsbedingtem Haarausfall. Erst kürzlich habe sie zwei Stück an Männer verkauft. «Der Caroban ist auch als Sonnenschutz zum Beispiel auf Wanderungen zunehmend beliebt und eignet sich gut für Cabriofahrten», stellt die Modistin fest. «Als modisches Accessoire nimmt die Nachfrage ebenfalls zu.»

Die natürlichen Materialien – der Caroban wird aus Baumwolle, Seide, Wolle oder Viskose angefertigt – in Kombination mit individuell angepassten Einzelanfertigungen haben indes ihren Preis: Ein Stück kostet 230 Franken. Wenn Kunden den Stoff selber mitbringen, kostet die Massanfertigung 180 Franken.

Von der Moosstrasse in kirchliche Obhut

In Solothurn machte die gebürtige Baslerin eine Schnupperlehre und absolvierte dort auch die dreijährige Ausbildung zur Modistin, ein Berufsfeld, das sie schon früh fasziniert habe. Ihr erstes eigenes Atelier eröffnete sie 1985 in Olten.

2003 zog Felber mit ihrem Geschäft von Olten nach Luzern. Bis Dezember 2014 war ihre Werk- und Verkaufsstätte an der Moosstrasse 1 beheimatet. Dann kam unerwartet die Kündigung. Felbers Hutladen stand vor dem Aus, bis sie per Zufall von der leerstehenden Lokalität an der Stiftstrasse erfuhr, sich darauf bewarb und den Zuschlag erhielt. Seit Januar 2015 ist die Hutmacherei dort beheimatet. Das Gebäude gehört dem Stift der Hofkirche St. Leodegar. «Der Mietzins ist moderat und die Lage perfekt», sieht sich Felber glücklich. Mit der neuen Lage kam auch ein neues Kundensegment. Im Gegensatz zur Zeit an der Moosstrasse verkaufe Felber ihre Hüte nun zunehmend auch an Touristen.

Die Modistin jedenfalls zeigt sich überzeugt von ihrem Produkt und setzt nun alles daran, den Caroban bekannter zu machen. In einer ersten Phase werden dazu in rund 40 Spitälern und Krebsligen sogenannte Basic-Boxen verteilt. Patientinnen werden so schon in einer frühen Krankheitsphase über die verschiedenen Kopfbedeckungen und möglichen Haarersatzprodukte informiert. «Die Produkte können in aller Ruhe ausprobiert werden», so die Hutmacherin.

Vom Randständigen bis zur Lady

Neben dem Caroban fertigt Caroline Felber in ihrem Atelier auch weiterhin «normale» Hüte, Mützen und Kopfbedeckungen in allerlei Variationen an. Es werden Einzelanfertigungen hergestellt, sie führt aber auch Handelsware aus europäischen Manufakturen im Sortiment. Die Preisspanne dabei ist beachtlich: Die günstigsten Baskenmützen kosten rund 30 Franken. Der teuerste Hut das Hundertfache. «Die meisten verkauften Hüte liegen preislich zwischen 100 und 300 Franken», sagt Felber, deren Geschäft zurzeit gut 500 Hüte schmücken.

Pro Jahr verkaufe die zweifache Mutter gegen 2’200 Kopfbedeckungen. Einen Lieblingshut habe Felber nicht, alle ihre Kreationen seien ihre Lieblingsstücke. «Für jeden Kopf gibt es einen Hut», ist sie überzeugt. «Zu meiner Kundschaft gehören alle. Vom Randständigen, der etwas an seinem Hut ändern oder instand stellen lassen möchte, bis zur Lady, die ans Pferderennen nach Ascot geht und dafür die passende Kopfbedeckung sucht.» Einen eigentlichen Verkaufsschlager gebe es nicht. Gerade jetzt im Sommer würden allerdings vielfach die aus Palmblatt geflochtenen Panamahüte nachgefragt.

Statement auf dem Kopf

«Hüte sind Kunst am Kopf», meint Felber. Sie findet es faszinierend, dass man mit einem Hut sehr viel aussagen könne. «Ein Hut ist ein Statement. Mit einem Hut auf dem Kopf schlüpft man in eine andere Rolle, man wird zu jemand anderem», sagt sie und freut sich über den hohen Stellenwert, den Hüte im Vergleich zu vor 30 Jahren heute wieder hätten.

Einen verklärten Blick auf ihr Berufsfeld hat die 52-Jährige indes nicht. Ihr ist klar, dass es neben dem Handwerk auch eine gute Portion Unternehmergeist und mindestens so viel Glück braucht, um in diesem Nischengeschäft Bestand zu haben. «Man muss Idealist sein und viel Liebe zum Beruf mitbringen», betont sie. «Ich wünsche mir sehr, dass es in 30 Jahren noch Hutmacherinnen geben wird. Aus der seltenen Spezies soll keine ausgestorbene werden.»

Von heute auf morgen werde ihr Handwerk jedenfalls nicht verschwinden. «Noch bin ich hier und ich werde es sicherlich noch eine gute Zeit lang sein», sagt die Modistin mit einem Lächeln. «Auch nach 35 Jahren kann ich mir keinen schöneren Beruf vorstellen.»

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