Swiss-Steel-Stellenabbau schockiert – aber überrascht nicht
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Der Stahlkonzern Swiss Steel mit Sitz in Emmen streicht 130 Stellen. Das Bedauern von allen Seiten ist gross – nun soll der Bundesrat der serbelnden Industrie unter die Arme greifen.
Swiss Steel macht Nägel mit Köpfen und baut insgesamt 800 Stellen ab. 130 davon in Emmenbrücke (zentralplus berichtete). Obwohl seit Monaten bekannt war, dass sich der Stahlkonzern in der Krise befindet, traf die Nachricht die Belegschaft am Freitagvormittag wie ein Hammerschlag (zentralplus berichtete). Geschäftsführer Frank Koch betont in der dazugehörigen Mitteilung: «Die Einschnitte sind schmerzhaft, aber leider unumgänglich, um das Unternehmen an die Bedürfnisse des Marktes anzupassen.»
Das Unternehmen begründet den Entscheid mit der schwachen Nachfrage und der generell kriselnde Stahlbranche. Der Stellenabbau betreffe die Produktion sowie den administrativen Bereich des Unternehmens. Die Änderungen sollen grösstenteils bis Mitte 2025 umgesetzt werden.
Verbände und Regierung sind aktiv
Noé Blancpain, Sprecher von Swissmem, ist auf Anfrage wenig überrascht vom Stellenabbau bei der Swiss Steel Group. Swissmem, der Branchenverband der Tech-Industrie, berate das Unternehmen zu rechtlichen Rahmenbedingungen. Blancpain ist überzeugt, dass sich Swiss Steel bemühen werde, den Stellenabbau so sozialverträglich wie möglich zu gestalten.
Gleichzeitig betont er, dass Swissmem üblicherweise andere Mitgliedsunternehmen in der Region über solche Entwicklungen informiere und bei Bedarf Kontakte herstelle. «Angesichts des Fachkräftemangels in der Schweizer Tech-Industrie gehen wir davon aus, dass die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schnell wieder eine neue Anstellung finden werden – auch wenn das zurzeit ein schwacher Trost sein dürfte», fügt er hinzu.
Laut dem Luzerner Regierungsrat Fabian Peter (FDP) steht die WAS Luzern in engem Austausch mit der Swiss-Steel-Gruppe und begleite das Unternehmen bei der Massenentlassung. «In Absprache mit der Geschäftsleitung bieten wir vor Ort Informationsveranstaltungen für die betroffenen Mitarbeitenden an», sagt Wirtschaftsdirektor Peter. Dabei liege der Fokus darauf, die Betroffenen frühzeitig über die Leistungen der Arbeitslosenversicherung und das Antragsverfahren zu informieren. Darüber hinaus unterstützten die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) die Angestellten aktiv bei einer schnellen Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt.
Laute Stimmen aus der Politik
Mehrere Gewerkschaften fordern in einer gemeinsamen Medienmitteilung indes die Einführung von Kurzarbeit anstelle der geplanten Entlassungen. Der Bundesrat habe die Höchstbezugsdauer für Kurzarbeitsentschädigungen explizit mit Blick auf die energieintensive Industrie auf 18 Monate verlängert, um Unternehmen in solchen Krisensituationen zu unterstützen. Die Gewerkschaften sind der Meinung, dass Swiss Steel die politischen Entscheide abwarten soll, die bis Ende Jahren fallen sollen.
Die Luzerner FDP warnt in einer Mitteilung, dass der massive Stellenabbau in der Stahlproduktion nicht nur für die Versorgungssicherheit, sondern auch für die Schweizer Kreislaufwirtschaft gravierende Folgen hätte. In Emmenbrücke verarbeitet Swiss Steel vor allem Stahlschrott weiter.
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Parlament macht Druck
Dies greift auch die SP Luzern in einer Medienmitteilung auf. Sie fordert den Bundesrat wie auch den Kanton dazu auf, die «Deindustrialisierung» zu stoppen. Die Produktion von Recyclingstahl in der Schweiz solle mehr honoriert werden, monieren die Sozialdemokraten. Vor allem, da energieintensive Unternehmen im Ausland durch staatliche Subventionen unterstützt werden. Der Luzerner Nationalrat Hasan Candan fordert daher dringend Massnahmen: «Der Bundesrat muss der Stahlindustrie Zeit geben, sich für die Zukunft aufzustellen. Sonst wird sie Opfer der Industriepolitik des Auslandes.»
Mit dieser Meinung steht der Luzerner in Bern nicht allein da. Am Freitag hat die ständerätliche Wirtschaftskommission gleich drei Vorstösse zum Thema befürwortet. Diese umfassen Sofortmassnahmen zur Rettung der Stahlwerke in Gerlafingen und Emmenbrücke, eine Übergangsfinanzierung zur Sicherung der Schweizer Stahlproduktion sowie den Erhalt der Kreislaufwirtschaft. «Der Bundesrat wird damit beauftragt, rasch zusätzliche Massnahmen zu verfolgen, um die Stahlproduktion in der Schweiz zu erhalten», sagt Kommissionspräsident Hans Wicki (FDP) dem «Blick».
Probleme nahmen stetig zu
Die Swiss-Steel-Gruppe steht seit längerem unter erheblichem Druck. Nach Umsatzeinbrüchen und einem massiven Kapitalverlust brauchte das Unternehmen vor kurzem eine 300-Millionen-Euro-Geldspritze (zentralplus berichtete). Doch die Probleme blieben bestehen: Der Umsatz sank in den letzten Jahren um 20 Prozent, während Personalkosten weiter stiegen.
Auch die Produktion in Emmenbrücke stand zeitweise still, Mitarbeiter befanden sich immer wieder über Monate in der Kurzarbeit. Die Zukunft war weiterhin ungewiss. Mit der Berufung von Martin Lindqvist, einem erfahrenen Branchenkenner, zum Verwaltungsratspräsidenten, sollte eine Transformation eingeleitet werden (zentralplus berichtete). Der Stellenabbau soll Teil dieser Transformation sein. Im Interview mit dem Tagesanzeiger sagt CEO Frank Koch: «Wir kennen den Weg, wir kennen die Herausforderungen. Nun müssen wir konstruktiv nach vorne schauen und die Ärmel hochkrempeln.»
- Medienmitteilung der Unia, Syna, kaufmännischer Verband Schweiz und von Angestellte Schweiz
- Medienmitteilung der SP Luzern
- Schriftlicher Austausch mit Joana Büchler, Kanton Luzern, Bau-, Umwelt und Wirtschaft
- Schriftlicher Austausch mit Noé Blancpain, Kommunikation Swissmem
- Medienmitteilung der Swiss Steel Group
- Medienmitteilung der FDP Luzern
- Medienmitteilung der Kommission für Wirtschaft und Abgaben WAK
- Artikel «Blick»
- Artikel «Tagesanzeiger»