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Finanzdirektorin Franziska Bitzi Staub tritt beim «City Talk» auf.
(Bild: pze)Die Zukunft des Detailhandels gibt zu reden, nicht erst seit dem Wegzug zahlreicher Unternehmen aus der Altstadt. Dennoch glaubt man sich in der Stadt Luzern wegen der Konkurrenz durch den Onlinehandel im Vorteil gegenüber der Mall of Switzerland. Finanzdirektorin Franziska Bitzi Staub wünscht sich dennoch längere Ladenöffnungszeiten.
«Für eine starke Einkaufsstadt» wolle man sich einsetzen, schreibt die Cityvereinigung Luzern auf ihrer Webseite. Zu diesem Zweck veranstaltet die Organisation regelmässige Networking- und Informationsanlässe. Am Dienstagabend fand im Jodlerwirt der «City Talk» unter der Leitung von Präsident Franz Stalder statt. Dabei war sich die Branche einig: Luzern hat ein sehr attraktives Detailhandelsangebot.
Die Fakten aber zeichnen ein nicht ganz so rosiges Bild: Der Detailhandel schwächelt – in der ganzen Schweiz. Dies zeigte der erste Redner, Credit-Suisse-Ökonom Sascha Jucker, anhand einer von der Grossbank durchgeführten Studie auf. Der grosse Verlierer ist die Kleider- und Schuhbranche. Man kämpft mit Einbussen von bis zu sieben Prozent. In dieser Beziehung ist Luzern keine Ausnahme, was sich besonders in der Altstadt in den vergangenen Monaten zeigte (zentralplus berichtete).
Onlinehandel als Gefahr
Dabei macht Jucker klar: Was der Branche zu schaffen macht, ist der zunehmende Onlinehandel. Die Geschäfte verlieren ihre Kunden nach und nach an Anbieter im Internet. Diese Entwicklung wird (vor allem im Kleider- und Elektronikhandel) in Zukunft weiter ansteigen.
(Bild: pze)
Als Gründe dafür nennt Jucker drei Faktoren: Die «Silver Agers», die Kunden über fünfzig, werden zu «Silver Surfern», entdecken also das Online-Shopping. Diese Gruppe sei die konsumfreudigste, so der Ökonom. Weiter werden künftig die Digital Natives ins kauffreudige Alter eintreten. Auch dadurch wird der Onlinehandel angekurbelt, denn junge Leute sind sich die Vorzüge des Online-Shoppings gewohnt. Und schliesslich rüsten viele Detailhändler um und vergrössern ihr eigenes Onlineangebot. Aus all den Gründen sei der Onlinehandel eine Entwicklung, die man nicht ignorieren könne, auch in Luzern nicht, so Jucker.
Touristen als Chance – und als Gefahr
Die Branchen haben daran zu beissen. Alle Branchen? Nicht ganz. Die Uhren- und Schmuckindustrie hat in den letzten Jahren stark zugelegt und poliert die Bilanz der Luzerner Geschäfte mächtig auf. Dies führe dazu, dass Luzern im Detailhandelsvergleich zu anderen Städten besser abschneide, so Jucker. Dabei ist auch schnell klar, welche Käufergruppe da kräftig mithilft: Zwei Drittel der Kunden in Uhrengeschäften sind Touristen. Das hat einen netten Nebeneffekt: Es kurbelt auch den Umsatz in den anderen Branchen an.
«Als Mall laufen alle Stränge in einer Organisation zusammen. So lässt sich direkter kommunizieren.»
Sascha Jucker, Ökonom
Es berge aber auch ein sogenanntes Klumpenrisiko, sagt Jucker. Bleiben die Touristen aus, so leide der Uhrensektor sehr stark. So war beispielsweise gerade 2016 im positiven Verlauf der letzten Jahre ein Abschiffer (zentralplus berichtete). Dies dürfte also die ganze Branche gespürt haben. Die Uhrenbranche sollte sich zwar 2017 wieder erholen, die Abhängigkeit von den Touristen des Luzerner Gewerbes (und die mit ihr verbundenen wirtschaftlichen Schwankungen) bleibt aber bestehen.
Ist die Stadt besser als die Mall of Switzerland?
Viele Sympathien gewann Jucker bei seinem Vortrag, als er den Vergleich der Stadt Luzern mit der neuen Mall of Switzerland in Ebikon (zentralplus berichtete) zog. Sein Verdikt fiel jedoch etwas gar positiv für die Stadt Luzern aus. So sei die Stadt attraktiver für Touristen, biete mehr Events, habe das grössere Einzugsgebiet und habe bei der «Convenience», also dem Trend des schnellen und einfachen Einkaufens, die besseren Karten.
Seine Argumentation, weshalb die Stadt bequemer sein soll als ein Einkaufscenter, erschliesst sich jedoch nicht ganz: Der Trend gehe die Stadt ganz einfach nichts an, so Jucker. Wer schnell und bequem einkaufen wolle, tue dies online. Deshalb gehörten die Einkaufscenter, die sich im Convenience-Trend in direkter Konkurrenz zum Onlinehandel befinden, zu den grossen Verlierern in Sachen bequemes Einkaufen. Die Stadt positioniere sich gar nicht als «convenient», deswegen werde sie in der Hinsicht weniger vom Onlinehandel traktiert. Dass als Schlussfolgerung die Stadt im Vergleich zur Mall in Sachen «Convenience» besser aufgestellt sei, ist also mindestens schmeichelhaft.
Einzige Pluspunkte bekam die Mall für ihre Wetterresistenz und dafür, dass die Organisation einfacher sei als bei voneinander unabhängigen Geschäften. «Als Mall laufen alle Stränge in einer Organisation zusammen. So lässt sich direkter kommunizieren», so der Ökonom.
«Die Sauberkeit war auch schon besser im öffentlichen Raum.»
Franziska Bitzi Staub, Finanzdirektorin Stadt Luzern
Aus dem Publikum wurde die (bekannte) Frage laut: Hat die Stadt im Gegensatz zur Mall nicht ein Parkplatzproblem? Jucker wägt ab: «Das Einzugsgebiet der Mall ist sehr klein. Ich sehe das Problem eher darin, woher all die Menschen in die Mall kommen sollen.» Die Einkaufscenterdichte sei sehr hoch. Beispielsweise rechne die Mall mit Kunden aus Zug, diese hätten aber mit Sihlcity vor den Stadtzürcher Toren ein bestehendes Einkaufscenter in ähnlicher Distanz.
Stadt will helfen – mit längeren Öffnungszeiten
Schlussendlich gab Franziska Bitzi Staub, die neue Finanzdirektorin der Stadt, ihre Einschätzungen zum lokalen Gewerbe. Und auch sie betonte dessen Stärken: innovativ sei man, kooperativ, traditionell. «Produkte an sich sind sehr austauschbar», so Bitzi Staub, die Luzerner Geschäfte würden durch ihr Angebot und ihren Service einen Mehrwert schaffen. Deshalb sei man gerüstet gegen die Bedrohung Onlinehandel.
Und des Weiteren: «Die Luzerner Kulisse kann man nicht kopieren», so Bitzi Staub. Die Mall of Switzerland möge ihre Vorteile haben, aber das Ambiente der Stadt sei einzigartig und das gelte es zu pflegen.
Verbesserungspotenzial seitens der Stadt ortet die Finanzdirektorin vor allem bei den Ladenöffnungszeiten: «Der Stadtrat ist der Meinung, dass eine Flexibilisierung der Ladenöffnungszeiten gut wäre.»
Ausserdem: «Die Sauberkeit war auch schon besser im öffentlichen Raum», sagt Bitzi Staub. Sauberkeit schaffe ein Gefühl der Sicherheit, deshalb müsse man sich wieder darauf besinnen. Ausserdem müsse man Lösungen für die Erreichbarkeit schaffen. Die Stadt sei bemüht, zu helfen, so die Finanzdirektorin.
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