Nachhaltiger, innovativer und mit weniger Cars

So will Luzern zur schönsten Tourismusstadt werden

Insbesondere den Car-Tourismus will die Stadt Luzern künftig besser lenken. (Bild: bic)

Weniger Tagestouristen in Cars und mehr Kulturreisende, nachhaltiger und innovativer: Die Stadt Luzern hat festgelegt, wie sich der Tourismus bis 2030 weiterentwickeln soll. Dafür will sie selber aktiver werden – und eine neue Stelle schaffen.

Die Stadt Luzern ist eine Touristenhochburg. War sie zumindest, bis die Coronakrise die Reisebranche zum Erliegen brachte. Just in dieser Zeit hat die Stadt Luzern ihre «Vision Tourismus 2030» erarbeitet. Ausschlaggebend war die Situation vor der Pandemie, als die vielen Carfahrten im Stadtzentrum eine Overtourism-Diskussion ins Rollen brachte – und die Politik eine Grundsatzdebatte verlangte (zentralplus berichtete).

Am Freitag hat die Stadt nun das Resultat dieser Arbeiten präsentiert, einen 78-seitiger Bericht über Ausgangslage und Zukunft des Tourismus. Entstanden ist er nach mehreren Workshops und unter Einbezug vieler Involvierter und Fachpersonen.

Sowohl traditionell als auch innovativ

Die Vision ist klar: Die Stadt Luzern will national wie international die schönste Tourismusstadt der Schweiz sein. Dazu sollen traditionelle Werte mit nachhaltigen und innovativen Angeboten kombiniert werden. Dies im engen Austausch mit Anbietern und Bevölkerung und einer klugen Lenkung der Gäste durch die Stadt.

«Der Stadtrat ist überzeugt, dass es dazu mehr Steuerung braucht und die Stadt eine aktivere Rolle einnehmen muss», schreibt er in einer Medienmitteilung. Die Entwicklung der Tourismusströme solle im Einklang mit dem Erhalt der Lebensqualität der Bevölkerung erfolgen.

Dies könnte sich zu einer Herausforderung entwickeln. Eine Verteilung der Touristen in andere Ecken der Stadt sei von der Bevölkerung nicht gewünscht. Um diese an den bestehenden Hotspots besser zu verteilen, könne sich die Stadt eine App vorstellen, die den jeweiligen Besucherandrang zeigt. Oder eine zeitliche Verteilung mittels flexibler Preisgestaltung und Zeitfenstern für Angebote. «Wenn Parkplätze zwischen vier und sechs Uhr doppelt so teuer sind, kommen die Cars vermutlich vermehrt über den Mittag», beschreibt Finanzdirektorin Franziska Bitzi Staub an der Medienorientierung.

In diesem Sinne sieht der Stadtrat die Coronakrise auch als Chance. Das Ziel sei, die Erholung des Tourismus in Luzern nach der Coronapandemie im Sinne der Vision Tourismus Luzern 2030 zu gestalten und frühere Probleme zu vermeiden.

Bei diesen sieben Punkten will die Stadt ansetzen

Um vom heutigen Stand zum gewollten «Tourismus der Zukunft» zu gelangen, hat der Luzerner Stadtrat sieben Massnahmenpakete erarbeitet:

  • 1. Neues Monitoring: Die Stadt will kontrollieren, ob sie sich auch auf dem richtigen Kurs befindet. Dafür will sie ein geeignetes Monitoring auf die Beine stellen. Orientierungswerte könnten beispielsweise die Verringerung der Klimabelastung, die Reduktion von Car-Touristen und die Verbesserung der Akzeptanz der Luzerner Bevölkerung sein. Unter der Leitung des Instituts für Tourismus und Mobilität der Hochschule Luzern wird aktuell ein Kontroll-Konzept für den Zentralschweizer Tourismus entwickelt.
  • 2. Tourismusmanagement: Die Stadt will den Luzerner Tourismus stärker steuern. Dazu wird die Leistungsvereinbarung mit der Luzern Tourismus AG an die neue Vision angepasst. Ebenso werden die Tourismusabgaben und deren Verwendungszwecke überprüft. In diesem Kontext sollen auch die Regelungen für AirbnB und Co. laufend angepasst werden (zentralplus berichtete).
  • 3. Umweltfreundliche Angebote und kulturelle Veranstaltungen: Die Stadt Luzern will sich als «nachhaltig» und «innovativ» profilieren. Entsprechende Tourismusangebote sollen gefördert werden. So strebt die Stadt an, dass der Anteil des Kulturtourismus steigt und die Gäste vermehrt Konzerte oder Museen besuchen.
  • 4. Cartouristen lenken: Ein grosses Anliegen der Bevölkerung ist die Reduktion des Gruppen- oder Car-Tourismus. Deshalb setzt die Tourismusstrategie der Stadt auch bei den Cars den Hebel an: Deren Anzahl soll plafoniert und die täglichen Spitzenwerte reduziert werden. Wie das im Detail aussehen wird, ist noch nicht festgelegt. Dazu laufen parallel die Arbeiten am neuen Carregime (zentralplus berichtete). Klar ist bereits so viel: Um sich am heissen Eisen der Car-Thematik nicht die Finger zu verbrennen, will der Stadtrat mithilfe des Monitorings (Punkt 1) Schwellenwerte festlegen, ab denen er mit zusätzlichen Massnahmen intervenieren könnte.
  • 5. Öffentlicher Raum in der Innenstadt: Mit diesem Paket soll ein «attraktiver, sicherer und sauberer öffentlicher Raum» gewährleistet werden. Dafür will der Luzerner Stadtrat bei guten Orientierungssystemen ansetzen. Bestenfalls sollen Touristen sich auch ohne Google Maps in der Stadt zurechtfinden. Weiter soll die Innenstadt aufgewertet werden. In diesem Kontext wird auch geprüft, welchen Einfluss die Grossbaustelle des Durchgangsbahnhofs auf die Touristenströme haben wird (zentralplus berichtete).
  • 6. Stadtmarketing: Die Stadt strebt an, ein Konzept für die «Marke Luzern» aufzubauen. Bis Ende 2023 soll geklärt sein, welche Marketing-Aufgaben auf die Stadt fallen und wie private Akteure da mit hineinspielen werden.
  • 7. Willkommenskultur und Dialog: Obwohl die Mehrheit der Luzerner den Tourismus generell als positiv wahrnimmt, verursachen die Touristinnen auch Unmut. Mehr als die Hälfte der Luzerner ist der Meinung, dass die akzeptable Anzahl von Touristen überschritten ist – Stichwort «Overtourism» (zentralplus berichtete). Um dem entgegenzuwirken, will die Stadt den Dialog mit der Bevölkerung suchen. Damit will sie die gegenseitige Akzeptanz steigern und eine touristische Willkommenskultur fördern.

Stadt will Projektleiterin Tourismus anstellen

Konkrete Massnahmen sucht man im Bericht bisher vergeblich. «Wir wollen zuerst die politische Diskussion zur Strategie abwarten und dann konkrete Massnahmen beschliessen», erklärt Bitzi Staub an der Medienorientierung.

Um die Tourismus-Vision schliesslich umzusetzen, will die Stadt eigens eine Stelle schaffen. Der Stadtrat beantragt eine 80-Prozent-Stelle für eine «Projektleiterin Tourismus». Sie soll jährlich 130'000 Franken kosten. Hinzu kommen 30'000 Franken pro Jahr an Projektmitteln, die der zukünftige Tourismus-Leiter in Massnahmen wie Informationsveranstaltungen, Studien oder Befragungen investieren kann.

«Nur mit genügend Ressourcen kann die Stadt ihre Führungsrolle wahrnehmen und eine wirkungsvolle und nachhaltige Entwicklung des Tourismus und die Verwirklichung der Vision Tourismus Luzern 2030 wirkungsvoll fördern», begründet die Stadt deren Notwendigkeit. Für die Finanzierung der Stelle beantragt der Stadtrat Luzern einen Sonderkredit von 1,6 Millionen Franken für die nächsten zehn Jahre.

Wo man sich einig ist – und wo nicht

Obwohl die Massnahmen in einem breiten Prozess erarbeitet wurden: Sie dürften noch einiges zu reden geben. Der Stadtrat hält in seinem Bericht selber fest, dass man sich einig sei, dass Luzern mit Stadt, See und Bergen viel zu bieten hat. Und dass man die Tourismusströme besser organisieren muss.

Wie stark die Stadt – auch aus ordnungspolitischer Sicht – eingreifen soll, ist aber umstritten. Insbesondere Tourismusakteure und Wirtschaftsverbände haben hier Vorbehalte eingebracht. Ebenfalls sehr umstritten ist die Frage, wie stark der Tourismus in Luzern wachsen soll. Auch hier spricht sich die Wirtschaft klar gegen Vorgaben aus. «Am ehesten ist dies – im Sinne eines Kompromisses – beim Gruppentourismus denkbar», hält der Stadtrat im Bericht fest. Nicht zuletzt gibt es Unterschiede bei der Einschätzung, wie nachhaltig der Luzerner Tourismus sein soll.

Die Vision wird nun dem Luzerner Stadtparlament unterbreitet. Anschliessend sollen die erwähnten Massnahmenpakete im Detail ausgearbeitet werden. Zudem wird ein Umsetzungsplan erstellt. Die ersten mittel- bis langfristigen Massnahmen werden voraussichtlich ab Ende 2022 umgesetzt.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Rentner
    Rentner, 10.12.2021, 12:47 Uhr

    Toll endlich die Wahrheit, will für den Tourismus, wir Steuerzahler sind ja längst aus Luzern verdrängt worden ,das hat man uns schon vor Jahren Gezeigt in dem alles für den Tourismus gemacht wurde, Wie das Car Problem das man nicht will in den Griff zu bekommen.

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    • Profilfoto von B Suter
      B Suter, 10.12.2021, 19:56 Uhr

      „wir Steuerzahler“? Ich wie tausende andere Luzerner leben lieber in einer lebendigen Touristenstadt als in einem langweiligen Mittellandkaff. Olten wäre vielleicht ein Ort für Sie.

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