Schwerindustrie retten

41 Milliarden Franken: Luzerner hat Idee, wo das Geld hin soll

Mehr Aufträge aus der Schweiz als Weg aus der Krise? (Bild: Swiss Steel Group/ zvg)

Der Luzerner Ständerat Damian Müller will den einheimischen Stahlwerken unter die Arme greifen. Dabei geht es um viel öffentliches Geld, nachhaltige Produkte – und einen simplen Trick.

Die Schweizer Schwerindustrie steckt in der Krise. Nun will der Luzerner FDP-Ständerat Damian Müller den Stahlwerken mit einer Motion zur Hilfe kommen. Seine Idee: Künftig soll nachhaltiger produzierter Stahl gegenüber herkömmlichen bevorzugt werden. Dies geht aus einer Motion der Umweltkommission des Ständerats hervor, die der Luzerner mit auf den Weg gebracht hat.

Wie das helfen soll: Weil Schweizer Strom mit Wasser- und Atomkraft produziert wird, ist er viel klimafreundlicher und emissionsärmer als Strom aus dem Ausland. Somit ist auch der damit produzierte Stahl umweltfreundlicher. Ausserdem produzieren Schweizer Werke ihre Produkte aus recycelten Metallschrott.

In den meisten anderen Ländern beziehe die Schwerindustrie ihre Energie dagegen aus fossilen Quellen, meist Kohle, Öl oder Gas, bemängeln die Motionäre. Allein durch die deutsche Stahlindustrie werden jährlich fast 50 Millionen Tonnen CO₂ ausgestossen, wie ein deutscher Thinktank auf seiner Website angibt. Zum Vergleich: Das ist mehr als der gesamte CO₂-Ausstoss der Schweiz.

Umweltfreundlicher Stahl als Zukunftsstrategie

Gegen den günstigeren Stahl aus dem Ausland kann sich die Industrie dennoch immer schwerer durchsetzen – auch wenn ihr Produkt am Ende grüner ist. Die Motionäre schreiben daher: Insbesondere für die Schweizer Stahl- oder Zementproduktion sei es «existenzgefährdend», wenn nicht zeitnah Märkte für nachhaltig produzierte Grundstoffe entstehen würden.

Die Umweltkommission schielt dabei auf öffentliche Beschaffungsprojekte im Wert von 41 Milliarden Franken. Würden dabei nachhaltige Standards höher gewichtet, würde die einheimische Schwerindustrie profitieren. Ein simpler Trick, könnte man sagen. Und: Schweizer Stahl für Schweizer Infrastrukturprojekte.

Ein Stahlchef erklärt, warum der Schutz wichtig sei

Gegenüber der «NZZ» führt Patrick Puddu, Finanzchef von Stahl Gerlafingen, Gründe an, warum die Industrie geschützt werden sollte: Die Stahlindustrie der Schweiz befinde sich wegen des Handelskrieges zwischen den USA und der EU in der Krise, europäische Unternehmen würden derzeit massiv staatliche Unterstützung erhalten.

Die Forderung der Motion würde einen doppelten Vorteil ergeben: Öffentliche Projekte wären wesentlich klimafreundlicher und nachhaltiger. Andererseits würde die Schweizer Schwerindustrie von der erhöhten Nachfrage profitieren und könnte rentabel produzieren, sagt Patrick Puddu.

Die Unternehmen könnten sogar eine Vorreiterrolle in der ökologischen Herstellung von Stahl einnehmen.

Lichtblick für Swiss Steel Emmenbrücke?

Die Motion, die Damian Müller mit auf den Weg gebracht hat, interessiert auch in der Zentralschweiz. Das Unternehmen Swiss Steel mit seinem riesigen Werk an der kleinen Emme steckt seit Längerem in der Krise. Letztes Jahr bat die Firma bei der Stadt Luzern um finanzielle Unterstützung. Die Stadt kam dem Stahlwerk entgegen und verzichtete auf 150'000 Franken Stromgebühren (zentralplus berichtete).

Trotz dieser Nothilfe entliess der Konzern 50 Mitarbeitende am Standort Emmenbrücke (zentralplus berichtete). Ursprünglich plante Swiss Steel jedoch die Kündigung von 80 Angestellten. Turbulenzen durch den Rückzug eines Grossaktionärs sorgte zusätzlich für Unsicherheit.

Die Massnahmen, welche die Umweltkommission des Ständerats in ihrer neuen Motion empfiehlt, würden sich wohl auch positiv auf Swiss Steel auswirken. Der National- und Ständerat behandelt den Vorstoss voraussichtlich im Juni.

Verwendete Quellen
  • Artikel in der «NZZ»
  • Motion der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie Ständerat
  • zentralplus-Medienarchiv zu Stahlindustrie Luzern
  • Website Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen
  • Website Kompetenzzentrum Klimaschutz in energieintensiven Industrien (KEI)
  • Website Bundesamt für Umwelt
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