:focal(1088x422:1089x423)/www.zentralplus.ch/wp-content/uploads/2025/06/Erich-Felber_City-Manager-Luzern-1.jpg)
Im Kanton Luzern geraten kleinere Unternehmen wegen hoher Bewertungen unter Druck, da sie so deutlich mehr Steuern zahlen. Ein Vorstoss im Parlament will jetzt den Rechenweg ändern.
Eigentlich ist der Kanton Luzern steuerlich für Unternehmen attraktiv. Nur bei einem Punkt nicht: der Vermögenssteuer. Das sagt Guido Roos, Mitte-Kantonsrat und Geschäftsführer des Entwicklungsträgers Region Luzern West.
In seinem Beruf sitzt er mit vielen kleinen und mittelgrossen Unternehmen (KMU) am Tisch. Dort höre er von ihren Problemen, erzählt Roos. Im Kanton Luzern gibt es rund 29'300 KMU, das sind etwa 99 Prozent aller Unternehmen.
Viele von ihnen werden nicht an der Börse gehandelt. Ihr Wert kann nicht einfach vom Aktienkurs abgelesen werden. Daher setzen die Steuerämter auf eine Annäherung. Denn: Zur Besteuerung oder zur Nachfolge muss ein Firmenwert festgelegt werden.
So wird der Wert einer Firma geschätzt
Bei den Steuerämtern durchgesetzt hat sich die Praktikermethode. Sie kombiniert den Substanzwert, also den Wert des Firmenvermögens in der Bilanz, mit dem Ertragswert – also dem voraussichtlichen Gewinn.
Für den Ertragswert teilt man den durchschnittlichen Gewinn der letzten zwei Jahre durch den Kapitalisierungszins. Dieser Zinssatz spiegelt das Risiko wider – je höher der Zins, desto tiefer der Ertragswert. Sprich: der erwartete Gewinn.
Ein Beispiel: Erwirtschaftet ein Unternehmen im Schnitt 120'000 Franken Gewinn pro Jahr und liegt der Kapitalisierungszins bei 10 Prozent, ergibt das einen Ertragswert von 1,2 Millionen Franken.
Nun nimmt das Steueramt zweimal den Ertragswert plus den Substanzwert (sagen wir 900'000 Franken) und teilt das Ergebnis durch 3. In unserem Beispiel ergibt das 1,1 Millionen Franken. Dies ist der geschätzte Wert der Firma.
Bürgerliche im Kantonsrat fordern tiefere Steuern
Viel hängt also vom Kapitalisierungszins ab. Je tiefer der Zins, desto höher der Wert der Firma – auch wenn Gewinn und Substanz gleich bleiben. Roos findet, in Luzern sei der Kapitalisierungszins zu hoch. 49 Kantonsräte der Mitte, SVP, FDP und GLP sehen es ähnlich und haben ein entsprechendes Postulat unterzeichnet.
Darin fordert der KMU-Kenner den Regierungsrat auf, den Kapitalisierungszins jährlich festzulegen – nie tiefer als 10 Prozent. Im letzten Jahr lag er bei 8,75 Prozent, im Jahr 2023 bei 7,75 Prozent – eine Empfehlung aus dem Kreisschreiben der Schweizerischen Steuerkonferenz (SSK), einem Zusammenschluss der kantonalen Steuerbehörden.
Roos schreibt in seinem Vorstoss, «in der Praxis» würden Treuhändern mit etwa 15 Prozent rechnen. Die vom Kanton errechneten Firmenwerte würden den echten Verkehrswert einer Firma daher oft «weit übersteigen». Luzern beurteile seine KMU als wertvoller, als sie sind.
Weitergabe einer Firma ist die Krux
Ist der ganze Plan ein Frontalangriff auf die Vermögenssteuer? Nein, sagt Guido Roos. Nur der Versuch, die Bewertung realistischer zu machen. Denn: Besonders bei der Weitergabe von Firmen an die nächste Generation sei eine zu hohe Bewertung schädlich.
Wenn der Wert einer Firma unrealistisch hoch angegeben sei, hätten es Familienmitglieder schwerer, den Betrieb zu übernehmen. Je höher der errechnete Wert der Firma, desto schwerer haben es beispielsweise die Kinder, eine Finanzierung zu bekommen.
Auch benachteilige die heutige Berechnungsregel KMU gegenüber anderen Firmen, die anders berechnet werden. Etwa Firmen in öffentlicher Hand wie die Axpo oder CKW oder Genossenschaften mit Anteilsscheinen ohne Steuerwert, wie etwa die Migros oder Coop.
:focal(50x50:51x51)/www.zentralplus.ch/wp-content/uploads/2020/04/Coop.jpeg)
Treuhänder sagt: Vermögenssteuer hemme Wachstum
Ein angefragter Treuhänder, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, bestätigt, dass die Vermögenssteuer für Luzerner Firmen eine Belastung sei. Grössere KMU müssten Dividenden ausschütten, um sie zu zahlen. Der Geldabfluss sei Gift für das Wachstum der Unternehmen.
Den Vorstoss von Guido Roos hält der Treuhänder für einen «Schritt in die richtige Richtung». Auch im Gespräch mit dem Mitte-Kantonsrat selbst wird klar, dass sein Vorstoss nur «ein Schritt» sei. Roos fände ein Minimum von 12 Prozent noch besser. Doch sein Vorstoss soll mehrheitsfähig sein.
Wie es andere Kantone machen
Einige Kantone sollen ihr System bereits verändert haben: Thurgau zum Beispiel setze jährlich einen Zins fest, der vom Kreisschreiben der SSK abweiche, argumentiert Roos. Auch St. Gallen und Appenzell Ausserrhoden hätten auf die Gefahr der Überbewertung reagiert.
Nun soll der Kanton Luzern nachziehen. Bei der Anzahl seiner Mitunterzeichnerinnen scheint eine Mehrheit im Kantonsrat nicht unrealistisch.
Seit 2024 gilt im Kanton Luzern ein Vermögenssteuersatz von 0,75 Promille pro Einheit. Sprich: Wer 73'000 Franken Vermögen versteuern muss, zahlt je nach Gemeinde rund 200 Franken pro Jahr – in Beromünster etwa 205 Franken. Die Steuer wird jährlich erhoben.
- Bundesamt für Statistik zu kleinen und mittleren Unternehmen
- KMU-Portal zur Praktikermethode
- Persönliches Treffen mit Guido Roos