Siemens eröffnet klimaneutralen Campus in Zug

Siemens-Campus: Stell dir vor, es brennt, und keiner rennt

Feuerproben im wahrsten Sinn: In diesem Fire Lab innerhalb des Siemens-Campus werden Tests durchgeführt. (Bild: zvg Siemens)

1’700 Arbeitsplätze, die ganz ohne fossile Brennstoffe funktionieren: Siemens Smart Infrastructure hat mit der Eröffnung eines klimaneutralen Campus nicht nur alle Karten auf Zug, sondern auch auf Nachhaltigkeit gesetzt. Und damit sogar einen Bundesrat angelockt.

«Zum Glück beginnen die meisten Brände als Schwelfeuer», erzählt Alexander Duric seelenruhig. «Das ist insofern gut, als sie sehr schnell Rauch entwickeln.» Dass im Raum nebenan gerade ein ein Meter hohes Feuer lichterloh brennt, das durch zwei Scheiben deutlich erkennbar ist, findet er überhaupt nicht beunruhigend. Im Gegenteil. Das Feuer ist erwünscht.

Duric ist kein Pyromane, sondern technischer Experte in Sachen Branddetektion. Hier, auf der dritten Etage des gerade erst sanierten Forschungs- und Entwicklungsgebäudes der Siemens, befindet sich das Fire Lab. An den Decken hängen verschiedenste Brandmelder, die jeweils im gleichen Abstand zum am Boden lodernden Brandherd angeordnet wurden.

Das Fire Lab dient dem Testen verschiedenster Sicherheitsprodukte. (Bild: zvg Siemens)

Es brennt, und keiner reagiert

Der Bildschirm im Nebenraum weist darauf hin, wann welche Detektoren den Brand als solchen erkannt und Alarm geschlagen haben, wie die Temperatur im Raum steigt, wann welche Sensoren zu reagieren beginnen. Diese Tests sind für Siemens eminent wichtig, sind doch Brandmelder ein wichtiger Schwerpunkt der Abteilung Smart Infrastructure.

Zurück zu Duric und seiner Vorliebe für rauchintensives Feuer. «Je stärker die Rauchentwicklung, desto schneller merkt das ein Rauchmelder.» Das Feuer, das hinter ihm lodert, wurde mit Buchenholz genährt. «Und dieses bringt viel unsichtbaren Rauch mit sich.» Erst nach rund sieben Minuten schlägt der erste Feuermelder Alarm, kurz darauf folgen die anderen.

Dass sie so spät reagieren, hat Gründe. «Für die Tests wurden sie auf die Detektoren auf die tiefste Sensibilitätsstufe gestellt. Ein Rauchmelder in einem Hotelzimmer würde viel schneller reagieren.» Auch, weil bei solchen Bränden tendenziell Gegenstände zu «schmörzelen» anfangen, was wiederum mehr Rauch verursacht als reines, unbehandeltes Buchenholz.

Feierliche Eröffnung lockt Politgrössen an

Es ist nicht das einzige Mal an diesem Montag, dem 11. September 2023, dass im Fire Lab ein Brand entfacht wird. Tatsächlich handelt es sich um einen besonderen Tag für die Siemens, die nun nach einer mehrjährigen Bauzeit ihren klimaneutralen Campus eröffnet.

Wie gross die Bedeutung des Campus wirklich ist, zeigt sich nicht zuletzt an der Gästeliste des Eröffnungsanlasses. Neben Mitarbeitern, Siemens-Vorstandschef Roland Busch sowie Politikerinnen aus hiesigen Gefilden machte auch Bundesrat Guy Parmelin seine Aufwartung.

«Solche Unternehmen haben eine tragende Rolle in der Schweizer Wirtschaft.»

Guy Parmelin, Wirtschaftsminister

Busch äusserte sich zur Bedeutung des Campus wie folgt: «Da 40 Prozent des weltweiten Energiebedarfs auf Gebäude entfallen, sind klimaneutrale Gebäude ein wichtiger Hebel für Unternehmen und für ganze Länder, um nachhaltiger zu werden.» Um die komplexen Prozesse im Griff zu haben, nütze Siemens künstliche Intelligenz, um die erforderliche Hardware und Software zu orchestrieren.

Roland Busch, CEO der Siemens AG. (Bild: zvg)

Bundesrat Parmelin windet Siemens in seiner Rede das entsprechende Kränzchen: «Solche Unternehmen haben eine tragende Rolle in der Schweizer Wirtschaft», sagt der Wirtschaftsminister über die «ehrgeizige Nachhaltigkeitsvision» der Firma.

Währenddessen liess es sich die Zuger Volkswirtschaftsdirektorin und Frau Landammann Silvia Thalmann-Gut in ihrer Ansprache nicht nehmen, auf den hohen und künftig wohl noch höher werdenden NFA-Beitrag des Kantons Zug hinzuweisen.

Ein Roboter namens Isabelle

Der just fertiggestellte Campus besteht aus einem Büro- und einem Forschungs- und Entwicklungsgebäude sowie einer Fabrik, die auf zwei Etagen rund elfeinhalbtausend Quadratmeter umfasst und in der schon vieles vollautomatisch passiert.

In den Fabrikhallen in Zug werden unter anderem Feuerdetektoren gebaut. (Bild: zvg Siemens)

Beim Augenschein vor Ort fährt gerade ein herrenloses Transportgefährt um die Ecke, stets innerhalb gelb markierter Bahnen. «Es handelt sich um Isabelle», erklärt der Produktionsleiter Daniel Honegger. Er merkt sogleich an: «Wenn jemand im Weg steht, hält sie an.»

Rund 1’300 Produkte entstehen in diesen Hallen mittels Schichtarbeit. Zu einem grossen Teil sind es Brandmelder. Die Abläufe werden bewusst schlank gehalten. Mittels Lean-Management wird die Wertschöpfungskette effizient und effektiv gehalten. Der Automatisierung zum Trotz arbeiten 350 Mitarbeiterinnen allein in der Produktion.

Seewasser fliesst durch die Siemens-Gebäude

Davon, dass Siemens am Standort Zug einen klimaneutralen Kurs fährt, zeugen unter anderem dicke schwarze Rohre, an denen man im Untergeschoss entlangläuft. «Es handelt sich um Leitungen, durch die Seewasser gepumpt wird», erzählt Benno Estermann, der Kommunikationschef von Siemens. Der Campus wird – wie ein grosser Teil der städtischen Gebäude – durch Circulago, also via Fernwärme, geheizt und gekühlt. 18 Prozent des Stroms wird ausserdem über die Fotovoltaikanlage auf den Dächern der Gebäude erzeugt.

Dass Siemens der Stadt Zug treu bleiben würde, ist nicht immer klar gewesen. Stadtpräsident André Wicki erinnert sich: «Als ich vor zehn Jahren noch als Bauchef amtete, gab es einige Gespräche mit dem Unternehmen. Dieses erwog dazumal wegzuziehen.» Die Firma ist geblieben. Und mit ihr 1’700 Arbeitsplätze.

Verwendete Quellen
  • Besuch der Eröffnungsfeier im Siemens Campus
  • Führung durch die Gebäude und Gespräche vor Ort
  • Medienmitteilung von Siemens Building Technologies
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