ewl forciert neue Technologie

Seewassernutzung ersetzt fünf Millionen Liter Heizöl

Links: Energiegewinnung der Zukunft – der Vierwaldstättersee dient als Kraftwerk. Rechts: Kraftwerke, welche die Umwelt belasten. (Bild: Fotomontage les)

Der Vierwaldstättersee als gewaltiges Kraftwerk? Zukunftsmusik, welche ewl zur Realität machen will. Rund 200 Gebäude in der Stadt Luzern sollen mit Wärme und Kälte aus dem See versorgt werden können. Wie das genau vonstatten gehen soll, ist noch ziemlich unklar.

Wie der Vierwaldstättersee Gebäude heizen oder kühlen kann, fragt man sich. Und entlastet dieses Projekt die Umwelt tatsächlich in einem solchen Ausmass, dass sich eine Investition von 90 Millionen lohnt? Die ewl macht es möglich und ist überzeugt, mit dem Projekt Seewassernutzung einen wichtigen Schritt für die Energiegewinnung der Zukunft zu vollziehen. Die Gebiete Tribschen, Bahnhof, Neustadt und Schönbühl sollen von der Technologie profitieren.

Bis Ende Jahr soll Klarheit herrschen

Die Technologie der Seewassernutzung ist nicht neu: In rund 30 bis 40 Metern Tiefe, wo das Wasser über das ganze Jahr konstant vier bis fünf Grad kalt ist, wird dem Vierwaldstättersee Wasser entnommen. Es wird durch eine Wasserpumpe in eine Energiezentrale befördert. Dort wird mittels Wärmetauscher Wärme an ein seperates Energienetz übergeben. In Luzern soll dieses Energienetz in Zukuft über 200 Gebäude mit Wärme und Kälte versorgen können.

«ewl plant, im Bereich um Tribschen, Bahnhof, Neustadt und Schönbühl mit einer zentralen Seewassernutzung über 200 Gebäude mit umweltschonender Wärme und Kälte zu versorgen», erklärt Medienchefin Nicole Reisinger. Rund 15 Kilometer Leitungen müssten in den verschiedenen Stadtteilen verlegt werden. «Wo die Energiezentrale entstehen wird, klären wir zurzeit ab. Ebenso werden die verschiedenen Leitungsführungen zur Erschliessung der Gebiete geplant», sagt Reisinger. Bis Ende Jahr will ewl über die detaillierten Dimensionen und den Zeitplan des Projekts entscheiden.

Die markierten Gebiete: Tribschen, Bahnhof, Neustadt und Schönbühl sollen mit einer zentralen Seewassernutzung mit umweltschonender Wärme und Kälte versorgt werden können (Bild: ewl).

Die markierten Gebiete: Tribschen, Bahnhof, Neustadt und Schönbühl sollen mit einer zentralen Seewassernutzung mit umweltschonender Wärme und Kälte versorgt werden können (Bild: ewl).

Muss Veloweg auf ZB-Trassee aufgerissen werden?

Sowieso scheint noch einiges in den Sternen zu stehen. Wie die Nutzung im Detail aussehen soll und welche Möglichkeiten sich für Liegenschaftsbesitzer in den erschlossenen Gebieten ergeben, ist zurzeit noch unklar. «Das ganze Projekt ist sehr nachfrageorientiert ausgerichtet», so Reisinger. Gewerbebetriebe, Bürogebäude und die öffentliche Verwaltung könnten in Zukunft an dieses lokale, erneuerbare Energienetz angeschlossen werden. Die Investitionen von 90 Millionen Franken würden sich über 15 bis 20 Jahre hinziehen.

Eine mögliche Leitungsführung hat diese Woche einen Dämpfer erhalten. ewl hat diese Woche bekannt gegeben, dass sie sich aus einem gemeinsamen Bauprojekt mit der Stadt Luzern beim ehemaligen Zentralbahn-Trassee zurückzieht (zentral+ berichtete). Als Grund wurden unterschiedliche Planungsfortschritte der beiden Parteien angegeben. Zur Erinnerung: Die Stadt Luzern plant einen Rad- und Gehweg auf dem ZB-Trassee und hatte die Realisierung extra um ein Jahr nach hinten verschoben, damit allfällige Leitungsbauten von ewl ins Projekt hätten integriert werden können. Dies stiess insbesondere bei den Grünliberalen auf harsche Kritik (zentral+ berichtete). Dennoch scheint diese Leitungsführung noch nicht ganz vom Tisch zu sein. Reisinger meint dazu: «Sollten unsere Abklärungen ergeben, dass diese Lösung am geeignetsten ist, werden wir wieder den Kontakt mit der Stadt Luzern suchen. Es gibt jedoch auch andere Optionen für diese Leitungsführung.» Dies würde wohl bedeuten, dass der Radweg wieder aufgerissen werden müsste.

Ökologisch macht es Sinn

Im Endausbau sollen jährlich rund 50 Gigawattstunden Wärme und etwa 40 Gigawattstunden Kälte abgesetzt werden. 2014 lag der Wärme-/Kälteabsatz von ewl bei rund 130 Gigawattstunden. Mit der Seewassernutzung könnte der CO2-Ausstoss in der Stadt Luzern um 10’000 Tonnen reduziert werden – dies entspricht etwa dem entstehenden CO2 durch die Verbrennung von 5 Millionen Litern Heizöl. Oder dem Austoss von rund 7’000 Mittelklassefahrzeugen, welche pro Jahr 12’000 Kilometer zurücklegen. Diese natürliche Energieversorgung unterstützt damit die Umsetzung der städtischen Energie-, Klima- und Luftreinhaltepolitik. Anfang 2011 hatte das Luzerner Stimmvolk den Atomausstieg auf 2045 beschlossen – Seewassernutzung ist ein Schritt in diese Richtung.

Der geplante Perimeter von ewl reicht bis zur Krienser Gemeindegrenze. Dort plant «Seenergy Horw» ebenfalls ein See-Energienetz für Luzern Süd. Private Initianten wollen dort eine geplante Horwer Überbauung mit 520 Wohnungen und 1700 Arbeitsplätzen ebenfalls mit Wasser aus dem See heizen und kühlen. Da es zu Berührungspunkten zwischen den beiden Projekten kommt, prüfen nun ewl und Seenergy Horw in einer Zusammenarbeit, ob Synergien genutzt werden können.

So präsentierte sich die Wärme- und Kälteabsatz von ewl nach Energieart 2014 (Bild: ewl Geschäftsbericht 2014).

So präsentierte sich die Wärme- und Kälteabsatz von ewl nach Energieart 2014 (Bild: ewl Geschäftsbericht 2014).

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