Politisches Klima ist zu grosses Risiko

Schadstoffe im Zugersee: Bauern werfen den Bettel hin

Laut Ueli Staub, Direktor des Zuger Bauernverbandes ist das laufende Gewässerschutzprojekt mit zu vielen Unbekannten für die Bauern verbunden. (Bild: zvg/Bildmontage bic)

Der Bauernverband Zug stoppt ein Projekt, durch das weniger Gülle in den Zugersee gelangen soll. Wegen des politischen Klimas in Bern sei es mit zu vielen Risiken für die Zuger Bauern verbunden. Nun ist wieder der Kanton am Zug.

Im Zugersee hat es zu viel Phosphor. Darüber sind sich alle einig. Bund, Kanton und auch die Zuger Bauern, die durch das Düngen ihrer Felder nicht unwesentlich zur Konzentration des Stoffes im grössten Gewässer des Kantons beitragen. Der Phosphorgehalt im Zugersee liegt derzeit bei 80 Milligramm pro Kubikmeter, erlaubt wären laut Bundesgesetz aber lediglich 30 Milligramm.

Diesen Frühling lag eine Verbesserung der Situation in Griffnähe. Der Regierungsrat gab dem Bauernverband Zug die Möglichkeit, bis Ende 2021 ein Projekt auszuarbeiten, welches die Einspeisung von Phosphor in den Zugersee reduziert. Dieses sah verschiedene Massnahmen in den Bereichen Feldbau, Hofdüngermanagement, bauliche Massnahmen sowie in Bildung und Beratung vor.

Im Gegenzug wollte der Kanton darauf verzichten, einen Perimeter festzulegen, der zum hydrologischen Einzugsgebiet des Sees gehört, aus welchem Wasser in diesen fliesst. Würde der Kanton dies hingegen tun, müssten die Bauern in diesem Gebiet dafür sorgen, dass von ihren Betrieben weniger Gülle in den See gelangt. Ungefähr 25 bis 30 Landwirtschaftsbetriebe müssten folglich entweder die Anzahl Nutztiere reduzieren oder einen guten Teil ihres Hofdüngers so loswerden, dass er nicht in den See gelangt (zentralplus berichtete).

Entwicklungen in Bern führen zu Verunsicherung

Doch jetzt schmeissen die Bauern den Bettel noch vor dem Abschluss des Projekts hin und es bleibt vorläufig alles beim Alten. Dies teilt der Kanton Zug mit: «Die Bereitschaft der Landwirte im Einzugsgebiet des Zugersees, das Projekt mitzutragen, war gross. Jedoch stellten die Anforderungen bezüglich Zielerreichung der Phosphorreduktion, die zeitliche Umsetzung sowie die finanziellen und rechtlichen Risiken die Projektleitung des Bauernverbandes vor zu grosse Herausforderungen», heisst es in einer Mitteilung der Baudirektion.

«Uns fehlen bei entscheidenden Punkten die Verbindlichkeiten seitens der Behörden und der Politik.»

Ueli Staub, Geschäftsführer Zuger Bauernverband

Warum machen die Landwirte nun doch nicht Nägel mit Köpfen und ziehen das Gewässerschutzprojekt bis zum Schluss durch? «Uns fehlen bei entscheidenden Punkten die Verbindlichkeiten seitens der Behörden und der Politik», begründet Ueli Staub, Geschäftsführer des Zuger Bauernverbandes, auf Anfrage. Das habe insbesondere mit den politischen Entwicklungen auf Bundesebene zu tun, wo das Pendel im Bereich Umwelt- und Gewässerschutz in Richtung mehr Vorgaben für die Landwirtschaft ausschlage.

So habe das Parlament in Bern eine Vorlage angenommen, die eine bedeutende Reduktion der sogenannten Nährstoffverluste fordert. «Dies wird den Druck auf den Kanton weiter erhöhen, den Gewässerschutzbereich definitiv festzulegen.» Das Problem aus Sicht der Zuger Bauern: Es würde dadurch eine Bestimmung in der Direktzahlungsverordnung zur Anwendung kommen, wonach Betriebe nur noch 80 Prozent der anfallenden tierischen Ausscheidungen auf den bewirtschafteten Flächen ausbringen dürfen.

«Auf einem mittelgrossen Betrieb fallen im Jahr bis zu einer Million Liter verdünnte Gülle an. 20 Prozent davon auf andere Höfe zu verschieben, würde einen hohen Aufwand bedeuten», schildert Staub das Problem. «Mit unserem Projekt wollten wir dem Kanton eine Alternative anbieten, die von den betroffenen Betrieben unterstützt wurde.»

Bauern können keine Versprechen abgeben

Und weiter: «Vor dem Hintergrund, dass die rechtlichen Bestimmungen für die Landwirtschaft in zwei bis drei Jahren wohl strenger werden, wollen wir die betroffenen Betriebe nicht mit dem Aufwand eines solchen Projekts belasten und riskieren, dass in wenigen Jahren trotzdem ein Gewässerschutzbereich ausgeschieden wird und noch zusätzlich strengere Vorgaben von Bundesbern kommen.»

Mit dem eigenen Projekt habe man praktische Lösungen fördern wollen. Dazu gehörten zum Beispiel die Veredelung der Gülle oder die Trennung von Fest- und Flüssigstoffen. Durch Letzteres würde laut Staub weniger Phosphor in die Gewässer gelangen. «Solche Ansätze hätten wir gegenüber dem Zwang, weniger Gülle zu produzieren und einzusetzen, klar bevorzugt», sagt Staub. 

«Wir können als Verband nur Schätzungen auf den Tisch legen.»

Ueli Staub

Gegen die Verschmutzung des Zugersees muss der Kanton konkret etwas unternehmen. Aber auch hier ortet Staub ein grundsätzliches Problem in der Politik. «Eine Regierung und ein Parlament verlangen auch auf Kantonsebene klare Resultate und Verbindlichkeiten und lassen sich nicht mit Versprechungen abspeisen, dass man die Herausforderungen mit praktischen Lösungen angeht», sagt Staub.

Solche Verbindlichkeiten könne man wiederum vonseiten der Zuger Landwirtschaft nicht in gewünschter Form machen. «Wir können als Verband nur Schätzungen auf den Tisch legen, in welchem Umfang und in welchem Zeitraum wir Phosphor reduzieren können. Und wir haben bereits viel Ressourcen in entsprechende Projekte investiert.» Zwei Vorschläge sind vom Bund jedoch zweimal abgelehnt worden. «Deshalb legen wir unsererseits einen Marschhalt ein», begründet Staub. 

Kanton will vorwärtsmachen

Ein gemeinsames Projekt des Bauernverbands und den kantonalen Behörden wird es also vorerst nicht geben. Trotzdem wolle der Bauernverband keinesfalls die Zusammenarbeit bezüglich Seesanierung mit der Baudirektion abbrechen, betont Ueli Staub. Es solle auch weiterhin zusammen mit den Behörden nach einer vertretbaren Lösung für beide Seiten gesucht werden.

Staub ist sich gleichzeitig bewusst, dass es bei einer Festlegung eines Gewässerschutzbereichs durch den Kanton Härtefälle gäbe. «Wir wollen darum wissen, wie man mit diesen Betrieben umgehen wird», sagt Staub. Der Kanton könne bis dahin bei der Seesanierung aber selber und unabhängig des Projekts seitens der Bauern aktiv werden, da es sich beim erhöhten Phosphorgehalt vor allem um Altlasten handle.

Lösungen könnten in der weiteren Zusammenarbeit zwischen dem Zuger Bauernverband und dem Kanton gefunden werden, die der Kanton angekündigt hat. «Welche Massnahmen zur Reduktion des Phosphorgehalts im Zugersee konkret zum Tragen kommen, wird im Rahmen eines Sanierungsprojekts zeitnah geprüft und danach definiert», schreibt die Baudirektion.

Wichtig werde dabei sein, dass die Erfahrungen der Sanierungsprojekte der Mittellandseen sowie das laufende Agrarpaket 2021 des Bundes mit dem darin enthaltenen Absenkungspfad für Nährstoffe berücksichtigt werden. Die Projektentwicklung erfolge in enger Zusammenarbeit mit dem Zuger Bauernverband und weiteren Betroffenen.

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