Luzern prüft flexiblere Ladenöffnungszeiten

Profitieren bald mehr Geschäfte vom «Touristenbonus»?

Die Luzerner Altstadt verliert immer mehr an Attraktivität für die Einheimischen.

(Bild: jav)

Touristisch orientierte Geschäfte dürfen ihre Ladentür auch am Sonntag öffnen. Die Stadt prüft, ob sie diese Ausnahmeregelung grosszügiger interpretieren und so die Ladenöffnungszeiten flexibler gestalten kann. Das soll dem «Lädelisterben» entgegenwirken – das laut Stadtrat aber weniger dramatisch ist, als oft behauptet wird.

Das Klagelied des Detailhandels erklingt auch in Luzern. Kaum ein Monat scheint zu vergehen, in dem nicht eine Metzgerei, eine Papeterie oder eine Boutique schliessen muss. Und mit dem Shoppingtempel Mall of Switzerland in Ebikon hängt ein vermeintliches Damoklesschwert über dem städtischen Gewerbe, das mit der bevorstehenden Eröffnung im November immer näher rückt.

CVP-Grossstadtrat Albert Schwarzenbach wollte vom Stadtrat wissen, was er «gegen das Lädelisterben» unternehme. Doch dieser zeichnet ein deutlich milderes Bild als der CVP-Politiker. «Die Lage ist nicht so dramatisch und der Branchenmix nicht so einseitig, wie man das immer wieder heraufbeschwört», sagt Stadträtin Franziska Bitzi Staub (CVP) und verweist auf die Unternehmensstatistik des Bundes (siehe Tabelle am Textende).

So sind 2011 bis 2014 im städtischen Detailhandel unter dem Strich lediglich sieben Geschäfte und rund 70 Arbeitsplätze verloren gegangen. Allerdings spielt stark hinein, dass die vom Tourismus geprägte Uhren- und Schmuckbranche kräftig zugelegt und so die Rückgänge in anderen Zweigen kompensiert hat. Trotzdem kommt der Stadtrat zum Schluss, die Branche sei insgesamt sehr stabil.

Wichtig für das Stadtbild

In der öffentlichen Wahrnehmung hingegen prägen die Familienunternehmen das Bild, die nach Jahren oder gar Jahrzehnten das Handtuch werfen müssen – wie beispielsweise die Metzgerei Kauffmann, das Modehaus Kofler oder die Rigi-Apotheke am Grendel. Das streitet Bitzi Staub nicht ab. «Wir bedauern solche Verluste natürlich, aber insgesamt leidet Luzern nicht unter einem massiven Lädelisterben.»

Zurücklehnen und abwarten also? Nein, denn für das Stadtbild und das Ambiente sind die Einkaufsgeschäfte zu wichtig, als dass der Stadtrat sie links liegen lassen könnte. Zudem zähle der Detailhandel mit seinen 7’000 Arbeitsplätzen nach dem Gesundheitswesen zu den wichtigsten Arbeitgebern der Stadt. Kurz: Der Stadtregierung ist nicht egal, was in dieser Branche passiert (siehe Box).

Einen Hebel, den der Stadtrat in Bewegung setzen will, sind die Ladenöffnungszeiten. Dass Bitzi Staub längere Öffnungszeiten präferiert, tat sie bereits im März kund (zentralplus berichtete). Allerdings gibt es einen Haken: Obwohl Luzern zu den restriktivsten Kantonen gehört, ist eine Flexibilisierung in den letzten Jahren mehrmals an der Urne gescheitert. Für den Stadtrat ist deshalb klar, dass eine generelle Verlängerung chancenlos ist.

Stadt sorgt für die Kulisse

Der Erfolg von Unternehmen liege nicht in der Hand des Staates, schreibt der Stadtrat auf die Interpellation von Albert Schwarzenbach (CVP) zum Thema Lädelisterben. Die Stadt könne lediglich die Rahmenbedingungen für den Detailhandel optimal gestalten. Entsprechend hält der Stadtrat keine Wundermittel parat, sondern setzt auf gute Erschliessung mit Fussgängerzonen und öffentlichen Parkplätzen, auf die bessere Vermarktung der Vorteile gegenüber dem Onlinehandel und Shoppingzentren und auf ein ansprechendes Ambiente, Stichwort Aufwertung der Innenstadt (wie das aussehen könnte, lesen Sie hier). «Wer länger bleibt und sich wohlfühlt, ist eher geneigt, allfällig geplante oder spontane Einkäufe zu tätigen», begründet der Stadtrat.

Bald mehr Ausnahmen?

Eine Möglichkeit wäre demnach, bei den Ausnahmeregelungen grosszügiger zu werden. Heute gilt: Touristen-Shops dürfen ihre Produkte auch am Sonntag und spätabends noch verkaufen. Das kantonale Ruhetags- und Ladenschlussgesetz sieht vor, dass Gemeinden speziell auf den Tourismus ausgerichteten Verkaufsgeschäften gestatten, länger offen zu halten. Davon profitieren in der Stadt Luzern zurzeit rund 35 Geschäfte. Doch der Interpretationsspielraum dieser Klausel ist gross – und gab zu reden, als ein entsprechendes Gesuch von Manor vor einem Jahr abgelehnt wurde.

Nun hat die Stadt ein Gutachten eingeholt, das laut Bitzi Staub zurzeit von einer Arbeitsgruppe der Verwaltung analysiert werde. «Der rechtliche Handlungsspielraum liegt vor. Nun prüfen wir, welche Elemente davon wir umsetzen könnten.» Dass dies das Geschäft ankurbeln kann, zeigt sich an den Bahnhöfen, wo insbesondere Lebensmittel-Shops jenseits der normalen Öffnungszeiten enormen Umsatz machen.

«Es ist ein Element», begründet Bitzi Staub und räumt zugleich ein, dass die eher restriktiven Ladenöffnungszeiten nicht der Hauptgrund für Geschäftsaufgaben seien. «Aber wir möchten die Rahmenbedingungen so weit lockern, dass Unternehmen die Chancen nutzen können, die sie für sich sehen.» Ob in Zukunft der Manor auch sonntags geöffnet sein wird, weiss auch Bitzi Staub nicht. Welche Geschäfte unter eine neue Auslegeordnung fallen könnten, sei noch offen.

Die verschiedenen Zweige der Detailhandelsbranche entwickeln sich unterschiedlich:

 

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