Plötzlich sorgt Luzerns grösstes Windrad für eine Sensation
Das grösste Windrad des Kantons hat im vergangenen Jahr Rekordzahlen geschrieben, wie exklusive Daten zeigen. In Kürze darf der Luzerner Souverän entscheiden, ob der Bau solcher Windräder erleichtert wird.
Seit 2013 drehen sich die Rotorblätter der Windkraftanlage auf der Anhöhe Lutersarni im Entlebuch. Die Betreiberin CKW, eine Tochter der Stromproduzentin Axpo, sagt, das 120 Meter hohe Windrad sei eine Erfolgsgeschichte. Sie kann das mit neuesten Betriebszahlen belegen. Im Winterhalbjahr übertrifft die Produktion die Erwartungen bei Weitem.
Drei Windräder gibt es im Kanton Luzern – das grösste steht in Lutersarni. Negative Effekte auf die Umwelt – wie sie Gegner von Windkraft fürchten – seien dort nicht bekannt, versichert CKW-Mediensprecher Christoph Hug auf Nachfrage. Pferde würden neben dem Windrad grasen, Wildvögel die Rotorblätter umfliegen.
Im Winter ist das Windrad besonders effizient
Der Betrieb ist dagegen sehr erfolgreich. Seit Beginn vor elf Jahren hat die Anlage knapp 30 Gigawattstunden (GWh) Strom hergestellt. Das zeigt eine Analyse der monatlichen Produktionsdaten, welche die CKW zentralplus zur Verfügung gestellt hat.
Insgesamt sei das 20 Prozent mehr Strom, als die CKW auf Basis der Windmessungen vor dem Bau des Windrads erwartete, sagt Hug. «Im vergangenen Jahr hat die Anlage in Lutersarni sogar Rekordzahlen geschrieben.» Rund 3,9 GWh produzierte die Anlage zwischen Oktober 2023 und September 2024.
Zwei Drittel des Stroms produziert das Windrad im Winterhalbjahr und davon mehr als die Hälfte in den Nächten. Im Hochsommer blieb die Stromproduktion dagegen leicht hinter den Erwartungen zurück, wie mehrjährige Durchschnittswerte zeigen. Windenergie sei somit die perfekte Ergänzung zur Solarenergie, schlussfolgert Hug. Denn Photovoltaikanlagen sind im Sommer effektiver.
Etwa 850 Vierpersonenhaushalte konnte das CKW-Windrad im vergangenen Jahr mit Strom versorgen. Es soll nicht das einzige des Unternehmens bleiben. Vier Windparkprojekte sind in Planung. In Willisau sowie Reiden/Pfaffnau seien die Windmessungen fast abgeschlossen, in Ruswil hätten die Messungen im Juni gestartet. Und in Grosswangen sei bereits das Land gesichert und breit informiert worden, erläutert der Firmensprecher.
Luzern stimmt über Windenergie ab
Auch der Kanton Luzern will Windkraft fördern und ruft daher am 24. November an die Urne. Bei der Anpassung des Planungs- und Baugesetzes (PBG) geht es – neben einer neuen Pflicht für E-Auto-Ladestationen und griffigeren Regeln beim klimaangepassten Bauen – vor allem um den Ausbau von Windenergie.
Beim Bau von grossen Windkraftanlagen soll künftig das kantonale Plangenehmigungsverfahren zur Anwendung kommen, wenn eine durchschnittliche Jahresproduktion von 10 GWh Strom geplant ist. Das Verfahren ist beim Kanton angesiedelt und lässt weniger Möglichkeiten zur Einsprache zu. Der Bund nutzt solche Verfahren für den Bau von Flughäfen, Autobahnen oder Gleisanlagen.
Die Regierung und das Mehr der Parteien befürworten die Vorlage. Heute müssten sich Gerichte häufig mehrfach mit gleichlautenden Einsprachen beschäftigen, argumentiert das Pro-Komitee. So etwas wäre in Zukunft nicht mehr nötig. Einzig die SVP fürchtet einen Abbau von Bürgerrechten und Gemeindeautonomie und hat das Referendum ergriffen. Daher muss nun das Volk entscheiden.
Kanton Luzern will Windenergie stark ausbauen
Dass der Bau von Windrädern schneller gehen soll, geht auf ein ehrgeiziges Ziel zurück. Luzern hat sich vorgenommen, dass bis 2050 etwa 30 bis 60 Windenergieanlagen auf Kantonsgebiet gebaut werden. Sie sollen jährlich bis zu 250 GWh Strom produzieren. Zum Vergleich: Heute gibt es in der ganzen Schweiz gerade einmal 40 Anlagen mit insgesamt 50 Windrädern.
Insgesamt 22 Gebiete hat der Kanton daher für Windkraftanlagen im Richtplan ausgewiesen (zentralplus berichtete). Doch vom Bau ist man weit entfernt. Neben Lutersarni gibt es lediglich zwei weitere Windräder, direkt nebenan in Feldmoos. Die von einem Landwirt initiierte Anlage produziert Strom für bis zu 600 Haushalte. Andere Projekte auf dem Linden- und dem Stierenberg sind wegen lokaler Gegnerschaften seit Jahren verzögert.
Planung von Windrädern bleibt aufwendig
CKW-Sprecher Christoph Hug ist überzeugt, dass die Einführung des kantonalen Plangenehmigungsverfahrens «langwierige Verfahren» beschleunigen könne. Gemäss Medienberichten können zwischen Projektierungsbeginn und Bau heute bis zu 20 Jahre vergehen. Hug betont aber auch, dass die Planung von Windparks aufwendig bleibe.
Er erläutert, warum: Erst müsse Land gesichert werden. Dann werde geprüft, ob Zufahrtswege für den Bau vorhanden seien. Anschliessend würden Windmessungen für mindestens ein Jahr, ein Windgutachten sowie eine ausführliche Umweltverträglichkeitsprüfung folgen. Erst dann beginne der politische Prozess inklusive Baugesuch.
Diesen beim Kanton anzusiedeln, wo Expertinnen einen Überblick über alle kantonalen Windparkprojekte haben, hält der CKW-Sprecher für sinnvoll. Dennoch: «Seriöse Abklärungen sind nach wie vor notwendig, und es gibt keine Abstriche bei der Umweltverträglichkeit.» Diese Arbeit kostet Zeit – Zeit, die eigentlich nicht vorhanden ist, wenn der Kanton Luzern seine ehrgeizigen Ausbauziele in der Windkraft rechtzeitig erreichen will.
hat Politikwissenschaften, Philosophie und Wirtschaft studiert und an der Universität Luzern zur Mobilität von Gesetzen geforscht. Seit 2022 bei zentralplus, zuständig für die Ressorts Bauen&Wohnen und Verkehr&Mobilität. Parallel absolviert er die «Diplomausbildung Journalismus» am MAZ Luzern.
Mich würden die Argumente der lokalen Gegnerschaften der geplanten Projekte interessieren. Dann könnte man bei der Anlage Lutersarni vergleichen ob sich diese Befürchtungen bestätigen oder nicht.