Ältester Luzerner Plattenladen

Old Town Store: Das ist der Neue

Adrian Seeberger feels good: Er übernimmt den Luzerner Musikladen «Old Town Store». (Bild: bra)

Adrian Seeberger übernimmt den ältesten Musikladen der Stadt und tritt die Nachfolge von «Old Town»-Legende Erich Rothacher an. Der 47-jährige Informatiker erklärt gegenüber zentral+, was er mit dem Kultladen vorhat. 

Musikfans aufgepasst: Am 1. November ist es so weit. Das altehrwürdige Luzerner Musikgeschäft Old Town Store wechselt den Besitzer. Der Gründer und die Koryphäe auf seinem Gebiet, Erich Rothacher, gibt sein Lebenswerk an den 47-jährigen Adrian Seeberger weiter. Es war Rothachers Wunsch, dass sein Laden an der Hertensteinstrasse 64 nach der Pensionierung von einer kompetenten Fachperson weitergeführt wird. So wie das nun aussieht, passt es: Beim Geschäftsführer in spe flammt die gleiche Leidenschaft für Musik wie beim alten Herrn.  

Dank Blog gut vernetzt

Der neue Geschäftsführer ist kein Unbekannter und hat offenbar ebenfalls eine Ahnung vom Metier. Adrian Seeberger betreibt seit 2006 den Schweizer Musikblog «wazz-up?», eine nach Kennern einflussreiche Stimme in der deutschsprachigen Musikwelt. «Hier besteht ein direkter Draht zu Künstlern und vor allem auch zu Musiklabels, vorwiegend aus dem deutschsprachigen Raum. Dank einer guten Vernetzung in den sozialen Medien wird der Blog über Twitter, Facebook, Google+ und Co. beachtet», sagt Seeberger. 

«Irgendwann will ich in meinem Leben noch etwas anderes machen»

Seeberger wird den Laden in Zukunft alleine führen. Die langjährige Mitarbeiterin von Rothacher, Priska Vontobel, die gut dreissig Jahre im Old Town Store gearbeitet hatte, geht ebenfalls in Pension. Für die neue Lebensaufgabe hängt Seeberger seinen alten Job per Ende Oktober an den Nagel. Dieser hat so viel wie gar nichts mit Musik zu tun.

Für die Steuersoftware zuständig

«Irgendwann will ich in meinem Leben noch etwas anderes machen», sagt Seeberger zu seiner Motivation. Seit 1989 arbeitet er bei der kantonalen Steuerverwaltung in Zug; anfänglich als Kanzleisekretär in der Abteilung Verrechnungssteuer, seit 2000 als Informatiker. «Hauptsächlich bin ich für die Produktionsplanung und -steuerung der Steuersoftware zuständig.» Als Projektleiter führe er zudem ein kleines Team für die Weiterentwicklung der elektronischen Steuererklärung.  

Seine Liebe zur Musik habe Seeberger stets begleitet. In den letzten drei Jahren arbeitete er in seiner Freizeit vermehrt als DJ. 2013 und 2014 legte er wöchentlich in der WAHU!-Bar in der Galvanik in Zug auf. «So habe ich jeweils die auftretenden Live-Bands kennengelernt und es sind viele Kontakte mit Künstlern entstanden. Und natürlich bleibt man dadurch musikalisch am Puls der Zeit», sagt er. 

«Ich kremple den Laden nicht komplett um.»

Überdies ist Seeberger leidenschaftlicher Tänzer und Vorstandsmitglied im Trägerverein «the dance company». «Ich tanze seit 1987 mit viel Herzblut und habe viele grosse Aufführungen im Theatercasino Zug mitorganisiert.» Dabei war Seeberger oft für die PR und das Marketing zuständig. «Meistens habe ich zudem die Musikberarbeitung für den Soundtrack der Tanzprojekte gemacht.»

Wie sein Vorgänger: Er steht auf Rock

Wird Seeberger nun das Sortiment des Old Town Store umkrempeln? Das Geschäft konnte sich in seiner jüngeren Geschichte stets durch ein ausgesuchtes alternatives Sortiment vom Durchschnittsladen abheben. Vieles war mit Nischenprodukten auf eine langjährige Kundschaft zugeschnitten.  

Seeberger verneint. «Ich kremple den Laden nicht komplett um. Aber bestimmt werde ich die Regale vermehrt mit Platten bestücken. Das geschieht allerdings dann nicht von heute auf morgen.» Auch die Preise wolle er nicht anheben, die immer etwas günstiger waren als bei der Konkurrenz.

«Ich will das Plattenangebot massgeblich vergrössern»

Sein Herz schlage vor allem für Rockmusik in jeder Facette. «Es gibt keine Musik, die ich per se ablehne. Wenn sie aber aus den Rock-Ecken kommt, bin ich ganz bestimmt dafür zu begeistern.» Auch World Music könne für ihn interessant sein. Sein Sortiment werde in diesem Genre wahrscheinlich nicht so breit sein wie das von seinem Vorgänger. 

Vinyl wird ausgebaut

Wie schätzt Seeberger seine geschäftlichen Erfolgschancen ein? Das Geschäft mit dem Tonträgerverkauf serbelt bekanntlich seit Jahren vor sich hin. Bammel vor einem leeren Laden habe er aber nicht. Im Gegenteil. «Was ich in letzter Zeit beobachtet habe, widerspricht der gängigen Meinung», sagt er. «Der digitale Wandel war zwar einschneidend für den Tonträgerverkauf. Die Talsohle ist aber mittlerweile erreicht», meint Seeberger.

Besonders im Vinylbereich könnte der neue Old Town Store sogar bald eine Pionierrolle übernehmen. «Ich will das Plattenangebot massgeblich vergrössern», sagt Seeberger. Plattenläden gibt es in Luzern noch nicht allzu viele. Das Jugendradio 3Fach bietet eine Auswahl, der «Co-Mix Remix» an der Pfistergasse oder «Music & Art» an der Dornacherstrasse. «Die Schallplatte ist heute nicht mehr nur ein Sammlerobjekt. Die Verkaufszahlen steigen kontinuierlich.»

Laut dem nationalen Branchenverband wurden 2014 in der Schweiz 80 Prozent mehr Vinyl-Scheiben verkauft als im Vorjahr. Der Markt ist aber noch immer sehr klein. Die Rede ist von 90’000 Schallplatten, die in der Schweiz verkauft wurden.  

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