Die Metall Zug Gruppe in turbulenten Zeiten

«Nichtstun ist riskanter»

Für die Metall Zug Gruppe und deren Firmen war das vergangene Jahr kein einfaches. Dennoch hat die Gruppe grosse Pläne für die Zukunft. (Bild: Christian H. Hildebrand)

Für die Schweizer Wirtschaft war das letzte Jahr kein leichtes. Aus Angst vor massiven Umsatzeinbussen reagierten viele mit Langarbeit. So auch die Metall Zug Gruppe. Hat’s etwas gebracht? Der CEO findet: und wie. 

Am 15. Januar 2015 ging ein lauter Aufschrei durch die Schweizer Industriebranche. Der Euro-Mindestkurs wurde aufgehoben, der Euro verlor massiv an Wert. Nicht wenige Zuger Firmen sind von dieser Massnahme der Nationalbank direkt betroffen. Sowohl Siemens als auch V-Zug reagierten mit längeren Arbeitszeiten, die Siemens in Zug entliess 150 Mitarbeiter. Seither ist gut ein Jahr vergangen. Die Wirtschaftslage ist zwar nicht rosig, aber stabil. Zeit für einen Ausblick mit dem CEO der Metall Zug Gruppe, Jürg Werner.

zentralplus: Letzte Woche hat die Metall Zug Gruppe ihr Jahresergebnis präsentiert. Zwar wies die Gruppe ein leicht höheres Betriebsergebnis aus als im Vorjahr, doch Ihr Konzernergebnis ist um über 33 Prozent zurückgegangen. Wie nehmen Sie dieses Resultat des letzten Jahres auf?

Jürg Werner: Dass das Konzernergebnis so viel tiefer ist, muss man hauptsächlich der aktuellen Lage in den Finanzmärkten anlasten. Diese hat sich negativ auf die Anlageperformance ausgewirkt, während das operative Ergebnis gut war. 

zentralplus: Was hat denn konkret dazu geführt, dass die Metall Zug Gruppe sich dennoch über Wasser halten konnte?

Werner: Insbesondere das gute Resultat im Bereich Wire Processing, also bei der Schleuniger Gruppe, hat dazu beigetragen. Im Geschäftsbereich Haushaltsapparate wurde ein etwas tieferer Umsatz generiert. Zudem konnten wir mit der schnellen Einführung von Massnahmen als Reaktion auf den tiefen Eurokurs letzten Januar – unter anderem mit der Erhöhung der Arbeitsstunden – grössere Gewinneinbussen auffangen.

«Wir lassen uns nicht vom Markt verdrängen.»

zentralplus: Dass sich die Erhöhung der Arbeitsstunden direkt auf die Zahlen auswirkt, ist vermutlich schwierig zu beweisen. Dennoch sagen Sie retrospektiv deutlich, diese Massnahme habe sich gelohnt?

Werner: Diese Anpassung war nötig, um unsere Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, gerade auch in Anbetracht der Einführung einer neuen Produktlinie letztes Jahr. Diese konnten wir dank Mehrarbeit schneller umsetzen. Ausserdem konnten wir mit den Massnahmen auch kurz nach Aufhebung des Euromindestkurses ein Zeichen setzen: Wir lassen uns nicht vom Markt verdrängen.

zentralplus: War diese Mehrarbeit also auch eine psychologische Massnahme gegen aussen, um etwa Aktionäre zu beruhigen und zu halten?

Werner: Ich rede hier nicht unbedingt vom Aktienmarkt, sondern vom Markt generell. Es ging darum, ein Zeichen zu setzen für unsere Kunden, aber auch für unsere Mitbewerber. Wir zeigten: Metall Zug ist hier und bleibt hier. Mit uns muss man rechnen. Gerade für V-Zug war es wichtig, zu zeigen, dass wir uns von der Situation nicht unterkriegen lassen und um unsere Position sowie unseren Marktanteil kämpfen werden.

«Mehrarbeit bringt Zuversicht zum Ausdruck.»

zentralplus: Mehr arbeiten für gleich viel Geld. Das dürfte die wenigsten Mitarbeiter begeistert haben. Bergen solche Massnahmen nicht auch ein Risiko, dass man seine Mitarbeiter vergrault?

Zur Metall Zug Gruppe

Metall Zug ist eine konzernmässig geführte Gruppe von Industrieunternehmen mit Hauptsitz in Zug. Sie umfasst die drei Geschäftsbereiche Haushaltsapparate (V-Zug AG, V-Zug Kühltechnik AG, SIBIRGroup AG, Gehrig Group AG), Infection Control (Belimed Gruppe) sowie Wire Processing (Schleuniger Gruppe). Die Metall Zug Gruppe beschäftigt rund 3800 Mit­arbeitende.

Werner: Es gibt grundsätzlich drei Möglichkeiten, wie man als Arbeitgeber in einem solchen Fall reagieren kann. Mit Kurzarbeit, mit Mehrarbeit oder mit Entlassungen. Und sowohl bei Entlassungen wie auch bei Kurzarbeit macht sich Verunsicherung breit. Denn mit Kurzarbeit zeigen sie deutlich, dass zu wenig Arbeit da ist. Für den Vater, der seine Familie durchbringen muss, bedeutet das Unsicherheit und eine Lohneinbusse. Mehrarbeit dagegen bringt Zuversicht zum Ausdruck. Die meisten der Mitarbeiter sind daher sehr engagiert und können nachvollziehen, warum sie diesen Sondereinsatz leisten mussten. Gerade im Fall des Haushaltsbereichs geht es ja darum, unseren Marktanteil zu verteidigen und damit auch unsere Arbeitsplätze in der Schweiz. Ich denke, das haben die Leute auch eingesehen. Seit Ende Februar dieses Jahres gelten die langen Arbeitszeiten übrigens nicht mehr.

zentralplus: Die Krise im Industriesektor ist dennoch nicht vorbei. Wie geht es bei Ihnen nun strategisch weiter?

Werner: Nein, es ist nicht einfach vorbei. Wir können uns nicht zurücklehnen. Jetzt ist es erst mal wichtig, dass wir unsere Position festigen. Dank den Massnahmen, die wir letztes Jahr ergriffen haben, können wir in diese Richtung weitergehen.

zentralplus: Über 90 Prozent des Umsatzes im Haushaltsbereich wird innerhalb der Schweiz generiert. Daher spielt die Frankenstärke auf den ersten Blick ja kaum eine Rolle. Warum haben Sie trotzdem Anpassungen vorgenommen, bezüglich der Arbeitszeit etwa?

Werner: Doch, natürlich spielt der starke Franken auch für uns eine Rolle. Denn kaum fiel der Mindestkurs, haben unsere Mitbewerber ihre Preise gesenkt. Dadurch stieg für uns der Wettbewerbsdruck massiv. Das ist vielleicht auch ein Missverständnis, das von den Medien mitgetragen wurde: die Idee, dass nur Exportfirmen vom starken Franken betroffen sind. Aber sehen Sie, unsere europäischen Mitbewerber profitierten von der Entwertung des Euros. Sie rechnen in Euro und können ihre Preise darum ohne Ertragseinbussen reduzieren. Und nochmals zur Präzision. Zwar macht der Haushaltsbereich seinen Umsatz grösstenteils in der Schweiz. Bei der gesamten Metall Zug Gruppe sind es jedoch nur 61 Prozent, die in der Schweiz generiert werden.

zentralplus: Die V-Zug hat ja riesige Investitionspläne in der Stadt. Geplant ist bis 2033 ein riesiger Technologie-Cluster. Dafür soll ein dreistelliger Millionenbetrag investiert werden. Warum macht man quasi das Gegenteil davon, was Siemens macht, sprich, man investiert vor Ort und lagert nicht aus?

Werner: Wir wollen der V-Zug eine Zukunft ermöglichen und der Firma ein Kleid geben, in dem sie atmen und konzentriert wachsen kann. Mit dem geplanten Technologie-Cluster können diverse Synergien genutzt werden, so etwa bei den Laboren. Im derzeit entstehenden Neubau etwa teilt die Belimed Laborräume mit der V-Zug. Auch beim Thema Spülen kann stärker zusammengearbeitet werden, weil das Thema sowohl im Bereich Gastronomie als auch Medical oder Haushalt vorkommt.

«Davon lebt der Kanton Zug: Von der Vernetzung verschiedener Branchen, die sich gegenseitig befruchten.»

Aber nicht nur gegen innen, sondern auch gegen aussen wollen wir die Zusammenarbeit fördern. Wir wollen quasi als Innovations-Katalysator fungieren, bei dem verschiedenste Firmen teilhaben können und von dem auch etwa Hochschulinstitute und Start-ups profitieren. Denn davon lebt der Kanton Zug: Von der Vernetzung verschiedener Branchen, die sich gegenseitig befruchten. Zudem findet eine Verdichtung statt. Die V-Zug braucht weniger Grundfläche, was letztlich Kosten spart.

(Bild: Christian H.Hildebrand)

zentralplus: Dadurch, dass auf so lange Zeit hinaus geplant wird, geht die Metall Zug Gruppe jedoch auch ein Risiko ein.

Werner: Natürlich ist das ein Risiko. Aber das hat schliesslich jedes Unternehmen. Es ist wichtig, dass wir agil handeln und nicht stur an Altem festhalten. Auch wenn es die einfachere Lösung ist. Nichtstun ist riskanter. Ausserdem haben wir die Situation bis jetzt immer gemeistert, obwohl die Metall Zug Gruppe kleiner ist als andere internationale Konzerne.

zentralplus: Sie haben vorhin die Belimed AG erwähnt. Diese ist ja quasi das Sorgenkind der Metall Zug Gruppe. Im September schlossen Sie deren Produktionsstandort Ballwil. Wo steht die Firma heute?

Werner: Ballwil wird erst per Ende Jahr geschlossen. Rund 100 Personen werden in Zug weiter beschäftigt. Noch läuft also der Standort Ballwil teilweise. Daher ist es noch zu früh, um zu sagen, wie viele Leute schliesslich intern oder extern eine neue Stelle finden, wie viele eine andere Stelle finden und wie viele allenfalls entlassen werden müssen.

zentralplus: Die Belimed hat 2015 knapp 13 Millionen Franken Verlust gemacht. Das ist fast gleich viel wie im Jahr zuvor. Warum sollte sich das ändern?

Werner: Uns war klar, dass wir 2015 Verluste schreiben würden, da wir mitten in der Restrukturierung waren und dies Kosten nach sich zieht. Auch 2016 werden wir aus diesem Grund noch rote Zahlen schreiben. Nächstes Jahr rechnen wir jedoch damit, dass sich diese Farbe aufgrund der umgesetzten Restrukturierungsmassnahmen ändert.

zentralplus: Wäre es nicht einfacher gewesen, die Firma abzustossen?

Werner: Klar, es gibt immer einfachere Wege. Doch die Belimed bewegt sich in einem sehr interessanten Markt. Insbesondere die Gebiete Spital-Gesundheit und Infektionsbekämpfung sind in der heutigen Zeit wichtig. Das ist ein grosser Zukunftsmarkt. Ausserdem sind wir der Meinung, dass Beat Spalinger, der die Leitung der Belimed 2014 übernommen hat, mit der Restrukturierung einen guten Job macht.

zentralplus: Wo liegt denn überhaupt das Problem bei der Belimed?

Die Belimed hat eine harzige Akquisitionsphase hinter sich. Letztlich gab es Probleme mit der Integration und damit, dass die Einheiten nicht richtig zusammenwuchsen. Die Etablierung einer gemeinsamen Kultur und eines gemeinsamen Verständnisses ist deshalb wichtig. Auch diesbezüglich sind wir zuversichtlich.

«Es ist schwierig, in andere Märkte einzudringen, denn dort wartet niemand auf V-Zug.»

zentralplus: Wie will sich die Metall Zug Gruppe künftig positionieren?

Werner: Ein wichtiges strategisches Ziel ist es, unsere Marktstärke zu festigen. V-Zug als grösster Umsatzträger der Gruppe ist dafür sehr wichtig. Mit ihr wollen wir noch stärker in den internationalen Markt eindringen. Das ist schwieriger als ursprünglich gedacht. – Gleichzeitig dürfen wir jedoch die Schweiz als unseren Hauptmarkt nicht vergessen. Hier sind wir Marktführer.

zentralplus: Fuss zu fassen auf internationaler Ebene, ist schwieriger als gedacht? Inwiefern?

Werner: Mittlerweile sind wir in etwa 20 Ländern vertreten. Doch es ist schwierig, in andere Märkte einzudringen, denn dort wartet niemand auf V-Zug. Dort positionieren wir uns zudem nur im absoluten Premium-Segment. Und das wiederum ist eine langfristige Aufgabe, das braucht Aufbauarbeit, die eine gewisse Zeit braucht.

 

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