Stadt und Kanton wehren sich gegen mehr Flüge

Nein, danke: Patrouille-Suisse in Luzern unerwünscht

Stadtrat Adrian Borgula sagt, wieso Übungsflüge der Patrouille Suisse in Luzern nicht goutiert werden.

(Bild: Bildmontage zentralplus)

Übungsflüge der Patrouille Suisse sollen nicht mehr über Stadtgebiet stattfinden. Zumindest wenn es nach dem Stadtrat geht. Er will sich für weniger Flüge starkmachen. Doch sein Einfluss ist beschränkt. Auch der Kanton macht gegen zusätzlichen Fluglärm mobil.

Sie schnellen synchron über Berggipfel und vollziehen atemberaubende Manöver, sie dröhnen und heulen: die rotweissen Flieger der Patrouille Suisse. Die Schweizer Kunstflugstaffel gilt für manche als Schweizer Aushängeschild. Doch in Luzern stossen die Flüge der Patrouille Suisse auf wenig Gegenliebe. Das weiss man spätestens, seit der Stadtrat 2014 eine geplante Flugshow am Luzerner Fest verbot (zentralplus berichtete).

Nun äussert sich die Stadtregierung auch «sehr skeptisch» gegenüber den Trainings der Kunstflugstaffel, die über der Agglomeration stattfinden. Der Stadtrat will seinen Einfluss nutzen, um die Zahl der Übungsflüge der Patrouille Suisse im Raum Luzern zu reduzieren. Das schreibt er in seiner Antwort auf ein Postulat von SP, Grünen und Grünliberalen. Die drei Fraktionen verlangten einen Stopp der Flüge, nachdem im Juni 2016 ein Tiger-F5 der Patrouille Suisse bei einem Trainingsflug in Holland abstürzte (zentralplus berichtete).

«Wenn sich ein Unfall über einem dicht besiedelten Raum wie der Stadt Luzern ereignet, sind die Folgen viel verheerender, als wenn das über unbesiedeltem Gebiet passiert», begründet der zuständige Stadtrat Adrian Borgula (Grüne) die Haltung der Regierung. Die Sicherheit ist indes nur ein Aspekt, hinzu kommt das Getöse der Flieger. «Die Lärmbetroffenheit in der Stadt und der Agglomeration ist unbestritten stark.»

Kaum was zu sagen

Der Einfluss der Stadt ist allerdings beschränkt. Für die Luftfahrt ist der Bund zuständig, zudem brauchen Flüge über 300 Meter keine Genehmigung. Dennoch sagt Borgula: «Auch wenn wir rein rechtlich nichts zu sagen haben, wird die Haltung der Stadt wahrgenommen.» Schliesslich seien die Flugbehörden an einer guten Zusammenarbeit mit der Region interessiert. Auch in Emmen ist ein Postulat hängig, das Patrouille-Suisse-Übungsflüge verbieten will. Die Antwort des Gemeinderats steht noch aus.

«Ich bin überzeugt, dass die Mehrheit der Stadtbevölkerung die Belastung durch Trainingsflüge nicht goutiert.»

Adrian Borgula, Stadtrat Luzern

Flugshows über der Stadt sind seit dem Luzerner Fest kein Thema mehr – und dabei bleibt es. Bei erneuten Anfragen für eine Flugshow würde der Stadtrat «gemäss konstanter Praxis» wohl keine Bewilligung erteilen. Und zwar nicht nur für die Patrouille Suisse, sondern generell für ähnliche Veranstaltungen. «Die Lärmquelle am Himmel hat eine andere Dimension als eine am Boden», sagt Borgula. Luzern sei sonst schon viel Lärm ausgesetzt. Die Kunstflugstaffel Patrouille Suisse ist seit 1994 auf dem Militärflugplatz Emmen stationiert.

Noch nie so viele Reaktionen

Doch wie kommt das in der Bevölkerung an? Nach dem Verbot der Flugshow am Luzerner Fest wurde der Stadtrat heftig kritisiert und galt vielerorts als Spassbremse. Adrian Borgula sagt, er habe tatsächlich noch nie so viele Reaktionen erhalten wie damals. Trotzdem glaubt er, mit dem Engagement gegen die Übungsflüge handle der Stadtrat im Sinne der Luzerner. «Ich weiss, dass viele Leute an den Flugstaffeln Freude haben. Aber ich bin überzeugt, dass die Mehrheit der Stadtbevölkerung die Belastung durch Trainingsflüge nicht goutiert.»

Den Flugplatz Emmen oder die Stationierung der Patrouille Suisse stellt der Stadtrat nicht grundsätzlich infrage. «Der Flugplatz gehört zur Region und selbstverständlich ist die Ruag eine wichtige Arbeitgeberin.» Trotzdem werde sich der Luzerner Stadtrat für eine möglichst tiefe Belastung der Bevölkerung einsetzen.

Kanton interveniert ebenfalls

Dazu gehört auch eine Intervention auf Bundesebene. Denn zurzeit geistert in der Zentralschweiz die Sorge umher, dass es über Luzern und Emmen demnächst lärmiger werden könnte. Grund dafür sind die Pläne des Bundes, den Militärflugplatz in Sion zu schliessen – damit dürften sich die lauten Jet-Flüge vom Wallis auf die drei verbleibenden Militärflugplätze verschieben, darunter jenen in Emmen.

«Das ist eine grosse Sorge», sagt Adrian Borgula. Der Stadtrat habe im Rahmen der Vernehmlassung zum Sachplan Militär beim Bund verlangt, dass die Flugbewegungen nicht erhöht werden.

Die PC-21 ist ein beliebtes Trainingsflugzeug für Luftwaffenpiloten.

Die PC-21 ist ein beliebtes Trainingsflugzeug für Luftwaffenpiloten.

(Bild: zVg)

Dasselbe hat der Luzerner Regierungsrat getan, wie er diesen Dienstag mitteilt. «Luzern fordert vom Bund, dass die Lärmbelastung in Emmen und den umliegenden Gemeinden nicht zunimmt», schreibt die Regierung. Zur geplanten Schliessung des Flugplatzes Sion äussert sich der Kanton kritisch.

Katalog von Forderungen

Grundsätzlich befürwortet der Kanton Luzern zwar, dass der Bund am Flugplatz Emmen festhält. Doch die Lärmbelastung dürfe nicht grösser werden. Das heisst: Die aktuellen Flugbetriebszeiten inklusive der minimalen Pistensperre von vier Wochen im Sommer sollen eingehalten werden. Der Flugbetrieb soll ausserdem zusätzlich während mindestens zwei Wochen reduziert werden.

Der Kanton erwarte zudem eine zurückhaltende Bewilligungspraxis für Jet-Flüge ausserhalb dieser Zeiten. Wenn Emmen mehr Flüge abwickeln muss, dann laut dem Kanton nur, wenn auch die Ausbildungs- und Arbeitsplätze ausgebaut werden. Geht es nach dem Kanton Luzern, soll Emmen weiterhin ein Ausweichflugplatz bleiben. In seiner Stellungnahme nehme er auch die Anliegen der direkt betroffenen Gemeinden Emmen, Eschenbach, Rothenburg, Inwil, Buchrain und Ebikon sowie der Stadt Luzern auf, teilt der Regierungsrat mit.

Aufteilung noch unklar

Zurzeit werden in Sion jährlich rund 3600 Jet-Flüge absolviert – das sind jene der besonders lärmigen Sorte. In Luzern ist man sich sicher, dass eine Schliessung des Flugplatzes Folgen hat für die Zentralschweiz. Nach welchem Schlüssel die Flugbewegungen auf die drei verbleibenden Flugplätze Emmen, Meiringen und Payerne aufgeteilt werden, steht laut dem Regierungsrat allerdings noch nicht fest.

Das Bundesamt für Verteidigung, Bevökerungsschutz und Sport (VBS) sprach Ende November gegenüber zentralplus von «reiner Spekulation und Angstmacherei». Damals wehrte sich der Schutzverband der Bevölkerung um den Flugplatz Emmen (SFE) gegen mehr Fluglärm. Sprecher Renato Kalbermatten hielt damals fest, dass sich die Verlagerung in die Zentralschweiz im kleinen Rahmen bewegen werde, ohne im Detail auf Zahlen einzugehen (zentralplus berichtete).

Zurzeit wird der Sachplan Militär einer Gesamtrevision unterzogen. Das Dokument regelt die Grundsätze der militärischen Standorte und Areale. Die Vernehmlassung dazu endet diesen Dienstag. Der Bundesrat wird voraussichtlich Mitte 2017 über den revidierten Sachplan befinden. Anschliessend sollen die Objektblätter – welche die Details zu den einzelnen Militärflugplätzen regeln – überarbeitet werden. Auch dann dürfte aus Luzern wieder mit Opposition zu rechnen sein.

 

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