Mitarbeiter packt aus: «Es ist ein Schlag ins Gesicht»
Mitarbeiter der Swiss Steel an der Kundgebung der Unia am 7. Dezember in Emmenbrücke. Der Unmut ist noch immer gross. (Bild: Stefan Wermuth)
Trotz des Kampfes der Gewerkschaften und der Stahlarbeiter in den vergangenen Wochen wird Swiss Steel 130 Stellen abbauen. Ein langjähriger Mitarbeiter der Swiss Steel erzählt, wie es ihm mit dem Entscheid geht.
Die Swiss Steel steht erneut im Fokus der Öffentlichkeit. Trotz staatlicher Unterstützung hat das Unternehmen einen Stellenabbau angekündigt (zentralplus berichtete). Ursprünglich war von 80 Entlassungen am Standort in Emmenbrücke die Rede, nun sollen es «nur» 50 sein. Für die Belegschaft ein schwacher Trost. Die Enttäuschung ist gross, die Ungewissheit bleibt.
Einer der betroffenen Mitarbeiter, der schon lange für die Swiss Steel in Emmenbrücke tätig ist, kann die aktuelle Entwicklung kaum fassen. «Die Nachricht von den Entlassungen hat mich ehrlich irritiert», sagt er. «Ich bin davon ausgegangen, dass es wegen der Bundeshilfe keine Entlassungen geben wird», sagt er gegenüber zentralplus. Die Nachricht vom Mittwoch sei für ihn ein Schlag ins Gesicht. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes bleibt der Mitarbeiter in diesem Artikel anonym.
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Von Entlassungen aus den Medien erfahren
Gegenüber zentralplus berichtet er von der schlechten Kommunikation innerhalb der Firma. Er selbst habe von den Entlassungen nur dank der Gewerkschaft Unia erfahren, welche die Belegschaft über verschiedene Kanäle informiert hätte. Einige seiner Kollegen hätten erst aus den Medien davon erfahren. Auch ihn habe ein Nachbar angesprochen, nachdem er im «Blick» davon gelesen hätte, erzählt der anonyme Angestellte. Er sei froh gewesen, dass er zu diesem Zeitpunkt bereits Bescheid gewusst habe.
Swiss Steel weist diesen Vorwurf zurück. Man habe die Belegschaft frühzeitig über die Ergebnisse des Konsultationsverfahrens informiert. Laut Swiss Steel fanden zwei Mitarbeiterversammlungen statt. Diese Sitzungen seien vor der Veröffentlichung der Medienmitteilung abgehalten worden. Zusätzlich sei die Medienmitteilung gleichzeitig im Intranet veröffentlicht worden, um die Belegschaft direkt zu informieren.
Die Entscheidung, wem genau gekündigt wird, ist noch ausstehend. Das löse grosse Unsicherheit aus, erzählt der Angestellte. Bisher sei das Arbeitsklima gut gewesen. Aber er glaube schon, dass der Entscheid vom Mittwoch Einfluss auf die Stimmung in der Firma haben werde. «Jeder will sich schützen. Jeder hofft, dass er nicht gehen muss», erklärt er. Die Unsicherheit sei nicht nur für diejenigen belastend, die eine Familie zu versorgen hätten.
Maulkorb für die Mitarbeiter
Hinzu komme der bereits bestehende Personalmangel. Seit Sommer 2024 gilt bei Swiss Steel ein Einstellungsstopp. «Es ist bisher niemand Neues mehr dazugekommen. Abgänge werden nicht ersetzt», sagt der Swiss-Steel-Mitarbeiter. Dass nun weniger Mitarbeiter gehen müssten, sei auf natürliche Abgänge und Veränderungen in der Organisation zurückzuführen, erklärt das Unternehmen denn auch in seiner Medienmitteilung vom Mittwoch.
Die Swiss Steel soll ihren Arbeitnehmern einen Maulkorb verpasst haben. So hat ein Arbeiter an einer Kundgebung der Gewerkschaft Unia am 2. Dezember zentralplus erzählt, dass er ein Dokument unterschrieben habe, das ihm verbiete, mit der Presse zu reden (zentralplus berichtete). Dies bestätigt nun auch der Mitarbeiter im Gespräch: «Ja, ich habe auch ein solches Dokument erhalten, habe es aber nicht unterschrieben und auch nicht zurückgeschickt.»
Swiss Steel weist auch diesen Vorwurf zurück. Die Firma erklärt auf Anfrage, dass in den Arbeitsverträgen, wie in der Branche üblich, eine Klausel zur Wahrung des Betriebsgeheimnisses enthalten sei. Dies sei jedoch kein explizites Verbot, mit der Presse zu sprechen. Man bedauere es, sollte dies von den Mitarbeitern missverstanden worden sein.
Aufgeben ist keine Option
Am Freitag fand eine Versammlung im Firmenrestaurant auf dem Swiss-Steel-Areal in Emmenbrücke statt. Die Unia traf sich mit den Mitarbeitern der Swiss Steel und den Sozialpartnern, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Sie werfen Swiss Steel vor, die Vorschläge der Personalkommission und Arbeitnehmerverbände im Konsultationsverfahren ignoriert zu haben.
Anstatt den bestehenden Sozialplan mit Frühpensionierungen konsequent umzusetzen, habe sich das Unternehmen für Entlassungen entschieden. Die Mitarbeiter des Werks in Emmenbrücke haben daher einen offenen Brief an Mehrheitsaktionär Martin Haefner verfasst, in dem sie ihn auffordern, bei der Geschäftsleitung zu intervenieren und die Entlassungen zu stoppen. «Veranlassen Sie, dass die geplanten 50 Entlassungen ausgesetzt werden» und «Sorgen Sie dafür, dass das Unternehmen bei den Behörden einen Antrag auf Entlastung bei den Stromnetzgebühren stellt», appellieren sie darin. Ausserdem laden sie Haefner zum Gespräch ins Werk nach Emmenbrücke ein. Ob dieser die Einladung wahrnimmt und ob der Brief etwas bringt, bleibt fraglich.
ist seit Oktober 2024 als Praktikantin bei zentralplus tätig. Als echte Lokalpatriotin liebt sie die Stadt Luzern und schreibt gerne über die Menschen, die hier leben. Sie mag es harmonisch, teilt aber auch gerne aus.