Tourismus

«Mister Lucerne»: Alex Wang ist unser Mann in Shanghai

Alex Wang beantwortet Journalistenfragen. (Bild: Marc Benedetti)

Die Chinesen sind nach Schweizern und Deutschen die wichtigste Gästegruppe der Tourismusregion Luzern-Vierwaldstättersee. Das ist nicht zuletzt das Verdienst eines Chinesen. Alex Wang ist seit zehn Jahren der oberste Promotor der Zentralschweiz in seinem Heimatland. Diese Woche ist er mit Journalisten aus Shanghai in Luzern unterwegs. zentral+ hat ihn getroffen.

Die chinesische Gruppe hat sich im Casino für ein Fotoshooting versammelt. Vor einem Spieltisch sitzt eine bildhübsche junge Asiatin mit Sommerhut und nippt dezent an einem Cüpli. Rund um sie herum wuseln Fotografen, eine Stylistin, ein Art Director und einige weibliche Editors (Redaktorinnen). Klick, Klick, die Fotos sind im Kasten, dann gehts zum Mittagessen ins «Olivo».

Auftritt von Alex Wang. Mit einigen Taschen am Arm, darunter derjenigen einer bekannten lokalen Chocolaterie, begrüsst er alle gut gelaunt. Der 42-Jährige ist seit zehn Jahren offizieller Vertreter von Luzern Tourismus in seinem Heimatland und vermarktet die Region Luzern-Vierwaldstättersee und ihre Partner (Bucherer, Embassy, Gübelin, die Titlis-, die Pilatus-Bahnen und die Zentralbahn, Casagrande, Charles Bucher Exkursionen und Grand Casino Luzern). Er erfüllt diese Aufgabe zusammen mit einem Kollegen von einem Büro in Shanghai aus. Zirka vier Mal im Jahr kommt Wang nach Luzern.

Die Region Luzern-Vierwaldstättersee ist die wichtigste Destination für chinesische Touristen aus China, Hongkong und Taiwan: Zählte die Region 2008 68’000 Logiernächte, waren es 2012 mit 224’000 (30,2% aller Logiernächte von chinesischen Gästen in der Schweiz).

Diese Woche begleitet Wang eine Gruppe Journalisten aus seiner Heimatstadt. Sie besichtigen Luzern und die Zentralschweiz und realisieren für die chinesische Ausgabe des Lifestyle-Magazins City Beauty – 1,6 Millionen Leserinnen in China – eine exklusive Mode- und Lifestyle-Reportage. Dazu gehören Luzerner Shoppingtipps innerhalb und ausserhalb des Mainstreams; neben Uhren interessieren Schokolade, der nachhaltige Lifestyleladen Changemaker oder auch das Skate- und Snowboard-Geschäft Doodah (es gibt dort die Freitag-Taschen, welche die jungen Chinesen faszinieren). Ein obligates Fotoshooting auf dem Pilatus und dem Titlis stehen ebenfalls auf dem Programm.

Promotor mit Charme

Der «Mister Lucerne» von Shanghai hat Charme und ist scheinbar auf alle Fragen gewappnet. Seine Antworten kommen rasch, fachkundig, und darüber hinaus hat der Mann einen gewissen Humor. «Wir Chinesen haben die stärksten Mägen der Welt», sagt er, «wegen der Umweltverschmutzung bei uns…»

Manchmal ist Alex Wang aber diplomatisch. Und manchmal will er lieber nichts sagen. Zum Beispiel bei der Frage nach Kommissionen, welche die Touristenführer chinesischer Reisegruppen in manchen Luzerner Geschäften erhalten. «That’s confidential», sagt Wang, «das ist vertraulich. Und ausserdem nicht meine Sache.» Das werde direkt von den Geschäften mit den Touristenführern vereinbart.

Ansonsten gibt er bereitwillig und geduldig Auskunft. Wenn er nicht gerade mit seinen Kolleginnen und Kollegen am Tisch spricht oder einen Gang des Menüs aus der «Olivo»-Küche geniesst. Leider ist der Koch wohl gerade verliebt an diesem Tag – der Fischgang mit Reis schmeckt ziemlich salzig. Für chinesische Gaumen nicht sehr angenehm. «Wir bitten die Restaurants deshalb immer, wenig Salz zu verwenden», erklärt Wang.

Internationaler Nickname

Alex Wang heisst eigentlich Yong Wang. Doch da wir Europäer chinesische Namen oft nur schwer aussprechen und erst recht nicht lesen können, tun sich im Ausland tätige Chinesen oft einen englischen Rufnamen zu, um die Kommunikation zu vereinfachen. Sein chinesischer Name Yong bedeutet mutig und tüchtig.

Mutig und tüchtig muss Wang wohl sein, denn im Tourismusgeschäft geht es gemäss seinen Schilderungen hart zu und her. «Immer mehr Destinationen aus Übersee werben in China. Die Zentralschweiz ist eine sehr wichtige, aber nicht die einzige schöne Destination auf der Welt.»

Wang ist hauptsächlich in Ost- und Südostchina tätig. Beijing, die Region Shanghai und die Region Guangdong mit den Städten Guangzhou und Shenzen gehören zu seinem Gebiet. In letzter Zeit erweitert er seine Aktivitäten auf den Südwesten Chinas (Regionen Chengdu/Chongqing in der Provinz Sichuan).

Vielfältige Aufgaben

Alex Wang ist für die Promotion von Luzern-Vierwaldstättersee und ihren Partnern bei chinesischen Reiseveranstaltern und Reisemedien sowie Social Media-Online-Providern zuständig. Er organisiert aber auch Verkaufs- und Promotionstouren für die in China aktiven Luzern-Partner und unterstützt Luzern Tourismus bei der Organisation von Studienreisen für Journalisten und Reiseveranstalter in unsere Region.

Wang besucht dafür Messen und die grossen Reiseveranstalter (Touroperator) in seinem Gebiet. Jeder Gruppenreiseveranstalter könne heute locker bis zu 50’000 Gäste im Jahr nach Luzern bringen, sagt der Tourismusfachmann. Früher seien es höchsten 3000 bis 5000 gewesen. Er präsentiert ihnen kurz und bündig die wichtigsten Infos. Denn auch hier gilt: Er ist nicht der einzige, der seine Destination bewerben will. Viele buhlen um die Gäste aus dem Reich der Mitte.

Reiseveranstalter wollen verdienen

Die erste Frage der Touroperator laute oft: «Kann ich Geld damit verdienen?» Bei den so genannten «Budgetgroups» würden die Destination, die Übernachtungen und die Mahlzeiten bei Schweizer Reiseanbietern gebucht. Alex Wang bietet ihnen zusätzliche Produkte der Region Luzern-Vierwaldstättersee an. «Zum Beispiel die Mountain-Option, die Lake-Option oder die Casino-Option.» So werden Packages geschnürt.

Die Chinesen liebten es zu feilschen, erklärt Wang weiter. «Manchmal vergessen meine Landsleute aber dabei, dass der Preis auch die Qualität beeinflusst und dass Qualität ihren Preis hat.» Die Luxushotels feilschten nicht, aber in den unteren Hotelkategorien wird mancher Deal ausgehandelt. Einfluss auf die Hotelwahl habe er aber nur begrenzt, sagt der Luzern-Promoter. Wang arbeitet aber hart daran, um die Gruppen länger in Luzern zu behalten als bloss eine Nacht.

Alex Wang macht ausserdem klar: «Wir wollen nicht, dass wegen der Konkurrenz Dumpingpreise vereinbart werden und am Schluss niemand mehr etwas daran verdient.» Das bringe vielleicht kurzfristig mehr Gäste, aber langfristig verlören alle.

Für Schindler in China gearbeitet

Wang hat früher für die Firma Schindler in China in verschiedenen Funktionen gearbeitet, unter anderem im Marketing, bevor er vor zehn Jahren in den Tourismus einstieg. «Ich habe einen technischen Background in der Automation», erklärt er. Nach einer ersten Reise in die Schweiz erreichte ihn die  Anfrage, ob er nicht für Luzern Tourismus tätig sein wolle. Er wollte. Heute ist er sehr glücklich in seinem Job, auch wenn er keinen «Schweizer Lohn» habe, wie er nebenbei erwähnt. Dafür beherrscht er einige Schweizerdeutsch-Ausdrücke mit einer perfekten Betonung, zum Beispiel «En Guätä zämmä», «Hoi zämmä» oder «Uff Widerluägä».

Was sind die wichtigsten Bedürfnisse seiner Landsleute? Laut Wang sind sie sehr interessiert an fremden Kulturen und Lifestyle. So kaufen sie liebend gerne ein. Deshalb würde Wang in Luzern liberalere Ladenöffnungszeiten begrüssen. «Bei uns in China schliessen die meisten Läden erst um 22 Uhr.» Er weiss, dass das in Luzern politisch momentan nicht durchsetzbar ist. «Ideal wäre aber, wenn die Läden am Sonntag in Luzern offen hätten», sagt er.

Am wichtigsten sind für die chinesischen Touristen aber schöne Landschaften und die Sehenswürdigkeiten. «Sie haben ja ein sehr knappes Zeitbudget.» Chinesen bewunderten die hohe Lebensqualität in der Schweiz und die intakte Natur. In China gebe es zwar auch Naturschönheiten, aber sie seien oft sehr weit entfernt, verschmutzt oder zu wenig touristisch erschlossen.

Individualtourismus fördern

Deshalb werden auch in Zukunft viele Chinesen die Schweiz besuchen. Alex Wang sieht sehr viel Wachstumspotenzial bei den Individualtouristen. Laut Wang wächst eine neue Generation heran, die in einigen Jahren die Schweiz bereisen wird. Die jüngere Generation könne besser Englisch als ihre Eltern und sei reisefreudig. Zudem sei die Schweiz daran, ihre Visabestimmungen für chinesische Touristen zu vereinfachen.

Eine interessante Feststellung macht Wang noch zum Schluss: Es seien in China vor allem die Frauen, die sich informierten und bestimmten, wo eine Reise hingehe. Die Männer müssten sie dann finanzieren. Frauenspezifische Werbung kann sich also auszahlen. Und auch in der chinesischen Wirtschaft sind Frauen auf dem Vormarsch: Schweiz Tourismus hat kürzlich chinesische Businessfrauen eingeladen, die Schweiz kennenzulernen. Sie waren hellauf begeistert.

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon