Für Innovation, Kitas und tiefere Steuern

Millionenpaket – So will Luzern Konzerne anlocken

Der Luzerner Wirtschaftsdirektor Fabian Peter stellt am Montag Massnahmen vor, wie er Unternehmen und Konzerne in Luzern halten will. (Bild: Emanuel Ammon/Aura/zvg)

Mit Einführung der OECD-Mindeststeuer verliert der Kanton Luzern, der bislang auf tiefe Firmensteuern setzte, einen gewichtigen Standortfaktor. Um das auszugleichen, will die Regierung 300 Millionen Franken jährlich investieren.

War alles umsonst? Vor über zehn Jahren traf die Luzerner Regierung einen folgenschweren Entscheid: Sie halbierte die Firmensteuern, um mehr internationale Unternehmen in den Kanton zu locken und so hoffentlich längerfristig mehr Steuern einzunehmen (zentralplus berichtete). Sechs Jahre lang mussten Kanton und Bevölkerung dafür untendurch. Einschneidende Sparpakete waren die Folge, die unter anderem in Zwangsferien für Schüler und Lehrerinnen gipfelte (zentralplus berichtete). 2018 schrieb der Kanton schliesslich wieder schwarze Zahlen, ab da ging es steil aufwärts, Luzern schreibt inzwischen dreistellige Millionenüberschüsse.

Die Tiefsteuerstrategie schenkt endlich ein – auch wenn linke Politiker noch immer nicht davon überzeugt sind und etwa deren negative Folgen wie den Druck auf den Wohnungsmarkt anprangern (zentralplus berichtete). Doch nun machen internationale Bestimmungen dem Kanton einen Strich durch die Rechnung: Mit der OECD-Mindeststeuer gilt seit Januar 2024, dass grosse, internationale Unternehmen zu mindestens 15 Prozent besteuert werden müssen. Sprich: Luzerns Strategie, mit einem tieferen Steuerfuss Firmen anzulocken, ist für die Katz.

Milliarden stünden auf dem Spiel, warnt Regierung

Damit Adidas oder das Pharmaunternehmen MSD nicht gleich wieder kehrtmachen, heisst das Zauberwort für den Kanton Luzern «Standortförderung». Vereinfacht gesagt: Wenn Firmen nicht mehr von besonders tiefen Steuern profitieren können, sollen sie mit anderen Ködern angelockt werden. Seien das direkte Beiträge, Hilfe bei der Suche nach einem Platz für den Firmensitz oder genügend Kitas für die Angestellten.

Rund 300 Millionen Franken jährlich will der Kanton Luzern dafür in die Hand nehmen, wie Wirtschaftsdirektor Fabian Peter (FDP) an einer Medienkonferenz am Montag ausführt. Das Geld soll von den geschätzten 400 Millionen Franken kommen, die der Kanton mit Einführung der OECD-Mindeststeuer mehr einnehme. Davon sollen 200 Millionen den Unternehmen, 100 Millionen der Luzerner Bevölkerung und 100 Millionen Franken den Gemeinden zukommen.

Die Zahlen können dabei variieren, der Teiler 50:25:25 soll jedoch bleiben. «Ohne diese Reaktion sehen wir ein grosses Risiko, dass wir grosse Firmen verlieren können.» Der Schaden wäre gross: 1,1 Milliarden Franken stünden auf dem Spiel, schätzt der Kanton.

Günstigere Kitas und Bushaltestellen bei Firmengelände

Geplant sind gemäss Regierung folgende Massnahmen:

Nicht alle der Massnahmen sind neu. So ist beispielsweise bereits bekannt, dass der Kanton Luzern die Betreuungsgutscheine ausweiten will (zentralplus berichtete). Auch dass der kantonale Steuerfuss 2026 von heute 1,55 auf 1,45 sinken soll, hat die Regierung bereits im aktuellen Aufgaben- und Finanzplan aufgezeigt (zentralplus berichtete). Nun sei jedoch die Finanzierung dieser und weiterer Massnahmen klar, so Regierungsrat Peter.

Auch neue Projekte sind dabei. So will der Kanton Luzern etwa Gemeinden unter die Arme greifen, damit deren Industriegebiete besser erschlossen werden. Etwa mit Beiträgen für Bushaltestellen oder Strassen und Velowege. Ebenfalls will die Regierung die Digitalisierung des Handelsregisters und bei den Baubewilligungen vorantreiben, damit Unternehmen bei Ausbauten oder Änderungen weniger Papierkrieg haben.

Forschen soll sich lohnen

Herzstück der neuen Standortförderung für Luzern ist jedoch der Luzerner Innovationsbeitrag (LIB). Dafür hat der Kanton 160 Millionen Franken geplant – also gut die Hälfte der OECD-Gelder, die beim Kanton verbleiben sollen. «Investition in Innovationsfähigkeit, das lohnt sich. Dort ist man am Puls der Zeit, denn Veränderungen kommen immer schneller», sagt Fabian Peter dazu. Eine Analyse habe gezeigt, dass der Kanton hier grosses Verbesserungspotenzial habe. Denn: Obwohl Luzern mehrere Hochschulen und spannende Unternehmen habe, rangiert der Kanton im kantonalen Vergleich in hinteren Drittel.

Gelder aus dem Topf können im Luzerner Handelsregister eingetragene Unternehmen erhalten, die in «Grundlagenforschung, industrieller Forschung oder experimenteller Entwicklung» tätig sind. Weiter müssen sie einen Nachhaltigkeitsbericht vorlegen. Bei den sperrigen Begriffen hat sich der Kanton an EU-Richtlinien für staatliche Förderbeiträge orientiert. So will er sicherstellen, dass seine Finanzspritze international anerkannt wird und nicht den OECD-Vorgaben zuwiderläuft.

Luzern soll über Standortförderung abstimmen können

Kann Emmi zum Beispiel künftig Geld für die Entwicklung eines neuen Dubai Caffè Latte erhalten? Die Gelder können durchaus für Produktentwicklung eingesetzt werden, wie der BUWD-Stabsmitarbeiter Benjamin Häfliger auf Nachfrage ausführt. Was genau umfasst werde, lote der Kanton noch gemeinsam mit den Unternehmen im Rahmen der Vernehmlassung aus. Häfliger nennt als Beispiel jedoch etwa die Entwicklung eines neuen medizinischen Geräts oder Automatisierung bei der Herstellung von Medikamenten. In den EU-Richtlinien selbst werden als Beispiel etwa neue Produkte oder Dienstleistungen mit Blockchain-Technologien, Cybersicherheit oder künstlicher Intelligenz genannt.

Die Luzerner Unternehmen sollen im Rahmen des LIB künftig Gelder für ihr Forschungspersonal (30 Prozent der verfügbaren Mittel), Abschreibungen für Investitionen (20 Prozent) oder Auftragsforschung (10 Prozent) beantragen können. Die staatlichen Fördergelder sollen dabei aber 35 Prozent der Gesamtausgaben Firma nicht übersteigen. Ihre Finanzspritze erhalten sie in Form einer «Steuergutschrift» – die Beiträge werden also von ihrer Steuerschuld abgezogen. So soll der LIB den OECD-Richtlinien entsprechen und auch grosse internationale Unternehmen sollen profitieren können, sagt Peter. Das habe die Regierung rechtlich abklären lassen.  

Die Höhe des Topfs – wie auch die anderen geplanten Investitionen für die Standortförderung – bestimme jeweils der Kantonsrat im Rahmen der Budgetdebatte. Die Zahlen können also von Jahr zu Jahr schwanken. Zudem unterliegen diese Massnahmen einem obligatorischen Referendum, die Abstimmung dazu ist gegen Herbst 2026 angedacht. Geht alles nach Plan, trete die Standortförderung Anfang Oktober 2026 in Kraft. Bereits 2026 sollen also die ersten Unternehmen von Förderbeiträgen profitieren können.

Verwendete Quellen
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