IT-Unternehmer gründet Start-up-Station

Man glaubt es nicht: Hier entsteht ein Luzerner Silicon Valley

Im weissen Gebäude links befindet sich eine Start-up-Station.

(Bild: les)

Junge Unternehmer, die mit einer bahnbrechenden Idee durchstarten und zu Millionären werden, kennt man aus Kalifornien. Eine solche Traum- und Ideenfabrik existiert neu in Sempach-Station. Dort, wo man niemals damit rechnen würde.

In Sempach-Station gibt es eine Start-up-Station. Es lässt sich streiten, wie gelungen dieses Wortspiel ist. Trotzdem: Jungunternehmer, die an neuartigen Produkten tüfteln, in einem Ortsteil von Neuenkirch, den viele nur wegen des Bahnhofs kennen – was soll das? zentralplus begab sich auf Spurensuche.

Marcel Stocker (39), Geschäftsführer der Station, hat uns an die Neuenkirchstrasse 19 eingeladen. Der Weg führt vom Bahnhof weg, 200 Meter an einer grünen Wiese vorbei, Vögel zwitschern, auf dem Bauernhof nebenan wird gewerkelt. Hier also sollen Jungunternehmen durchstarten?

IT-Branche dominiert 

Sechs Start-ups teilen sich derzeit die fertig eingerichteten Arbeitsplätze, Meeting- und Schulungsräume.  Stocker ist bei der «Digital Enterprise AG» tätig, einem Beratungsunternehmen für digitale Projekte. Ebenfalls anwesend sind die vier Mitarbeiter von «Botfabrik». Sie entwickeln Chatbots. Der Geschäftsführer von «Active Sales» ist nicht vor Ort – wie es sich für einen Verkäufer gehört, sei er unterwegs, erklärt Stocker.

Marcel Stocker ist der Geschäftsführer der Startup-Station.

Marcel Stocker ist der Geschäftsführer der Start-up-Station.

(Bild: les)

Im Raum nebenan befindet sich die Unternehmensberatung «Braincept». Auch «Calenso» ist dort angesiedelt. Die Gründer dieser Firma entwickelten eine Software für die digitale Terminkoordination. «Apptiva» zu guter Letzt entwickelt individuelle App-Lösungen. «Dass die meisten Start-ups aus der IT-Branche kommen, ist Zufall», erklärt Stocker. Man wäre auch anderen Start-ups gegenüber offen. Insgesamt könnten rund 30 Mitarbeiter in Sempach-Station arbeiten. Aktuell wirken die Büros noch leer und kühl – doch fertig eingerichtet werde erst, wenn neue Mieter einziehen.

Das Drumherum ist oft ein Problem

Zufall – das sei auch der Grund, warum das kleine Luzerner «Silicon Valley» gerade in Sempach-Station am Entstehen sei, sagt Stocker. Er leitet gemeinsam mit Rudolf Fehlmann die Station. Letzterer präsidiert die Coaching-Organisation «Genilem Zentralschweiz», welche Mitorganisatorin des Start-up-Tages Zentralschweiz ist.

«Der Austausch wirkt befruchtend und lehrreich zugleich.»

Rudolf Fehlmann

Fehlmann ist in der IT-Branche gut vernetzt, lange Jahre war er für «Bison» tätig. Er weiss, woran es Jungunternehmern oft noch fehlt und will weiterhelfen. «Am liebsten investiert ein Jungunternehmer seine Zeit in sein Produkt. Wir wollen ihm bei allem rundherum helfen.» Das wären auf der einen Seite die fertig eingerichteten Arbeitsplätze, Meeting- und Schulungsräume. Dass mehrere Unternehmer vor Ort sind, biete weitere Vorteile. «Der Austausch wirkt befruchtend und lehrreich zugleich.»

Hilfe bei der Finanzierung

Fehlmann weiss aus eigener Erfahrung, dass die Erstfinanzierung für Start-ups schwierig ist. «Jedes Start-up, welches erste Erfolge vorweisen kann, erhält relativ problemlos weiteres Geld. Aber kaum jemand will die Erstinvestition wagen.» Hier wolle er mit seiner Erfahrung und dem Zugang zu Investoren gezielt unterstützen. Seine Motivation sei es, seine Erfahrungen weiterzugeben, erklärt Fehlmann. Und er fühlt sich etwas an seine Anfänge erinnert, wenn er die jungen, vor Inspiration sprudelnden Köpfe sieht. «Einmal Unternehmer, immer Unternehmer.»

Im Sitzungszimmer ist alles mit Post-Its volltapeziert.

Im Sitzungszimmer ist alles mit Post-its voll tapeziert.

(Bild: les)

Die vier Angestellten von «Botfabrik» fühlen sich auf alle Fälle wohl in der Start-up-Station. «Man kann sich bei Problemen gegenseitig weiterhelfen», erklärt Philip Schönholzer. Und Linus Hüsler ergänzt: «In der Mittagspause oder auch mal nach Feierabend entstehen immer wieder interessante Unterhaltungen.»

Ab und zu wird gezockt 

Marcel Stocker erklärt, es sei durchaus im Sinne der Start-up-Stationsgründer, dass ein gegenseitiger Austausch stattfindet. Einmal monatlich findet deshalb ein gemeinsames Frühstück statt. Doch das basiere sehr auf Freiwilligkeit, man wolle kein künstliches Gemeinschaftsgefühl heraufbeschwören. «Aber ja, die Playstation wird schon ab und zu gebraucht, und während der WM wird auch der TV öfters in Betrieb sein», lacht er.

Platz wäre noch vorhanden, deshalb könne die Station aktuell mit der Vermietung von Arbeitsplätzen die Kosten noch nicht decken. Doch dafür profitiere man von der gemeinsamen Zusammenarbeit. «Ich liess mir erst kürzlich ein Chatbot auf meiner Webseite implementieren», erzählt Stocker, der sich fasziniert von der Technik zeigt.

Wie Jungunternehmer ihre Projekte zum Fliegen bringen, sei immer wieder hochspannend mitzuerleben, sagt Stocker. «Klar ist es der Traum vieler, ihre Idee einmal teuer verkaufen zu können.» Doch es sei allen bewusst, dass der Weg hart sei. «Wichtig ist, dass man seine Manpower wirklich auf den Boden bekommt», erklärt er ein Erfolgsrezept. Kleinere Rückschläge oder scheiternde Mitstreiter würden den Optimismus eines Jungunternehmers nur am Rande einschränken. «Alle sind von ihrer Geschäftsidee überzeugt, sonst würde man wohl kaum den Mut aufbringen, sich selbstständig zu machen», hält er fest.

Ein Blick in das Grossraumbüro.

Ein Blick in das Grossraumbüro.

(Bild: les)

  

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