Wie hoch ist der «marktkonforme Lohn»?

Lohn des Chefs der Zuger Kantonalbank steht zur Debatte

Pasqual Niquille, CEO der Zuger Kantonalbank und VR-Präsident bei Aduno.

 

(Bild: Zuger Kantonalbank / Collage zentralplus)

Im Zuger Parlament steht am Donnerstag der Lohn des Chefs der Zuger Kantonalbank auf der Traktandenliste. Ein Vergleich zeigt: CEO Pascal Niquille verdient mehr als Chefs grösserer Kantonalbanken. Ein Experte stellt die Millionengehälter infrage.

Für den 27. September ist im Zuger Kantonsrat die Totalrevision des Kantonalbankgesetzes traktandiert. Dabei sind auch die Löhne der Geschäftsleitung ein Thema. Die vorberatende Kommission des Kantonsrates schlägt vor, eine neue Bestimmung ins Gesetz aufzunehmen. Diese lautet: «Der Lohn der Geschäftsleitung orientiert sich nach dem Median vergleichbarer Kantonalbanken.»

Wie genau dieser «Mittelwert»-Vergleich aussieht – und was eine andere Kantonalbank zu einer «vergleichbaren» macht, bleibt für Aussenstehende offen. Gemäss Angabe der Finanzdirektion lag das Gehalt des Zuger-Kantonalbank-CEOs 2014 rund 10 Prozent «über dem Median der CEOs vergleichbarer Kantonalbanken» (siehe Box am Ende des Textes).

Lohn: 1,2 Millionen Franken

Mit anderen Worten: Auch bei Annahme der erwähnten Bestimmung wird sich an den Gehältern der Geschäftsleitungsmitglieder der Zuger Kantonalbank im Grundsatz wenig bis nichts ändern. Im Jahre 2017 verdiente CEO Pascal Niquille insgesamt rund 1,2 Millionen Franken. Eine wichtige Kennziffer für die Bedeutung einer Bank ist die Bilanzsumme. Diese belief sich im Jahre 2017 bei der Zuger Bank auf 14 Milliarden Franken. Zum Vergleich: Die Bilanzsumme der Zürcher Kantonalbank betrug im Jahre 2017 163 Milliarden Franken. Das sind rund elf Mal mehr als jene der Zuger Kantonalbank. Die Vergütung des Zürchers Martin Scholl belief sich im letzten Jahr auf 2,1 Millionen Franken.

Ein weiterer Vergleich: Der Lohn des CEOs der Berner Kantonalbank liegt deutlich tiefer als jener der Zuger. Dies, obwohl die Bilanzsumme bei der Berner Kantonalbank mehr als doppelt so gross ist wie jene der Zuger Kantonalbank. Zudem ist die Berner Kantonalbank ohne Staatsgarantie unterwegs.

Die Frage des sogenannten «Lohndeckels»

Dem Bericht der vorberatenden Kommission des Zuger Kantonsrates ist zu entnehmen, dass die Kommissionsmitglieder am 18. April von Maurice Pedergnana vom Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) über die Angemessenheit der Höhe der Löhne der Geschäftsleitung informiert wurde. Demnach hält Pedergnana eine sogenannte «Lohndeckelung», wie ihn die Aargauer Kantonalbank (AKB) eingeführt hat, für falsch.

Das Gesetz über die Aargauische Kantonalbank legt nämlich seit 2016 fest, dass der Bruttolohn eines Mitglieds der Geschäftsleitung maximal das Doppelte des Bruttolohnes eines Mitglieds des Regierungsrates betragen darf. Das ergibt im Falle des CEO einen maximalen Lohn von rund 600’000 Franken.

«Der Lohndeckel hat keinen Einfluss auf die erfolgreiche Tätigkeit der Aargauer Kantonalbank.»

Claudia Penta, Leiterin Kommunikation des Aargauer Finanzdepartements

Die AKB habe einen schwierigen Stand und das Geschäft leide, wird Pedergnana im besagten Bericht zitiert. Ganz anders die Einschätzung von Claudia Penta, Leiterin Kommunikation des Aargauer Finanzdepartements. Sie erklärt, «der besagte Lohndeckel hat keinen Einfluss auf die erfolgreiche Tätigkeit der Aargauer Kantonalbank». So habe die AKB im Geschäftsjahr 2017 den zweithöchsten Gewinn und im Jahre 2016 den dritthöchsten Gewinn ihrer Geschichte erzielt.

Keine Einsicht in Lohnvergleichsstudie

Die Zuger Finanzdirektion hat zum Thema «Lohn des CEO» ein mit «Aktennotiz» bezeichnetes Schreiben erlassen. Darin wendet sich der Zuger Regierungsrat gegen eine Regelung der Gehälter der Geschäftsleitung auf Gesetzesebene. Dies würde eine «ohne Not vorgenommene Bevormundung der Aktionärinnen und Aktionäre bedeuten», schreibt die Finanzdirektion.

Sie verweist darauf, dass die Kantonalbank im Jahre 2014 bei einem Beratungsunternehmen einen Vergleich in Auftrag gegeben habe, der die Vergütungen der Geschäftsleitung und des CEO im Speziellen umfasst habe. Damals sei man noch zehn Prozent über dem Median gelegen.

Nach der Pensionierung von Pascal Niquille soll das Gehalt des CEO dann auf die Höhe des Medians festgelegt werden. Bedauerlich: Die Finanzdirektion und die Zuger Kantonalbank gewähren keinen Einblick in die besagte Studie. Den Mitgliedern des Kantonsrates steht dieses Dokument ebenfalls nicht zur Verfügung. Das gilt auch für den Medianvergleich.

Laufen sonst wirklich «alle» weg?

Grundsätzlich verteidigt die Zuger Finanzdirektion die Gehälter der Geschäftsleitung der Zuger Kantonalbank: «Es ist auch ökonomisch klar, dass eine Unternehmung, die nicht marktkonforme Gehälter bezahlt, eine Erosion fähiger Leute auf allen Führungsstufen erfährt.»

Das will Norbert Thom, emeritierter Wirtschaftsprofessor und ehemaliger Direktor des Institutes für Organisation und Personal an der Universität Bern, so nicht gelten lassen. Man müsse dieses bekannte Argumentationsmuster des «sonst laufen alle weg» jedenfalls zumindest hinterfragen, sagt Thom.

«In anderen Berufen sind die Anforderungsprofile teilweise ungleich höher.»

Norbert Thom, emeritierter Wirtschaftsprofessor

Und weiter: «Damit dies wirklich zutrifft, müsste jeweils auch ein entsprechendes Angebot vorliegen. Ob dem immer so ist, darf bezweifelt werden. Zudem sind sehr viele Leute auch aus persönlichen Gründen oder von der Wohnsituation her an einen Ort gebunden.»

«Da kann man nur staunen»

Norbert Thom sagt, dass der Bankensektor sich in der Vergangenheit in Sachen Löhne «sehr komfortabel» eingerichtet habe. Da könne man oft nur staunen. Zu beachten sei, dass der Bankensektor in Sachen nachhaltiger Produktivität vergleichsweise eher schlecht abschneide. Jedenfalls sei der konkrete Gegenwert des Erarbeiteten gegenüber anderen Branchen viel weniger «griffig» zu erfassen.

«In anderen Berufen sind die Anforderungsprofile teilweise ungleich höher. Eine Chirurgin etwa oder ein Musiker sind auf sich alleine gestellt und haben – anders als ein CEO im Bankenbereich – keine «Entourage, auf welche sie sich stützen können». Viele Berufe seien eigentliche «Verschleissjobs». Bei einer Chirurgin zum Beispiel seien die Risiken im Falle eines Fehlers sehr hoch. Das könne dort auch auf der persönlichen Ebene massive Konsequenzen nach sich ziehen.

Gerade bei Kantonalbanken mit Staatsgarantie sei das Risiko im Falle eines Scheiterns hingegen überschaubar. Zudem seien diese Leute massiv weniger exponiert als andere Führungskräfte. Führungsleute bei der Post oder den SBB jedenfalls seinen medial viel bekannter und auch entsprechend exponierter. «Von den Kantonalbankchefs hingegen kenne ich gerade mal denjenigen der Berner Kantonalbank mit Namen. Wie aber etwa der Zuger, der Urner oder sonst ein Kantonalbankchef heisst, weiss ich überhaupt nicht.»

Zuger Parteien: Bürgerliche wollen den Markt spielen lassen

Doch was meinen die Zuger Parteien zu dieser Lohnfrage? Die CVP sei einstimmig der Meinung, dass die Gehaltspolitik einer marktwirtschaftlich orientierten Aktiengesellschaft in der Kompetenz des Verwaltungsrates – bei der ZGKB also des Bankrates – liege, erklärt CVP-Kantonsrat Pirmin Andermatt. «Zusätzlich ist die Gesamtentschädigung der Geschäftsleitung jedes Jahr der Generalversammlung zum Beschluss vorzulegen. Es ist nicht stufengerecht, dazu im Gesetz Vorgaben zu machen.»

«Der Lohn des Kantonalbanken-CEOs sollte sich nicht an den extrem hohen Gehältern der CEOs der international ausgerichteten Grossbanken orientieren.»

Kantonsrat Thomas Werner

FDP-Fraktionschef Florian Weber verweist auf eine Medienmitteilung seiner Partei. Dort ist Folgendes festgehalten: «Die FDP-Fraktion vertritt dezidiert die Haltung, regulatorische Bestimmungen wie Entschädigungsfragen des CEOs und der Geschäftsleitung haben nichts in einem Gesetz zu suchen.»

In Abweichung zur CVP und zur FDP wird die SVP in dieser Lohnfrage nach Auskunft von Kantonsrat Thomas Werner mehrheitlich dem Antrag der vorbereitenden Kommission folgen: «Wir sind der Meinung, dass die Gehälter der Zuger Kantonalbank sich nicht an den extrem hohen Gehältern der CEOs der international ausgerichteten Grossbanken, sondern an denjenigen von jeweils vergleichbaren anderen Kantonalbanken orientieren sollen.»

Linke bevorzugen andere Modelle

Für die Alternativen – die Grünen des Kantons Zug nimmt Parteisekretär Marco Knobel Stellung. Er sagt, die alternative Fraktion im Kantonsrat wolle grundsätzlich, dass eine Regelung für das Gehalt des Kantonalbank-CEOs im Gesetz festgeschrieben sei: «Im Allgemeinen setzen sich die Alternativen – die Grünen dafür ein, dass die Lohnspannen – also der Unterschied vom tiefsten zum höchsten Lohn – in allen Unternehmen höchstens in einem Verhältnis von 1:12 stehen.»

SP-Präsidentin Barbara Gysel findet es gut, dass der Lohn des Kantonalbank-CEOs gesetzlich geregelt wird. Inhaltlich aber ist sie mit dem Vorschlag der vorberatenden Kommission nicht einverstanden: «Uns von der SP schwebt ein Modell wie jenes im Kanton Aargau vor, wonach der Lohn des CEOs der Kantonalbank maximal doppelt so hoch sein darf wie jener eines Regierungsrates.» Damit wäre der CEO-Lohn im Kanton Zug immer noch hoch, schiebt Gysel mit Blick auf die Gehälter der Zuger Regierungsräte nach. Aber auch nur noch halb so hoch wie heute, denn ein Regierungsrat verdient in Zug «nur» etwa 280’000 Franken.

Einige Kantonalbanken im Vergleich

Anmerkungen: Im genannten Salär sind jeweils nebst dem Fixum und den variablen Lohnbestandteilen auch die Sozialversicherungs- und Pensionskassenbeiträge des Arbeitgebers sowie allfällige weitere Vergütungen (zum Beispiel aufgeschobene Aktien) enthalten. Die Zahlen beziehen sich auf das Geschäftsjahr 2017.

Zuger Kantonalbank:

CEO Pascal Niquille: 1,19 Millionen Franken
VR-Präsident: 192’000 Franken
Bilanzsumme: 14,6 Milliarden Franken
Mitarbeitende: 447 (395 Vollzeitstellen)
Staatsgarantie: ja

Zürcher Kantonalbank:

CEO: 2,12 Millionen Franken
VR-Präsident:  456’946 Franken
Bilanzsumme: 163,8 Milliarden Franken
Mitarbeitende: 5’117 (4’988 Vollzeitstellen)
Staatsgarantie: ja

Berner Kantonalbank:

CEO: 994’000 Franken
VR-Präsident: 543’000 Franken
Bilanzsumme 29,2 Milliarden Franken
Mitarbeitende: 1’217 Mitarbeitende (1’009 Vollzeitstellen)
Staatsgarantie: nein

Luzerner Kantonalbank:

CEO (Daniel Salzmann): 1,17 Millionen Franken
VR-Präsident: 173’526 Franken
Bilanzsumme: 35,8 Milliarden Franken
Mitarbeitende: 1’158 (988 Vollzeitstellen)
Staatsgarantie: ja

Thurgauer Kantonalbank:

CEO: 1,0 Millionen Franken
VR-Präsident:  224’462 Franken
Bilanzsumme:  22,3 Milliarden Franken
Mitarbeitende: 756 (652 Vollzeitstellen)
Staatsgarantie: ja

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