Wirtschaft
Nachgefragt bei zwei Luzerner Mega-Anlagen

Hohe Strompreise: Solarproduzenten profitieren kaum

Die Solaranlage der Firma Aventron in Perlen produziert überschüssigen Strom für ein ganzes Dorf. (Bild: zvg)

Die Energiepreise schiessen durch die Decke. Davon profitiert, wer eigenen Solarstrom produziert und diesen verkauft. Könnte man meinen. Ganz so einfach ist es aber nicht.

Das Thema Energie beschäftigt die Schweiz seit Monaten. Gross ist die Angst vor einem Strommangel im Winter. Der Mieterverband befürchtet massiv steigende Nebenkosten, da der Strompreis durch die Decke geht. Und die SVP bewirtschaftet das Thema mit der Warnung, dass wir im Winter kalt duschen müssen.

Nebst den vielen Sorgen gibt es jene Akteure, die von der Energiekrise profitieren. Nämlich diejenigen, die mit einer Solaranlage auf dem Dach ihren eigenen Strom produzieren. Ihnen kann die Nervosität auf den Energiemärkten egal sein.

Trotzdem blickt momentan wohl manche Besitzerin einer Solaranlage mit grossem Interesse auf die Entwicklung der Energiepreise. Denn wer mehr Strom produziert, als im eigenen Haus verbraucht werden kann, verkauft diesen auf dem Strommarkt. Und das lohnt sich momentan so richtig.

Solarproduzenten erhalten bis zu 2'000 Franken mehr

Während eine Kilowattstunde Strom zu Beginn der Corona-Pandemie nur ein paar Rappen kostete, ist sie jetzt ein Vielfaches teurer. Eine Solaranlage hat wohl selten so gute Gewinne gemacht wie aktuell.

Das zeigt sich im Kanton Luzern, wo die CKW einen Grossteil des Stromnetzes betreibt. Wer seinen überschüssigen Strom ins Netz einspeist, erhält von der CKW eine Rückvergütung. Diese betrug 2020 und 2021 lediglich 5,5 Rappen pro Kilowattstunde Strom. Im Frühjahr 2022 stieg der Preis auf über 26 Rappen pro Kilowattstunde. Und auch jetzt im Sommer, wenn mehr Strom auf dem Markt erhältlich ist und der Preis darum tiefer ist, beträgt die Rückvergütung noch immer rund 22 Rappen.

In einer Medienmitteilung rechnet die CKW vor: «Eine durchschnittliche Solaranlage mit 15 Kilowatt-Peak auf dem Dach eines Einfamilienhauses wird, verglichen mit dem letzten Jahr, einen Mehrertrag von über 2'000 Franken pro Jahr erzielen.»

Für Hauseigentümerinnen ein netter Nebenverdienst. Erst recht muss sich bei diesen Tarifen also die Produktion für richtig grosse Solaranlagen lohnen. Bei den grössten Produzenten von Solarstrom im Kanton Luzern zeigt sich aber ein anderes Bild.

Das Problem: Tarife sind nur selten so hoch

Eine dieser grossen Anlagen befindet sich in Altishofen auf dem Dach des Parkhauses der Logistik-Firma Galliker. Die Anlage ist so gross wie knapp zwei Fussballfelder und erzeugt mehr als doppelt so viel Strom, als im Gebäude selbst gebraucht wird. Für CEO Peter Galliker aber kein Grund für Freudensprünge: «Im Moment sind die Tarife interessant, aber die Investitionskosten sind damit noch lange nicht gedeckt.»

Die Solaranlage auf dem Dach des Parkhauses der Firma Galliker in Altishofen produziert doppelt so viel Strom, wie die Firma selbst benötigt.

Was es dafür bräuchte, wären stabile Tarife auf einem langfristig hohen Niveau. Diese Voraussetzung ist bei den starken Preisschwankungen auf dem Strommarkt aber nicht gegeben. «Unter dem Strich erhalten wir langfristig nicht die Tarife, die uns versprochen wurden», so Galliker.

«Wir bauen keine Solaranlagen wegen der Einnahmen.»

Peter Galliker, CEO Galliker

Damit spricht er einen Punkt an, der in der Energiepolitik häufig kritisiert wird. Die volatilen Strompreise hindern Investoren daran, grosse Solaranlagen zu bauen. Zu unsicher ist das Geschäft auf diesem Markt. Auch die CKW steht seitens Solarproduzenten in der Kritik, sich für die Rückvergütungen am Marktpreis zu orientieren, anstatt stabile Preise zu garantieren (zentralplus berichtete).

Im Vordergrund steht der Eigenverbrauch

Peter Galliker fasst aus Sicht seiner Firma zusammen: «Wir bauen keine Solaranlagen wegen der Einnahmen.» Für die Firma ist der ökologische Aspekt ausschlaggebend, trotz volatiler Preise auch weiterhin auf Solarstrom zu setzen. Galliker erklärt: «Solarstrom ist für uns ein Grundprinzip: Alle Dächer unserer Gebäude wollen wir mit Solaranlagen bebauen.» Langfristig will das Logistik-Unternehmen nämlich alle seine Lastwagen elektrifizieren. Dafür braucht es viel Strom. Und dieser soll in Zukunft möglichst auf den Dächern der eigenen Gebäude produziert werden.

«Bei der Entscheidung, eine PV-Anlage zu installieren, muss nicht per se die Absicht auf eine möglichst hohe Rendite im Vordergrund stehen.»

Désirée Seuret, CKW-Sprecherin

CKW-Sprecherin Désirée Seuret rechtfertigt die Tarifpolitik des Unternehmens mit der Strategie, die auch Galliker verfolgt: «Bei der Entscheidung, eine PV-Anlage zu installieren, muss nicht per se die Absicht auf eine möglichst hohe Rendite im Vordergrund stehen, sondern man ist primär bestrebt, für den Eigenverbrauch selber nachhaltigen Strom produzieren zu können.» Das Unternehmen freue sich aber, dass die Tarife derzeit so interessant seien. «Das hilft, den dringend nötigen Ausbau weiter voranzutreiben», so Seuret weiter.

Mega-Anlage in Perlen produziert Strom für ein ganzes Dorf

Es gibt aber auch Unternehmen, bei denen der finanzielle Aspekt einer Solaranlage im Vordergrund steht. Ein Beispiel ist die Basler Firma Aventron, die mit Anlagen in ganz Europa erneuerbare Energie produziert. Eine dieser Anlagen steht im Kanton Luzern. Und sie ist ein wahres Aushängeschild für die Solarenergie.

«Wir selbst orientieren uns eher an langfristigen Überlegungen, da die Märkte eben sehr volatil sind.»

Rui Pereira, Projekt-Manager Aventron

Auf dem Dach des Aldi-Verteilzentrums in Perlen betreibt die Firma eine riesige Solaranlage auf einer Fläche von 45'000 Quadratmetern, sprich von über sechs Fussballfeldern. Die Anlage generiert so viel Strom, dass pro Jahr über vier Millionen Kilowattstunden Überschuss ins Netz eingespeist werden. Damit können im Durchschnitt über 1'000 Haushalte ein Jahr lang mit Strom versorgt werden. Multipliziert man diesen Überschuss mit den rekordhohen Rückvergütungen, welche die CKW dieses Jahr für den Strom zahlt, kommt so theoretisch eine Summe von rund einer Million Franken zusammen. Definitiv mehr als ein netter Nebenverdienst.

Lieber etwas tiefere, dafür stabile Preise

Doch auch hier hat die Sache einen Haken. Weil sich die Firma Aventron als Investorin eben nicht auf die schwankenden Marktpreise verlassen kann, verkauft sie ihren Strom zu einem fixen Preis. Projekt-Manager Rui Pereira führt aus: «Wir selbst orientieren uns eher an langfristigen Überlegungen, da die Märkte eben sehr volatil sind.»

Die Aventron verkauft den Strom, der in Perlen nicht gebraucht wird, darum an den Energieversorger Primeo Energie. Von den hohen Rückvergütungen der CKW kann Aventron darum gar nicht profitieren. Doch Pereira hebt den Vorteil dieser Lösung hervor: «Mit der langfristigen Veräusserung an Primeo Energie sind wir nicht der Marktvolatilität ausgesetzt.» Zum Preis, zu dem Aventron den Strom weiterverkauft, kann Pereira keine Auskunft geben. Es ist aber kaum eine Million Franken, die so jährlich zusammenkommt.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Rui Pereira
  • Telefonat mit Peter Galliker
  • Schriftlicher Austausch mit Désirée Seuret
  • Informationen zur Solaranlage von Galliker in Altishofen
  • Medienmitteilung CKW
  • Information zur Solaranlage von Aventron in Perlen
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