Innovationspreis für Roche wirft Fragen auf

Geld für Milliardenkonzern: Fördert Zug so Innovationen?

Der diesjährige Zuger Innovationspreis ging an die Diagnostik-Abteilung des Pharmariesen Roche in Rotkreuz.

(Bild: Alexandra Pauli)

Gemeinhin nimmt man an, mit einem kantonalen Innovationspreis werde ein spannendes Produkt eines regionalen KMU gefördert. Nicht so im Kanton Zug. Hier überweist man die Steuergelder an hochprofitable Milliardenkonzerne. Absurd, finden viele Befragte. Es ist indes nicht das erste Mal, dass die Preisvergabe für Kritik sorgt.

Roche Diagnostics in Rotkreuz erzielt laut dem Geschäftsbericht von 2015 einen Umsatz von 10.8 Milliarden Franken. Das heisst, dass die Firma in jeder einzelnen Minute des Jahres etwas mehr Geld generiert, als der auf 20’000 Franken dotierte Zuger Innovationspreis ausschüttet.

Nun also wird der Rotkreuzer Forschungsableger des Pharmariesen mit Zuger Steuergeldern belohnt (zentralplus berichtete). Ausgezeichnet wurde ein Produkt, das komplizierte diagnostische Testverfahren vereinfacht und innert 20 Minuten Testergebnisse liefert. Das Gerät von der Grösse einer Kaffeemaschine kann in jeder Arztpraxis aufgestellt werden. Ohne Frage eine Innovation. Eine Innovation, die dem Unternehmen satte Gewinne bescheren dürfte.

Einen Nachwuchspreis für Bono von U2

Doch braucht eine internationale Firma wie Roche Diagnostics einen Preis der Zuger Regierung? Kantonsrätin Jolanda Spiess-Hegglin fasst es pointiert zusammen: «Es ist etwa so, als wenn in der Kulturbranche der Nachwuchskünstlerpreis an Bono von U2 ginge.» Die Innovation von Roche mag wertvoll sein, «ein solcher Preis dürfte in meinen Augen aber nur an Unternehmen gehen, für welche dieser Geldbetrag nicht im Mikrobereich liegt, verglichen mit den Geschäftszahlen», stellt Jolanda Spiess-Hegglin klar.

«Grundsätzlich finde ich es wünschenswert, wenn mit solchen Preisen junge, innovative Start-up Firmen ausgezeichnet werden.»
Anastas Odermatt, Kantonsrat der Grünen

Anastas Odermatt ist Kantonsrat der Grünen und sieht es ähnlich. «Ein innovatives Produkt auszuzeichnen ist gerechtfertigt und sinnvoll. Es geht dabei in erster Linie nicht um die Grösse einer Firma, sondern um ihre Innovationsleistung an sich.» Ein Fragezeichen bleibt aber bestehen, denn: «Grundsätzlich finde ich es aber wünschenswert, wenn mit solchen Preisen junge, innovative Start-up Firmen ausgezeichnet werden.»

Steuergelder für den Pharmariesen

Dass 20’000 Franken Steuergelder zu den 10,8 Milliarden Franken Umsatz von Roche Diagnostics fliessen, stört auch SVP-Kantonsrat Beni Riedi. «Meiner Meinung nach sollte eine Firma aus Eigeninteresse innovativ sein», meint er. Dazu müsse der Staat nicht noch spezielle Preise schaffen. «Gerade im Kanton Zug haben wir bereits viele Rahmenbedingungen geschaffen, die Firmen ermöglichen innovativ zu sein.»

«Ob die Firma das Geld nötig hat oder nicht, ist kein Kriterium.»
Matthias Michel, Zuger Volkswirtschaftsdirektor

Das sieht Volkswirtschaftsdirektor Matthias Michel anders. «Die Grösse oder die Reputation einer Firma hat keinen Einfluss auf die Preisverleihung. Es wird ein innovatives Produkt prämiert, das zur Sicherung oder Schaffung von Arbeitsplätzen führt.» Das Preisgeld von 20’000 Franken sei jedes Jahr gleich, erklärt Matthias Michel weiter.

«Ob die Firma das Geld nötig hat oder nicht, ist gemäss dem massgeblichen Kantonsratsbeschluss kein Kriterium. Es gibt andere Preise, mit denen gezielt Jungunternehmer oder Start-Ups gefördert werden.» Bei dieser Prämierung  gehe es primär um die Anerkennung, die mit dem Preis einhergeht. Roche habe denn auch umgehend verlauten lassen, das Preisgeld in ein von ihr seit Jahren begleitetes Bildungsentwicklungsprojekt in Malawi zu investieren.

Breit gefasste Ausschreibung

Der Innovationspreis wird seit 1993 durch den Regierungsrat des Kantons Zug vergeben. Er geht an «kleinere, mittlere und grössere Zuger Unternehmen mit volkswirtschaftlich, sozial oder ökologisch sinnvollen und innovativen Dienstleistungen oder Produkten, welche neue Arbeitsplätze geschaffen haben oder bestehende Arbeitsplätze erhalten konnten», wie es in der Ausschreibung heisst.

Innovationspreis trotz Stellenabbau

Welche anderen Unternehmen denn zur Auswahl gestanden hätten, ist nicht bekannt. Die Jury kommuniziert die leer ausgegangenen Bewerbungen nicht. Der Zuger Innovationspreis wirft nicht zum ersten Mal Fragen auf. 2012 verlieh die Jury den damaligen Innovationspreis an die Cham Paper Group, die zu diesem Zeitpunkt im Begriff war 220 Stellen am Zuger Standort abzubauen. Damit wiederholt sich die Geschichte: Auch Roche kündigte diesen Juli an, bis zu 44 Mitarbeiter zu entlassen (zentralplus berichtete).

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