Instant Gardening

Ein neuer Wald für Oberwil

Keine Lust, zu warten: Hier in Oberwil setzt die Bauherrschaft auf grosse Bäume. (Bild: Carlo Schuler)

Bei einer Überbauung in Oberwil werden «fertige» Bäume gepflanzt. Und zwar gleich achtzig davon. Keine Geduld mehr für das langsame Wachstum? Die Methode heisst Instant Gardening. Und ist dort gefragt, wo viel Platz und vor allem viel Kapital vorhanden ist.

Es ist schon fast ein ganz kleines Wäldchen, das da bei der Neuüberbauung Spielhof in der Nähe der Bahnstation Oberwil in Zug am Entstehen ist. Laut dem zuständigen Landschaftsarchitekten Massimo Fontana werden insgesamt etwa 30 Föhren und 50 Vogelbeerbäume gepflanzt. Dabei handelt es sich nicht um kleine Jungpflanzen, sondern um stattliche mehrjährige Exemplare: Die immergrünen Föhren erreichen schon jetzt eine Wuchshöhe von rund acht bis zehn Metern. «Es kommt sehr selten vor, dass in der Schweiz im Bereich Wohnungsbau eine derart hohe Zahl von mehrjährigen Bäumen verpflanzt wird», sagt Massimo Fontana. «Die Bäume stammen aus dem Raum Oldenburg in Deutschland. Sie wurden von uns und der Bauherrschaft persönlich ausgesucht.»

Positives Echo

Instant Gardening nennt sich dieses Vorgehen. Pflanzen oder Bäume werden nicht im Jungstadium gepflanzt, sondern bereits in mehr oder weniger «fertigem» Zustand geliefert. Die neuen Bewohner eines Hauses finden so bereits eine fertige Anlage vor, können aber andererseits das Aufwachsen der Pflanzen nicht miterleben.

«Das Echo auf die Bäume ist sehr positiv, was uns natürlich freut»

Daniel Keiser, Spielhof Oberwil AG

Von einem eigentlichen Trend mag Anton Burkart von der Eidgenössischen Forschungsanstalt Wald, Schnee und Landschaft (WSL) in Birmensdorf nicht sprechen. Bereits vor hundert Jahren sei es vorgekommen, dass grosse Bäume verpflanzt wurden. Heute sei es im Gegenteil eher so, dass oft dermassen verdichtet gebaut werde, dass für grosse Bäume gar kein Platz mehr bleibe. «Grosse Bäume werden dort gepflanzt, wo viel Platz und vor allem viel Kapital vorhanden ist.» Die Bauherren Daniel und Hansruedi Keiser von der Spielhof Oberwil AG erklären: «Das Echo auf die Bäume ist sehr positiv, was uns natürlich freut.» Der Grund, warum man die Bäume aus Deutschland bezogen habe, sei ein ganz einfacher: In den Schweizer Baumschulen finde man weder eine vergleichbare Qualität noch die benötigte Anzahl.

Bäume werten Siedlungsraum auf

Roland Schuler von der Pro Natura betont, dass auch im Siedlungsgebiet einiges für die Ökologie geleistet werden kann: «Richtig geplant, angelegt und unterhalten, können natürliche Strukturen wie Bäume, artenreiche Wiesen oder Hecken einen wichtigen Beitrag leisten, dass Siedlungen für Vögel, Schmetterlinge, Frösche oder Wildbienen nicht zu grauen, leblosen Löchern in der Landschaft werden.»

Bei grösseren Überbauungen sei es Aufgabe der Bauherrschaft und der Gartenplaner, ökologisch wertvolle Kleinlandschaften zu gestalten. Natürlich sei es umweltgerechter, wenn eingesetzte Pflanzen auf kurzen Wegen herbeigeschafft werden können. Wichtig sei aber auch, auf einheimische Gewächse zu setzen. Die Leute hätten durchaus Sinn für die Schönheit oder den Erinnerungswert eines Baumes, meint der Baumschulist Ueli Lamprecht aus dem zürcherischen Pfäffikon. Alte Bäume seien jedenfalls sehr gefragt. Die Kundschaft schätze die Geschichte und den Charakter eines alten Baumes. Trotzdem käme es leider noch immer vor, dass  Bäume «geopfert» würden. Dies sei vor allem im vorstädtischen Bereich der Fall, wo in alten grossen Gärten verdichtet gebaut werde.

Entscheidend sind die ersten fünf Jahre

Der Baumpfleger Pascal Erni aus Neuheim ZG betont, dass Bäume bei der Gestaltung einer Gartenanlage ein wichtiges Element darstellen. Um möglichst schnell einen gestalterischen Effekt zu erzielen, könne es berechtigt sein, bereits grössere Bäume zu pflanzen. Wer dieses Vorgehen wählt, müsse jedoch vorsichtig zu Werk gehen. Das Wichtigste sei die Anwachspflege. «Entscheidend für das langfristige Gedeihen der Bäume sind nämlich die ersten fünf Jahre. Deshalb muss jeder verpflanzte Baum sehr robust und gesund sein. Wichtig ist zudem, dass beim Transport keine Fehler passieren, damit die Bäume keine Verletzungen erleiden.» Auch der Zeitpunkt des Pflanzens sei von Bedeutung: «Wenn möglich sollte dafür die Herbst- oder Winterzeit gewählt werden. Es gilt nämlich einen sogenannten Pflanzschock zu vermeiden.»

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