Luzerner Mieter müssen bluten

«Die Mieten werden massiv steigen»

Überbauung mit 36 Mietwohnungen der Allgemeinen Baugenossenschaft Luzern (ABL) an der Weinberglistrasse. (Bild: abl.ch)

Eigentlich sollten dank tiefer Heizölpreise und abgeschaffter Liegenschaftssteuer die Mieten im Kanton Luzern sinken. Doch darüber können sich Mieter höchstens kurzfristig freuen. Denn mittelfristig werden die Mieten sogar steigen, ist der Luzerner Mieterverband überzeugt.

62 Prozent der Luzerner Bevölkerung lebt in Mietwohnungen. Werden sie künftig mehr oder weniger Miete zahlen müssen? Die Sache ist verzwickt. Billigeres Heizöl, tiefere Steuern und ein Referenzzinssatz im Sturzflug: Das würde für tiefere Mieten sprechen. Aber die Energiewende und der schwache Euro werden diese Auswirkungen wohl mehr als aufheben, mahnt Beat Wicki, Geschäftsleiter des Luzerner Mieterverbandes.

zentral+: Beat Wicki, 57 Prozent der Luzerner Bevölkerung stimmten vor einem Jahr für die Abschaffung der Liegenschaftssteuer per Anfang 2015. Davon sollen gemäss Hauseigentümerverband Luzern (HEV) auch die Mieter profitieren. Insgesamt wird mit 40 Millionen Franken gerechnet, welche Liegenschaftsbesitzer sparen können. Weitergereicht an die Haushalte, wären das zwischen 150 bis 250 Franken weniger Miete pro Jahr. Wissen Sie, ob das in der Praxis auch geschieht?

Beat Wicki, Geschäftsführer Luzerner Mieterverband.

Beat Wicki, Geschäftsführer Luzerner Mieterverband.

(Bild: zvg)

Beat Wicki: In einzelnen Fällen haben wir beobachtet, dass die Senkungen weitergegeben worden sind. Wir gehen aber davon aus, dass die Mehrheit der Vermieter die Senkung nicht von sich aus weitergibt, da der monatliche Betrag für eine durchschnittliche Mietwohnung sehr klein ist. Wir begrüssen zwar, dass der HEV seine Mitglieder öffentlich aufforderte, den Wegfall der Liegenschaftssteuer den Mietern weiterzugeben. Allerdings vertritt der HEV nur die «kleinen», privaten Vermieter. Die grossen Immobilieninvestoren sind nicht über den HEV organisiert.

zentral+: Gemäss gemeinsamer Mitteilung von HEV und Mieterverband haben die beiden Parteien einen Deal vereinbart. Demnach passen Liegenschaftsbesitzer Änderungen beim Referenzzinssatz automatisch an und geben damit auch die Mietzinssenkungen an die Mieter weiter. Funktioniert das?

Wicki: Der HEV kann nur eine Empfehlung an seine Mitglieder abgeben. Gemäss Mietrecht muss der Mieter sein Recht auf Mietzinssenkung einfordern. Es wird demnach in der Regel weiterhin so bleiben, dass nur diejenigen Mieter profitieren, die die Senkung verlangen.

zentral+: Das könnte sich schon bald noch mehr lohnen. Der Schweizerische Mieterverband geht davon aus, dass  der Referenzzinssatz per 1. Juni 2015 vermutlich von 2 auf 1,75 Prozent sinken wird. Was bedeutet das für die Mieter?

Wicki: Dies bedeutet eine Mietzinssenkung der Nettomiete von 2,9 Prozent, wenn der Mietzins bereits auf 2 Prozent Referenzzins angepasst worden ist. Wurde der Mietzins jedoch noch nicht angepasst, ist der Senkungsanspruch entsprechend noch höher.

zentral+: Günstiger sollte das Wohnen auch wegen dem gesunkenen Heizölpreis werden. Heizöl ist in letzter Zeit enorm viel billiger geworden, zeitweise um die Hälfte. Diese Kosten werden über die Nebenkostenabrechnung verrechnet. Was schätzen Sie, um wieviel Franken ein 4-Personen-Haushalt im Schnitt entlastet werden könnte?

Wicki: Bei einer Annahme von 1’400 Franken Heizölkosten im Jahr für eine durchschnittlich gedämmte 4- bis 5-Zimmerwohnung kann man mit einer Ersparnis von rund 200 Franken pro Jahr rechnen.

zentral+: Immerhin etwas. Nun steht aber in der aktuellen Ausgabe des Mieterverband-Magazins, dass die Mieten wegen dem schwachen Euro steigen könnten. «Fliesst mehr Kapital in den Immobilienmarkt, wird dies am Ende zu höheren Mieten führen», wird Jacqueline Badran vom Schweizerischen Mieterverband zitiert. Können Sie uns das erklären?

Wicki: Seit einigen Jahren sind Investitionen in Immobilien attraktiv. Sie bieten eine hohe konstante Gewinnmarge ohne Schwankungen (im Gegensatz zu Aktien). Grundsätzlich hat es weniger mit dem Eurokurs, sondern mehr mit den tiefen Hypotheken zu tun. Tiefe Hypotheken lassen zwar den Referenzzinssatz und damit die Mieten (theoretisch) sinken. Andererseits werden Immobilien für Investoren dadurch attraktiver. Gewinnmaximierung der börsenkotierten Immobilienfonds verteuern die Immobilien, vor allem den Boden, und damit die Mietzinse, bis die Immo-Blase platzt.

zentral+: Das hört sich weniger gut an. Zudem warnt der Mieterverband, dass wegen der vom Bund angestrebten Energiewende das Wohnen ziemlich sicher teurer wird. Etwa wegen höheren Abgaben für die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) sowie höheren CO2-Abgaben. Wird zur Miete wohnen unter dem Strich also eher teurer oder bleibt alles beim Alten?

Wicki: Um die Energiewende zu schaffen, müssen sämtliche älteren Jahrgänge der Immobilien bezüglich Wärmedämmung und Heiztechnik nachgerüstet werden. Dies löst mit Förderbeiträgen enorme Investitionen aus. Gemäss Mietrecht kann der Vermieter wertvermehrende Investitionen auf die Mietzinse überwälzen. Ohne mietrechtliche Schutzmassnahmen zur Eindämmung der Mietzinserhöhungen werden nach geltendem Recht die Mieter den Grossteil dieser Investitionen zu berappen haben. Aufgrund dieser und oben genannten Überlegungen werden die Mieten weiterhin massiv steigen.

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