Sie wurden mit Raubkopien Schlossbesitzer

Deshalb wurden Chefs der Zuger Rapidshare freigesprochen

Das Schloss Eugensberg im Thurgau ging an die Rapidshare-Chefs Christian und Alexandra Schmid. (Bild: Konkursamt Thurgau)

Rapidshare war lange Zeit einer der beliebtesten Filesharing-Dienste unter Raubkopierern. Ihre Besitzer verdienten Millionen. Wie das eben veröffentliche Urteil des Strafgerichts Zug zeigt, können sie rechtlich dafür nicht belangt werden.

Rapidshare galt lange Zeit als eines der erfolgreichsten Schweizer Start-ups. Mit täglich bis zu 42 Millionen Besuchern war die 2002 gegründete Firma mit dem späteren Hauptsitz in Baar eine der 20 beliebtesten Websites der Welt. Im Jahr 2008 soll der Besitzer gemäss «Bilanz» ein höheres Einkommen versteuert haben als der Nestlé-Chef.

Das Problem dabei: Der Unternehmenserfolg ging primär auf Kosten Dritter. Rapidshare stellte Speicherplatz zur Verfügung, über den Nutzer Daten austauschten. Besonders beliebt war urheberrechtlich geschütztes Material.

Der Druck aus der Film-, Musik und Game-Industrie wurde über die Jahre immer grösser. Als die Schweiz vor einigen Gesetzesänderungen stand, limitierte das Unternehmen die kostenlosen Nutzerkonten. Dies war der Anfang vom Ende. Kurz nach dem Umzug von Cham in einen markanten ziegelroten Bau bei der Autobahnausfahrt Baar entliess das Unternehmen im Jahr 2013 drei Viertel der 60 Angestellten. Zwei Jahre später wurde der Dienst vollständig eingestellt.

Millionen, Villen und Schlösser

Was blieb, war ein Millionenvermögen des Gründers Christian Schmid und seiner Frau Alexandra – und ein Hang zu repräsentativen Gebäuden. Im Jahr der Massenentlassung erwarb Schmid die Villa Margaritha in Vitznau, im Jahr 2019 folgte aus dem Konkurs von Rolf Erb das Schloss Eugensberg in Salenstein TG. Das 82 Hektar grosse Anwesen hat eine Grösse von rund 100 Fussballfeldern.

Doch eine Altlast aus der damaligen Zeit sollte das Paar noch verfolgen – eine Anklage wegen gewerbsmässiger Gehilfenschaft zu Widerhandlungen gegen das Urheberrechtsgesetz (zentralplus berichtete). Neben dem Ehepaar Schmid wurde ein Jurist, der von 2010 bis 2012 für alle rechtlichen Aspekte von Rapidshare zuständig war, angeklagt. Als Sanktion wurde für Schmid eine Geldstrafe von 192 Tagessätzen zu 3’000 Franken gefordert.

Urteil gegen angeklagten Schlossbesitzer

Daraus wird jedoch nichts, wie aus dem eben veröffentlichten schriftlichen Urteil hervorgeht. Alle drei Angeklagten werden freigesprochen. Sie müssen jedoch einen beträchtlichen Teil der Verfahrenskosten übernehmen. Das Urteil ist vor allem auch eine Schlappe für die Staatsanwaltschaft und die verschiedenen Privatkläger.

Als erstes stellt die Einzelrichterin darin die schweizerische Gerichtsbarkeit für weite Teile der angeklagten Urheberrechtsverstösse in Abrede. Denn bei einem über Internet begangenen Urheberrechtsdelikt sei der Ort der Dateneinspeisung massgebend. Dieser hätte sich aber in den meisten Fällen im Ausland befunden.

Schlappe für Anklage und Privatkläger

Aber auch bei den insgesamt sechs Privatklägern sei nur gerade in einem Fall ein Anknüpfungspunkt für eine schweizerische Gerichtsbarkeit gegeben. Auch hätten diese Verlage nicht dargelegt, inwiefern sie an den betroffenen Werken berechtigt gewesen seien. Einzig eine Verlagsbuchhandlung für Medizin und Naturwissenschaften aus Basel wurde zugelassen. Dies, weil sie direkt betroffen sei und unter ihren 19 Fällen zumindest einen Schweizer Autor vertrete.

Der ehemalige Firmensitz von Rapidshare in Baar.
Der ehemalige Firmensitz von Rapidshare in Baar. (Bild: Wikipedia)

Dass die Anklage dennoch scheiterte, liegt gemäss Urteil an verschiedenen Faktoren. Die Staatsanwaltschaft führte in ihren Anklageschriften gegen die früheren Rapidshare-Chefs aus, dass es beim Unternehmen zu Zehntausenden von Urheberrechtsverletzen pro Monat gekommen sei. Rapidshare reagierte bei entsprechenden Meldungen, sogenannter Takedownmeldungen, jeweils unmittelbar. Verdachtsmeldungen alleine seien laut Gericht aber kein Beweis für eine Urheberrechtsverletzung, auch nicht wenn es viele seien. Ausserdem sei es unterlassen worden, diese Verstösse in der Anklage konkret zu nennen und damit zu beweisen.

Zentral ist jedoch, dass der Download von urheberrechtlich geschützten Inhalten zum Eigengebrauch in der Schweiz nicht strafbar ist. Dem Unternehmen könne daher kein Vorwurf gemacht werden, damit Einkünfte zu generieren. Dies gelte selbst dann, wenn diese Downloads potenziell urheberrechtsverletzend gewesen seien.

Kaum viele Downloads mit medizinischer Fachliteratur

Der Anklage ist gemäss Gericht nicht zu entnehmen, welche Anteile der Einkünfte der Beschuldigten auf legale und welche auf möglicherweise illegale Tätigkeiten des Geschäfts zurückzuführen waren. Zudem hätte die Staatsanwaltschaft es versäumt, wichtige Geschäftszahlen einzureichen. Das Gericht führt eine ganze Liste fehlender Angaben auf, mit der sich eine mögliche illegale Tätigkeit und die Einnahmen daraus beziffern liesse. Dies gelte auch für die 19 konkreten Fälle des Basler Verlags.

Ausserdem glaubt die Einzelrichterin nicht daran, dass mit dem Bereitstellen illegaler Downloads von Buchtiteln wie «Nieren- und Blutdruckregulierung», «Fernmetastasen aus dem Kopf-Hals-Bereich» oder «Hämiodiafiltration» ein nahmhafter Beitrag an den Lebensunterhalt geleistet werden könne.

Dies wäre jedoch Voraussetzung für die Gewerbsmässigkeit. Eine einfache Gehilfenschaft zu Urheberrechtsverletzungen sei ebenfalls nicht gegeben. Entweder fehle es in diesen Fällen an der schweizerischen Strafgerichtshoheit oder an Strafanträgen. Zudem sei ein Teil der Fälle bereits kurz nach der Anklageerhebung verjährt gewesen.

Folgerichtig wurden die drei Angeklagten in allen Punkten freigesprochen. Kosten können ihnen dennoch auferlegt werden, wenn diese rechtswidrig und schuldhaft die Einleitung des Verfahrens bewirkt oder dessen Durchführung erschwert haben. Es sei nachgewiesen, dass über Rapidshare urheberrechtlich geschützte Werke von beliebigen Dritten abrufbar gewesen seien. Anders als strafrechtlich reiche dies für eine zivilrechtliche Verantwortlichkeit.

Ehepaar muss 127’000 Franken zahlen

Da die geschützten Werke in der Schweiz zugänglich gewesen seien, sei ihnen eine Verletzung des Urheberrechtsgesetz vorzuwerfen. So hätte Rapidshare nicht verhindern können, dass abgemahnte Werke des Basler Verlags erneut abrufbar waren.

Diese Urheberrechtsverletzungen seien ursächlich für die Einleitung des Strafverfahrens gewesen, so dass Alexandra und Christian Schmid jeweils Verfahrenskosten von knapp 30’000 Franken zu tragen haben sowie die Privatklägerinnen solidarisch mit 67’000 Franken entschädigen müssen. Anders verhält es sich beim später zum Unternehmen gestossenen Juristen, dem keine zivilrechtliche Schuld zugewiesen wird. Er erhält aus der Staatskasse eine Entschädigung von 75’000 Franken.

Das Urteil kann noch ans Obergericht weitergezogen werden, wobei die Staatsanwaltsanschaft auf einen Weiterzug verzichtet. Der Zürcher Anwalt Andreas Meili, der Alexandra Schmid vertritt, sagte gegenüber zentralplus, dass man nun erstmal das Urteil eingehend studieren wolle.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Michi Kälin
    Michi Kälin, 05.01.2022, 08:10 Uhr

    Rapidshare habe ich auch jahrelang genutzt. Es war jedem klar, dass das alles Raubkopien waren. Aber in der Schweiz war das ja anders als im Ausland legal. Ein Bekannter im Ausland hatte da weniger Glück, das wurde teuer für ihn.

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