Wird «beiUns» ganz eingestellt?

Der schleichende Tod des Luzerner Mitmach-Mediums

Die regionale Portal «beiUns» scheint eingeschlafen, wer bringt frischen Wind?  (Montage zentralplus)

 

Aus der Region, für die Region: 2012 startete das neue Mitmach-Medium «beiUns» zuerst in Luzern, später in der ganzen Schweiz. Keine Journalisten, sondern Bürger schreiben Texte. Vier Jahre später scheint das Konzept gescheitert, die Seite ist eingeschlafen. Ganz aufgeben wollen die Betreiber aber nicht. Noch nicht.

Eine Plattform für Lokales will «beiUns» sein. Vor vier Jahren in Luzern gestartet, schnell gewachsen, auf sechs Regionen expandiert – anfangs schien das zu funktionieren. Und heute? Wer die Webseite anklickt, bekommt schnell das dumpfe Gefühl: Hier ist die Luft raus. Bei jedem Artikel sieht man die Leserzahlen – selbst zweistellige Zahlen sind inzwischen die Ausnahme. Kommentiert wird kaum mehr. Die App im Store? Unauffindbar. Printausgabe: längst eingestellt. Man muss kein Medienprofi sein, um festzustellen: So kann’s nicht weitergehen.

Hinter der Plattform steckt Bruno Affentranger, der «beiUns» mit drei Geschäftspartnern 2012 ins Leben rief. Er gibt zu, dass es nicht wunschgemäss läuft – vor allem, was die Werbung anbelangt. Affentranger, respektive seine BA Media in Luzern, ist vertragliche Pächterin von «beiUns», Herausgeberin ist die beiUns Medien AG.

Ein digitaler Rummelplatz

Das Mitmach-Medium ist im März 2012 in 14 Luzerner Gemeinden gestartet: Nicht eigentliche Redaktoren, sondern sogenannte «Regioporter» erstellen die Inhalte. «Regioporter» kann jeder werden, Privatpersonen genauso wie Vereine oder Veranstalter. Die einzige Bedingung, um zu schreiben oder Fotos zu posten: Man muss mit seinem richtigen Namen dazu stehen. Wer einen Account hat, kann anderen folgen, Gruppen erstellen und kommentieren. Im Prinzip ist «beiUns» eine Mischung aus News, digitalem Rummelplatz und Social Media.

«Kommerziell läuft es nicht so, wie wir uns das gewünscht hatten.»

Bruno Affentranger, Herausgeber «beiUns»

Das Portal expandierte seit dem Start laufend in weitere Gemeinden und Regionen: 2013 kamen Zürich, Bern, Basel, St. Gallen und Zug dazu. Und man startete mit einer Printausgabe, die alle zwei Wochen die besten Beiträge versammelte. Immerhin mit einer Startauflage von 24’000 Exemplaren.

Verwaiste Rubriken

Doch es kriselt bei der Mitmachzeitung: Schon seit rund zwei Jahren gibt es keine regelmässige Printausgabe mehr (abgesehen von einzelnen Sonderausgaben). Und auch das Onlineangebot dümpelt vor sich hin und besteht momentan hauptsächlich aus Veranstaltungsvorschauen und Verlosungen. Rubriken wie der Marktplatz – ein Angebot für PR-Berichte – sind ganz verwaist. Kurz: Man kommt sich etwas einsam vor «beiUns». Dass die Plattform in den anderen Regionen nie den Anklang fand wie in Luzern, sieht man an der Anzahl Regioporter: Von schweizweit 2700 entfallen über 2000 auf Luzern. In Zürich sind es nur gerade 239, in Zug sogar nur 70.

So sieht es auf der Plattform momentan aus.  (Screenshot: zentralplus)

So sieht es auf der Plattform momentan aus.  (Screenshot: zentralplus)

Man sieht es dem Portal also an, dass es nicht auf Volldampf läuft. Das gibt auch Bruno Affentranger (50) zu, der eine Vergangenheit als Wirtschaftsjournalist bei «Cash» und «Bilanz» hat. Affentranger glaubt zwar immer noch an die Idee des Mitmachportals – gibt aber auch zu: «Kommerziell läuft es nicht so, wie wir uns das gewünscht hatten.» Zahlen zur Nutzung und zu Kosten will er jedoch nicht bekanntgeben.

Etwa seit einem Jahr laufe «beiUns» auf Sparflamme, sagt Affentranger. «Wir haben nicht die Reichweite erzielt, um genügend Werbekunden zu gewinnen, darum läuft das klassische Anzeigengeschäft nicht wie gewünscht.»

Weiter geht’s nur mit neuen Partnern

Das Produkt «beiUns» war von Anfang an eher ein unternehmerisches als ein publizistisches: Denn was die Regioporter so schreiben und berichten, ist im Prinzip unwichtig – Hauptsache, es geht was. Im Moment sind es vorwiegend Hinweise auf Veranstaltungen. Anders bei den damaligen Beiträgen in der gedruckten Ausgabe, die waren redaktionell betreut.

«Die Plattform war immer ein Experiment, die Option, wieder aufzugeben, bestand von Anfang an.»

Weitergehen kann es laut Affentranger nur, wenn neue Partner aufspringen. Es würden derzeit Gespräche mit möglichen neuen Partnern laufen, einen Entscheid erwartet er in den nächsten Wochen. Also jemand, der Kapital einschiesst? Oder die Plattform sogar ganz übernimmt und weiterbetreibt? Dazu will Affentranger noch nichts verraten. Nur so viel: «Es geht nicht nur um das Geld, es geht auch um neues Know-how, wie man die Plattform wieder zum Funktionieren bringen kann.»

So wie jetzt weiterzumachen, sei keine Option. Entweder man finde eine neue Lösung mit neuen Partnern – oder «beiUns» ist Geschichte. «Die Plattform war immer ein Experiment», sagt Affentranger, die Option, wieder aufzugeben, habe von Anfang an bestanden. Und er sagt auch: «Es braucht wenig, um es wieder zu drehen.»

Bruno Affentranger.  (Bild: zvg)

Bruno Affentranger.  (Bild: zvg)

Konsumenten statt Produzenten

Die letzten Monate hätten gezeigt, dass gerade die Verlosungen viele neue User auf die Plattform gelenkt hätten. «Das funktioniert, da haben wir dazugelernt», sagt Affentranger. Aber die Gefahr bestehe, dass dadurch vermehrt ausschliesslich konsumierende User angesprochen würden und weniger die produzierenden – also Regioporter, die Texte schreiben oder fotografieren. «Die nächsten Anstrengungen müssten sein, wieder mehr produzierende Regioporter anzuziehen», sagt Affentranger. Dass also wieder sichtbar mehr geschieht auf der Seite.

«Die Freude ist nicht vollständig abhanden gekommen.»

Aber wieso hat es bisher denn zu wenig funktioniert? Hat man die vielen regionalen Foren und Börsen auf Facebook unterschätzt? Affentranger verneint, Facebook sei schon beim Start sehr stark gewesen. Er glaubt nach wie vor, dass eine lokale Plattform wie «beiUns» funktionieren kann. «Aber die Medienwelt hat sich in den vier Jahren stark verändert», so Affentranger. Die Online-Werbung wird heute von den Riesen wie Google dominiert, Kleine kriegen nicht mehr viel ab.

Abschreiben möchte er «beiUns» noch nicht. Das Modell sei flexibel und anpassungsfähig – und es kostet auch wenig, da es personell sehr schlank aufgebaut ist. Auch wenn im Gespräch nicht mehr viel vom anfänglichen Elan spürbar ist, sagt Affentranger: «Die Freude ist nicht vollständig abhanden gekommen.» Was aber auch heisst: ein bisschen eben schon.

So sah die Printausgabe aus, die es aber nur kurz gab.  (Bild: zvg)

So sah die Printausgabe aus, die es aber nur kurz gab.  (Bild: zvg)

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