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Wer sind eigentlich die grössten Stromverbraucher in der Region? Und sparen die auch Strom, oder sollen das nur Private?
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Wer Strom spart und wer nicht

Das sind die grössten Stromsünder im Kanton Luzern

Die Swiss Steel gehört zu den grössten Stromverbrauchern im ganzen Kanton. (Bild: Swiss Steel Group)

Strom zu sparen ist diesen Winter Bürgerpflicht, doch gilt das für alle? Wir haben bei den grössten Stromverbrauchern im Kanton Luzern nachgefragt. Von Notstromaggregaten im Spital bis zu kalten Öfen im Stahlwerk - die Energiekrise trifft jeden.

Ihr habt es euch gewünscht – wir haben nachgefragt. Wer sind die grössten Stromverbraucher in der Region? Und müssen die auch sparen? Die Suche nach Antworten war nicht leicht. Denn in Zeiten der Energiekrise ist ein hoher Stromverbrauch nichts zum Prahlen. Doch wir haben nicht locker gelassen und bei den Unternehmen nachgehakt. Die Antworten könnten unterschiedlicher nicht sein.

Wer verbraucht am meisten im Kanton Zug?

zentralplus hat auch versucht, in Zug nachzuhaken. Dort wollte aber niemand Auskunft erteilen. Die kantonale Energiefachstelle teilte mit, dass sie keine Statistiken über den Verbrauch von Zuger Grossunternehmen habe. Doch anders als im Kanton Luzern wollten auch die Anbieter nicht reden. Die WWZ, alleiniger Stromanbieter im Kanton Zug, teilte auf Anfrage mit, aufgrund des Datenschutzes weder die Firmen noch die Branchen mit dem höchsten Verbrauch bekannt zu geben.

Schon früh wurde klar, dass wir bei der Verwaltung an der falschen Adresse sind. Das Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement teilt auf Anfrage von zentralplus mit, dass die lokalen Netzbetreiber für die Statistiken zuständig seien.

Die Stromversorgung des Kantons Luzern teilen sich die Anbieter CKW und EWL. Der Stromanbieter CKW deckt dabei das Land ab, EWL die Stadt Luzern, Kriens und Schwarzenberg. Zu unserer grossen Erleichterung waren beide Anbieter bereit, mit uns zu sprechen. Und aus dem Nähkästchen zu plaudern.

Das Strom-Versorgungsgebiet der CKW ist in dunkelgrün markiert. EWL versorgt Luzern, Kriens und Schwarzenberg mit Strom. (Bild: zvg)

EWL betont, dass es sehr aufwendig sei, die grössten Stromverbraucher herauszufiltern. Einige Firmen haben langfristige Verträge mit EWL zur Abnahme gewisser Strommengen, andere beziehen Strom aus dem Verteilnetz. Auch der Datenschutz spielt eine Rolle. «Es ist zwar eine einfache Frage, aber überraschend schwer zu beantworten», teilt Alain Brunner, Kommunikationsbeauftragter von EWL, mit.

Die Top-Vier Stromverbraucher in der Stadt Luzern

Die Branchen mit dem höchsten Stromverbrauch kann EWL trotzdem mitteilen. «Platz eins in der Liste belegt das Gesundheitswesen», so Brunner. Mit ihren Diagnosemaschinen und Geräten verbrauchen sie im Gebiet Stadt Luzern am meisten Strom.

Auf dem zweiten Platz liegt der öffentliche Verkehr, inklusive des Bahnhofs Luzern. Strom zum Antrieb, für die Beheizung der Fahrgastkabinen und des Bahnhofs sowie Beleuchtung und Administration schlagen hier zu Buche.

Alain Brunner von EWL stellt für uns die Top-Vier Stromverbraucher zusammen.
Alain Brunner von EWL stellt für uns die Top-Vier Stromverbraucher zusammen. (Bild: zvg)

Auf dem dritten Platz folgt die Verwaltung. «Also alle Büroräume in der Stadt Luzern, die zur kantonalen und städtischen Verwaltung gehören», ergänzt Brunner. Auch hier sind es vor allem die Beheizung und elektronischen Geräte, die den Stromverbrauch in die Höhe treiben.

Auf dem letzten Platz der Top-Vier Stromverbraucher in Luzern landet die Gastronomie und Hotellerie. Brunner erklärt, dass besonders die Wärmeproduktion stromintensiv ist. Wenn eine Branche also viel Wärme erzeugen muss, wie etwa in grossen Hotelräumlichkeiten oder Grossküchen, macht sich das im Stromverbrauch bemerkbar.

Wenn dem Spital der Strom ausgeht ... passiert nichts

Das Luzerner Kantonsspital (LUKS) will nicht verraten, wie viel Strom sie genau verbrauchen. Die Mitarbeiter seien aber zum Energiesparen aufgerufen worden, schreibt das LUKS auf Anfrage von zentralplus. Weitere Einsparungen gäbe es bei der Gebäudeheizung, und der Gebäude- und Elektrotechnik. Auf den Stationen und bei der kritischen Infrastruktur seien keine Anpassungen geplant.

Dank Notstromaggregate funktionieren Aufzüge und Beleuchtungen nach spätestens 15 Sekunden wieder.

Kommunikationsabteilung Luzerner Kantonsspital

Da das LUKS eine Akutklinik ist, müssen sich die Patienten keine Sorgen machen, dass die Lichter ausgehen. «Der Betrieb in lebenswichtigen Bereichen wie Operationssälen oder Intensivstationen ist dank Batterieunterstützung jederzeit und ohne Unterbruch gewährleistet», teilt das Spital mit. Notstromaggregate würden dafür sorgen, dass auch Aufzüge und Beleuchtungen nach spätestens 15 Sekunden wieder funktionieren. Der Vorrat an Treibstoffen reiche für mehrere Tage.

Grosse Stromverbraucher im Kanton Luzern produzieren Holz, Stahl und Papier

Bei den Recherchen zu den grössten industriellen Stromverbrauchern war schnell klar: besonders energieintensiv ist die Stahlproduktion, die Holzverarbeitung, die Papierherstellung und die chemische Industrie. Im Kanton Luzern stiessen wir dabei immer wieder auf dieselben drei Firmen: Swiss Steel, Swiss Krono und Perlen Papier. Wir haben bei CKW nachgefragt und unsere Vermutung wurde bestätigt. Die drei Giganten gehören zu den grössten Stromverbrauchern in der Region Luzern.

Wir haben den Firmen geschrieben. Wie viel Strom verbrauchen sie? Haben Sie auch schon Strom sparen müssen? Und was passiert, wenn der Strom im Winter knapp würde? Die Antworten zeigen, dass es schwer ist, Grossverbraucher über einen Kamm zu scheren.

Swiss Krono in Menznau

Die Swiss Krono ist ein Anbieter von Holzwerkstoffen. Seine Produkte werden für die Innenausstattung, Fussböden und als Baumaterialien verwendet. Im letzten Geschäftsjahr erzielte der 1966 im Luzernerischen Menznau gegründete Konzern einen Umsatz von zwei Milliarden Franken.

«Falls es zur Kontingentierung kommt, müssen einzelne Anlagen abgestellt werden.»

Herbert Christen von Swiss Krono

Wir haben mit Herbert Christen von Swiss Krono über den Stromverbrauch des Unternehmens gesprochen. Christen ist neben seinem Job bei dem Holzfabrikanten auch Vize-Präsident der Interessengemeinschaft Energieintensive Branchen (IGEB).

Werk der Swiss Krono AG in Menznau. (Bild: Google Maps)

Er teilt mit, dass das Jahr 2022 aussergewöhnlich war. Im Oktober habe die Swiss Krono 10,4 GWh Strom verbraucht. «Das ist um circa 25 Prozent tiefer als in den Vorjahren, da wir energieintensive Bereiche teilweise abgestellt haben», erläutert Christen. Auch die Absaugungen konnten optimiert werden, damit sie weniger Strom verbrauchen. Letztlich sei besonders die Produktion von Spanplatten und Holzfaserplatten stromintensiv. Dort wurde angesetzt.

Die Entscheidung zum Stromsparen fiel aufgrund der Kosten. Durch die steigenden Energiepreise sah sich der Konzern gezwungen, Kosten zu sparen. «Dies ist vor allem eine Marktfrage», betont Christen. Auf den Winter blickt Christen mit Sorge. Falls es zur Kontingentierung kommt, müssten einzelne Anlagen abgestellt werden.

Perlen Papier AG in Root

Die Perlen Papier AG in Root stellt Papier für Magazine und Zeitungen her. Gegründet 1873, ist die Firma mit einer jährlichen Produktion von 560'000 Tonnen Papier schweizweit führend in der Branche. Christian Weber, Chef der Kommunikationsabteilung, gibt bereitwillig Auskunft.

«Die Produktion von Zeitungspapier ist systemrelevant.»

Christian Weber, Kommunikationschef bei Perlen Papier AG

Er teilt mit, dass das Jahr 2022 keine grossen Veränderungen gebracht hätte. «Da die Anlagen rund um die Uhr in Betrieb sind, war der Verbrauch in etwa gleich hoch wie in den Vorjahren», sagt Weber. Konkret ist das ein Stromverbrauch von 600 GWh pro Jahr, der zu 90 Prozent in die Papierproduktion fliesst.

Wird die Papierfabrik Perlen zu einem Gaskraftwerk?
Die Papierherstellung in der Papierfabrik Perlen verbraucht eine Menge Strom. (Bild: Symbolbild Emanuel Ammon/Aura)

In den Winter blickt das Unternehmen optimistisch. Durch die Verlängerung der Laufzeiten deutscher Kohlekraftwerke und den Netzanschluss französischer sei die Lage besser, schreibt Weber. Trotzdem hat sich Perlen Papier auf verschiedene Szenarien bei einer möglichen Mangellage vorbereitet. Er betont, dass die Produktion von Zeitungspapier systemrelevant ist - so hatte es der Bund in der Corona-Pandemie beschlossen.

Steeltec AG in Emmen

Die Steeltec AG ist der Schweizer Ableger des internationalen Stahlkonzerns Swiss Steel Group. Der börsennotierte internationale Grossproduzent von Langstahl beschäftigt weltweit 10'000 Mitarbeiter und macht einen jährlichen Umsatz von über drei Milliarden Franken. Sein Firmenhauptsitz ist in Luzern.

«Wir schmelzen mit Strom, nur mit Strom.»

Kommunikationsabteilung der Steeltec AG

Der jährliche Verbrauch der Steeltec AG in Emmen wird nicht bekannt gegeben. «Er ist aber ungefähr so hoch, wie der Verbrauch der Stadt Luzern», teilt ein Sprecher auf Anfrage mit. Der grösste Stromfresser? Das Schmelzen von Altmetall in den Öfen. Mehrere Millionen Tonnen Schrott werden so in Emmen pro Jahr zu Stahl verarbeitet.

Die Stahlindustrie verbraucht grosse Mengen Strom in sogenannten Hochöfen. Dort wird das Metall geschmolzen. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Bei der Steeltec kommen keine mit Koks betriebenen Hochöfen zum Einsatz. Das Unternehmen setzt auf sogenannte Elektrolichtbogenöfen. «Wir schmelzen mit Strom, nur mit Strom», teilt Steeltec mit. Der Vorteil? Während Hochöfen einen Monat brauchen, um abgeschaltet zu werden, geht das bei den Elektroöfen um ein Vielfaches schneller.

«Wir haben vorausschauend eingekauft.»

Steeltec AG

Über den konkreten Stromverbrauch im Jahr 2022 schweigt die Steeltec. Es sei aber «kein nennenswerter Rückgang im Verbrauch festgestellt worden», teilt die Kommunikationsabteilung mit. Auf die Produktion habe die Veränderung auf dem Strommarkt trotzdem Einfluss genommen. «Wir haben versucht, den Strom dann zu nutzen, wenn er günstig ist. Dafür wurden die Öfen immer wieder abgeschaltet, wenn der Strom zu teuer war.»

Auf den Winter schaut das Unternehmen ebenfalls entspannt. «Wir haben vorausschauend eingekauft», meint Steeltec. Aufgrund von langfristigen Verträgen mit Stromanbietern scheint die Versorgung gesichert. Mehr Sorgen bereiten die massiv steigenden Strompreise. So etwas gäbe es in Asien nicht. Jetzt auf dem internationalen Markt zu bestehen, sei «wirklich, wirklich eine schwierige Situation.»

Wird der Strom in Luzern knapp?

Der Bundesrat hat Anfang November bekannt gegeben, dass das Risiko einer Strommangellage im Winter stark gesunken ist. Eine von ihm in Auftrag gegebene Studie zeigt: Die Stromversorgungssicherheit der Schweiz ist besser als gedacht (zentralplus berichtete).

Doch die Luzerner Stromanbieter sind weit davon entfernt, Entwarnung zu geben. «Wenn es sehr kalt wird und zum Beispiel Kernkraftwerke in der Schweiz oder in Frankreich ausfallen, kann die Lage ernst werden», betonte CKW Sprecher Marcel Schmid gegenüber zentralplus.

Verwendete Quellen
  • Mündlicher Austausch mit Steeltec AG
  • Schriftlicher Austausch mit Christian Weber von Perlen Papier AG
  • Mündlicher Austausch mit dem Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement Kanton Luzern
  • Schriftlicher Austausch mit Herbert Christen von Swiss Krono
  • Mündlicher Austausch mit der Energiefachstelle Kanton Zug
  • Schriftlicher Austausch mit dem Luzerner Kantonsspital
  • Mündlicher Austausch mit WWZ
  • Artikel von Swissinfo
  • Artikel von «HTR»
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4 Kommentare
  • Profilfoto von Remo
    Remo, 01.12.2022, 22:52 Uhr

    «Stromsünder» ist definitiv ein völlig unpassender Ausdruck für diese Verbraucher.

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  • Profilfoto von Peter Bitterli
    Peter Bitterli, 27.11.2022, 17:32 Uhr

    Gesundheitswesen, ÖV, Stahl-, Holz- und Papierhersteller, Gastonomie und auch eine grössere Verwaltung sind keine „Stromsünder“, sondern Branchen und Betriebe mit einem hohen Energiebedarf. Wer religiöses Vokabular verwenden will, kann in einer Kirche oder bei den Grünen mitmachen.

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    • Profilfoto von Hannes Estermann
      Hannes Estermann, 30.11.2022, 08:31 Uhr

      Geehrter Hr.P.Bitterli,
      muss Ihnen absolut Recht geben. Für mich sind diese Betriebe, gross mehrheitlich, wenn schon «nützliche «Stromkonsumenten, niemals Sünder im Sinne des Wortes! Nutzniesser sind wir auf eine Art ja alle!

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  • Profilfoto von mebinger
    mebinger, 25.11.2022, 12:08 Uhr

    Nervenzusammenbruch der Gesellschaft

    Unsere Gesellschaft ist am Rande einer «Akuten Belastungsreaktion». Früher, als man noch schwatzen durfte, wie man wollte, sagte man dazu ganz einfach Nervenzusammenbruch und jeder verstand, was man meinte. Heute haben Experten die Oberhand gewonnen und wir leben wie zu Zeiten des Turmbaus von Babel. Keiner versteht den anderen und keiner macht sich die Mühe zu recherchieren und klar zu definieren. Statt die geschichtlichen Fakten zu eruieren, klebt man sich an der Strasse fest und gefährdet Menschenleben, weil dem Mainstream nicht widersprochen werden darf. Wer behauptet, wir hätten schon immer schnell wechselnde Klimata gehabt, wird mit einem Aluhut versehen. Oder wer betont, dass das neue Sexualstrafrecht Äonen von der gelebten Realität entfernt ist, wird als alter weisser Mann beschimpft. Entschuldigung, aber beim Flirten habe ich noch nie eine Frau gefragt, ob ich sie küssen darf, das machen normale Menschen nicht. MeToo hat mehr zerstört als gebracht! In Zukunft wird man den echten Opfern von Gewalt, ob männlicher oder weiblicher, ist egal, noch weniger glauben als vorher. Das Gleiche gilt mit der kulturellen Aneignung, auch die wird von Menschen als Waffe benützt, welche von Kultur, Bildung oder Geschichte keine Ahnung haben. Ohne kulturelle Aneignung wäre unsere Literatur, unsere Musik und unsere Kunst noch auf dem Stand der Steinzeit.

    Zurück zum Nervenzusammenbruch: Häufige Auslöser einer «Akuten Belastungsreaktion» sind gemäss Wikipedia «traumatische Erlebnisse, wie etwa Unfälle, Naturkatastrophen, Gewalterfahrungen oder Todesfälle, aber auch fortdauernde Stressbelastungen. Die Belastung stellt in der Regel eine ernsthafte Bedrohung der Sicherheit und körperlichen Unversehrtheit des Betroffenen oder eine plötzliche und bedrohliche Veränderung der sozialen Situation des Betroffenen dar».

    Medien und Politiker müssen endlich mit der Panikmache aufhören, sonst erleidet unsere Gesellschaft wirklich einen Nervenzusammenbruch!

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