Zentralschweiz

Biofleisch: Hoher Preis für ein gutes Gewissen

Was von hier kommt, ist garantiert bio: Die Bio-Fleischmanufaktur Ueli-Hof (hier mit Namensgeber Ueli Unternährer auf dem Hof in St. Niklausen).

(Bild: Marc Benedetti)

Bei Lebensmitteln sind die Leute heikel: Vor allem Fleischskandale verunsichern die Konsumenten. Manche essen weniger Fleisch oder verzichten ganz darauf. Andere entdecken zum ersten Mal Biofleisch. Vorausgesetzt, sie können es sich leisten. Denn Bio ist oft doppelt so teuer wie Fleisch aus konventioneller Tierhaltung. Aber warum?

Der bekannteste Biofleisch-Spezialist der Zentralschweiz ist die Ueli-Hof AG. Der Ursprung des Unternehmens liegt im Horwer Ortsteil St. Niklausen. Dort bewirtschaftet Ueli Unternährer den modernen Biobauernhof Mättiwil mit seiner Familie. «Den Tieren geht es gut bei uns », sagt er. «Wir nehmen uns die nötige Zeit für sie, die vielerorts fehlt.»

Ihr Engagement sei kein Marketing-Gag, betont Unternährer. «Wir sind nicht eines Tages auf die Idee gekommen, auf Bio umzustellen. Ich bin mit der Grundhaltung der Nachhaltigkeit und der Qualität aufgewachsen», sagt er. Sein Vater Walter war und ist ein Pionier der Mutterkuhhaltung in der Schweiz. 1989 stellten Unternährers ihren Hof auf Bio um.

Wertschöpfungskette in der eigenen Hand

Dennoch gab es auch Tiefpunkte respektive eine Neubesinnung in der Geschichte des Betriebs. «Wir besassen früher eine Viehhandelsfirma und verkauften Tiere verschiedener Höfe unter dem Label Natura-Beef», erklärt Ueli Unternährer. Natura-Beef ist das bedeutendste Rindfleischlabel der Biomarke Naturaplan von Coop.

Die Nachfrage nach Natura-Beef wuchs. Aber die einsetzende Entwicklung gefiel der Bauernfamilie nicht. «Der Druck nahm zu und wir mussten immer mehr produzieren. Die artgerecht aufgezogenen Tiere wurden schliesslich mit Sammeltransportern abgeholt und über lange Strecken in die grossen Schlachthäuser transportiert. Das entsprach nicht unseren Vorstellungen von Tierwohl.»

Es folgte der Ausstieg aus dem Programm. 2002 gründete die Familie die Ueli-Hof AG. Seither hat die Bauernfamilie die Wertschöpfungskette wieder selber in der Hand. Von der Aufzucht über die Schlachtung bis zur Verarbeitung geschieht alles in der Region. Geschäftsführer der Firma ist seit 2012 Martin Schmitz, der auch für die Fleischverarbeitung verantwortlich ist.

Nur selten Antibiotika

Auf dem Hof Mättiwil halten Unternährers Kühe, Rinder, Schweine und Lämmer auf tier- und naturgerechte Weise. Die Schweine haben Auslauf auf die Weide und können sich im Schlamm suhlen wie in der Natur. Das Vieh hat einen grossen Freilaufstall. Es ist ein selten gewordenes idyllisches Bild, wenn Mutterkuh, Muni und Kälbchen nebeneinander im Stall liegen.

In der Biolandwirtschaft werden Voraussetzungen geschaffen, damit die Tiere gesund bleiben. Man bevorzugt deshalb einheimische Tierrassen. Unternährers halten Original-Braunvieh. «Diese Rasse ist besonders robust und gibt nahrhafte Milch für die Kälber», erklärt der Landwirt. 
Wird ein Tier trotzdem krank, was auf dem Hof Mättwil praktisch nie vorkomme, wird es zuerst mit homoöpathischen Mitteln behandelt. Antibiotika kommt im Gegensatz zur konventionellen Tierhaltung nur bei schweren Erkrankungen zum Einsatz und der Tierarzt muss sie verschreiben. Auch darf das Vieh auf Mättiwil seine Hörner behalten (in der konventionellen Landwirtschaft wird oft enthornt).

Qualität ist gefragt

Die Tiere werden auf Biohöfen artgerecht gefüttert. «Kraftfutter wie Soja und Getreide oder Wachstumsbeschleuniger sind tabu», sagt Sabine Lubow von der Organisation Biosuisse. «Im Biolandbau geht man nicht davon aus, das ein Tier eine Turbomaschine ist, die möglichst viel und schnell wachsen und produzieren soll. Man gibt der Natur Zeit.» Dadurch verlängern sich die Mastzeiten und die Biobauern erzeugen – bezogen auf die Fläche – weniger Fleisch als ihre konventionell arbeitenden Kollegen. Das heisst aber auch weniger schnell Geld.

Die Ausrichtung auf Nachhaltigkeit, Tierwohl und Qualität habe ihren Preis, rechtfertigt sich Ueli Unternährer. Ihre Produkte sind 15 bis 20 Prozent teurer als die Biofleisch-Labels der Grossverteiler. Ein Paar Nusswürste kosten zum Beispiel 7.90 Franken. Den Cervelat kriegt man für 2.90 Franken und ein Kilo Rindsfilet für 125 Franken pro Kilo. Zum Vergleich: Bei der Migros kostet ein Cervelat knapp einen Franken, ein Kilo Rindsfilet konventionell 96 Franken.

Trotzdem ist die Kundschaft von Ueli-Hof treu – und nicht unbedingt reich. «Viele Kunden sagen, sie essen wenig Fleisch, aber wenn sie welches kaufen, wollen sie wissen, wo es herkommt», sagt der Landwirt.

Stress für die Tiere aufs Minimum beschränken

Der Erfolg gibt Ueli-Hof recht, es ist kein Geheimnis, dass Unternährers Geschäft gut läuft. Der Jahresumsatz bewegt sich im Millionenbereich, auch wenn Geschäftsführer Martin Schmitz keine Zahlen bekannt geben will. «Ein intensives Wachstum können wir nicht anstreben. Das ist bei der extensiven Bewirtschaftung in der Biolandwirtschaft nicht möglich. Bei uns steht das qualitative Wachstum im Vordergrund.»

Immer wieder steht in dieser Branche der Tiertransport in der Kritik. Oft leidet das Vieh auf dem Weg zum Schlachthof über mehrere Stunden. Schmitz distanziert sich davon und betont: «Wir können das Tierwohl auch auf dem letzten Weg vom Hof bis an die Verkaufsfront garantieren.» Dazu gehörten ein respektvoller Umgang und kurze Transportwege. «Die Tiere sind maximal eine Stunde unterwegs und werden nicht zuerst auf Sammeltransporten in der halben Schweiz herumgefahren. Wir reduzieren so den Stress aufs Minimum», sagt Schmitz.

Die Ueli-Hof AG praktiziert die gewerbliche Einzelschlachtung. Geschlachtet wird in Rain beim Dorfmetzger Kümin. Anschliessend wir das ganze Tier im Verarbeitungsbetreib in Littau verarbeitet. Aus dem Fleisch entstehen verschiedenste Produkte, die nach traditionellen Methoden hergestellt werden. Zum Beispiel traditionell geräucherte Rohwürste, die im Hofladen Mättiwil und in den beiden Uelihof-Metzgereien in Luzern und in Meggen verkauft werden. Als «Highlight» bezeichnet der Geschäftsführer den ein Jahr lang gereiften Meersalzschinken.

Bau einer Biofleisch-Manufaktur in Ebikon

Ein Meilenstein in der Geschichte des Unternehmens wird das geplante Bauprojekt in Ebikon sein: Ab Mitte September soll im Ebiker Gewerbegebiet Ron die erste Biofleisch-Manufaktur der Zentralschweiz entstehen. «In Littau ist es zu eng geworden», erklärt Schmitz. Deshalb habe man einen Ort gesucht, wo man eine Fleischmanufaktur mit eigenem kleinen Schlachthaus bauen könne. Die Gemeinde Horw erteilte dafür keine Baubewilligung, Ebikon schon. Im Herbst wird der Grundstein gelegt.

Lohnt sich der hohe Preis, den der Konsument für Biofleisch zahlt? Sabine Lubow von Biosuisse findet Ja. «Wir behaupten nicht, dass Biofleisch generell besser ist. Aber es ist sicher geschmackvoll.» Sie weist auf weitere positive Eigenschaften hin: «Biofleisch zieht kein Wasser und bleibt schön saftig. Es ist seinen Preis wert.»

Weshalb die Schweiz von Skandalen um falsche Bioprodukte verschont geblieben ist, ist kein Zufall. Die Kontrollen und die Gesetze sind hierzulande strenger als beim EU-Biolabel. Die Biobauern werden mindestens einmal jährlich von der unabhängigen Bioinspecta kontrolliert. «In der Schweiz muss der gesamte Landwirtschaftsbetrieb auf Bio umgestellt werden. Dazu sind nur wenige bereit. Aber diejenigen, die umstellen wollen, stellen auch im Kopf um», sagt Sabine Lubow. In der EU kann ein Bauer Biomilch produzieren und daneben auf dem gleichen Hof konventionell Gemüse anbauen oder eine Schweinemast betreiben, bei der die Tiere ständig eingesperrt sind.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von P. Jenni
    P. Jenni, 31.07.2013, 10:10 Uhr

    Nur schade, dass man fast keine Chance hat um an das Fleisch zu kommen. Hoffe, dass bald andere Betriebe auf diesen Zug aufspringen. Lieber weniger Fleisch dafür Artgerecht hergestellt.

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  • Profilfoto von Daniel Huber
    Daniel Huber, 30.07.2013, 09:07 Uhr

    Naturnahe und vor allem tiergerechte Produktion in Ehren – doch 5.80 für ein Paar Cervelats? Da geht für mich die Rechnung einfach nicht mehr auf. Vor allem nicht, wenn der Geschmack auch nur durchschnittlich ist.

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