Schnelles Wachstum sorgt für Konkurrenz

Airbnb bedroht Luzerner Hotellerie

Das Magic Hotel am Kornmarkt nutzt die Onlineplattform Airbnb zur Vermarktung der Zimmer. (Bild: Montage/zentral+)

60 Prozent mehr Betten innerhalb nur eines Jahres: Das Airbnb-Angebot in Luzern wächst rasant und konkurriert mit der klassischen Hotellerie. Ein Ende dieses Trends ist nicht abzusehen. Mittlerweile müssen auch Private Kurtaxe zahlen, dennoch bleiben gewisse Voraussetzungen ungleich.

Airbnb betreibt eine Plattform, die weltweit private Wohnungen oder Zimmer an Reisende vermittelt – und damit einen Umsatz in Milliardenhöhe generiert (siehe Box). Das Angebot des 2008 gegründeten Unternehmens wächst rasant und macht vor allem der klassischen Hotellerie Konkurrenz. Das ist auch in Luzern nicht anders, wie eine neue Studie des Walliser Tourismus-Observatoriums zeigt: Während das Luzerner Airbnb-Angebot im Oktober 2014 noch 539 Betten umfasste, waren es 2015 bereits 864, also 325 Betten mehr. Das entspricht einem Wachstum von 60 Prozent innerhalb nur eines Jahres.

Gemäss der Studie sei das Wachstum von Airbnb insbesondere in den städtischen und touristischen Regionen in der Schweiz bedrohlich für die klassische Beherbergung. Im Kanton Basel-Stadt bekommen die Hoteliers die Konkurrenz durch Airbnb besonders zu spüren, denn hier machen die Angebote bereits 31 Prozent des Hotelbettenangebots aus. Im Vergleich dazu: In Luzern sind es derzeit lediglich 7 Prozent. Somit stehen den derzeit 12’695 Hotelbetten in Luzern 864 private Betten in Airbnb-Unterkünften gegenüber – die Tendenz ist jedoch steigend.

Airbnb ist 25,5 Milliarden Dollar schwer

Es ist eine der grössten Geldspritzen, die ein Start-up-Unternehmen je von Investoren erhalten hat: Der Wohungsvermittler Airbnb hat Anfang Dezember eine riesige Finanzierungsrunde von rund 1,5 Milliarden Dollar bestätigt. Die Plattform finanziert sich in erster Linie durch eine Gebühr, die sie von den Mietern verlangt. Eigenen Angaben nach beschäftigt das 2008 im kalifornischen Silicon Valley gegründete Unternehmen derzeit weltweit rund 1800 Mitarbeiter. Gemäss eines Berichts des «Wall Street Journal» im Juni 2015 wurde das gesamte Unternehmen mit 25,5 Milliarden Dollar bewertet.

Nachfrage wird weiter zunehmen

Derzeit spielt für Luzern insbesondere der Gruppentourismus eine grosse Rolle, und «diese Kundschaft bucht weniger individuell und übernachtet eher in klassischen Beherbergungsstrukturen, welche von den Reiseagenturen gewählt worden sind», erklärt Roland Schegg vom Walliser Tourismus-Observatorium. Doch mit dem Wachstum des Individualtourismus wird auch das Airbnb-Angebot in Luzern zunehmen. «Airbnb wächst vor allem in Städten mit hoher Nachfrage und beschränktem respektive teurem Hotelangebot», so Schegg weiter.

In der November-Ausgabe des «Gastro Journal» wird sogar von einem für die klassische Beherbergung bedrohlichen Wachstum gesprochen. Wie sieht man diese Entwicklung seitens der Luzerner Hotellerie? «Als Bedrohung würde ich das nicht bezeichnen», sagt Patric Graber, Präsident des Luzerner Hotelfachverbands. Er sieht das Airbnb-Angebot trotz rasantem Wachstum als «gesunde Konkurrenz» für die Hotellerie, da es sich um ein erweitertes Angebot handelt, das sich von einer Hotelunterkunft unterscheidet.

«Ob wir die Konkurrenz von Airbnb tatsächlich spüren, ist schwierig zu sagen», so Graber weiter. «Uns haben dieses Jahr andere Dinge zu schaffen gemacht.» Dabei spricht er den starken Franken an, aber auch die Terroranschläge in Paris, welche die Reiselust im Allgemeinen hemmen würden.

«Für dieses Jahr rechnen wir mit Kurtaxen in der Grössenordnung von 10’000 Franken aus dem Bereich der Anbieter von Online-Plattformen.»
David Schär, Steueramt Stadt Luzern

Ungleiche Voraussetzungen 

Nicht zuletzt spricht Graber die noch immer ungleichen Voraussetzungen für die Hotellerie und Airbnb-Anbieter an. Gemäss der Walliser Studie sind 86 Prozent der Airbnb-Vermieter Privatpersonen, was heisst, dass sie nicht an die für klassische Anbieter geltenden Auflagen gebunden sind.

Zurzeit sind die gesetzlichen Grundlagen – Airbnb gilt rechtlich als «Untermiete» – wie auch die Vorschriften zur Sicherheit, Hygiene oder Haftpflicht noch nicht einheitlich geregelt, bemängelt man auch seitens Luzern Tourismus. «Für die Tourismusbranche ist es wichtig, dass diese Aspekte geklärt und klar geregelt werden, um sicher zu stellen, dass für alle Marktteilnehmer dieselben Voraussetzungen herrschen», erklärt Sibylle Gerardi, Sprecherin von Luzern Tourismus.

Dies sei umso wichtiger, als die Vermietung von Zimmern von einigen Privatpersonen inzwischen teilweise auch professionell als Geschäft betrieben werde. Der Bundesrat und die Gemeinden, die ihre entsprechenden Reglemente anpassen müssten, würden sich zurzeit mit diesem Dossier beschäftigen. «Wir arbeiten in Luzern diesbezüglich mit der Stadt zusammen», erklärt Gerardi. «Angesichts der starken Zunahme der Angebote ist es sicherlich von Vorteil, wenn dies sobald als möglich geregelt wird.»

«Für uns als Tourismusorganisation sind vor allem zufriedene Gäste wichtig.»
Sibylle Gerardi, Luzern Tourismus

Kurtaxe wird mittlerweile erhoben

2014 wurde in Luzern kritisiert, dass nicht alle Airbnb-Anbieter Kurtaxe bezahlen – Graber vom Hotelverband forderte eine Gleichbehandlung für die Anbieter (zentral+ berichtete). Nun ist man diesbezüglich bereits einen grossen Schritt weiter, wie David Schär, Leiter des Steueramts Stadt Luzern, erklärt: «Einkünfte aus der Vermietung von Unterkünften sind steuerbar und unterliegen der Kurtaxe.» Diese beträgt für Airbnb-Anbieter 1,80 Franken pro Gast und Nacht.

«Für dieses Jahr rechnen wir mit Kurtaxen in der Grössenordnung von 10’000 Franken aus dem Bereich der Anbieter von Online-Plattformen», sagt Schär weiter. Zum Vergleich: Die gesamten Kurtaxenerträge liegen bei rund drei Millionen Franken pro Jahr. Will heissen: Airbnb macht derzeit nur einen geringen Teil der Kurtaxeneinnahmen aus.

Luzern Tourismus begrüsst neue Angebote

Insofern sieht man Airbnb auch seitens Luzern Tourismus nicht als Bedrohung, sondern als Ergänzung zum klassischen Angebot. «Die Gäste von Airbnb unterscheiden sich in ihren Erwartungen stark von Gästen, die es bevorzugen, in Hotels mit entsprechendem Service zu übernachten», erklärt Sibylle Gerardi und betont: «Für uns als Tourismusorganisation sind vor allem zufriedene Gäste wichtig, die möglichst auch wiederkehren.» Für eine Tourismusdestination sei es daher entscheidend, möglichst für alle Bedürfnisse die passenden Übernachtungsangebote anbieten zu können.

«Der Trend weg von der klassischen Buchungsanfrage hin zu Online-Angeboten scheint sich immer mehr durchzusetzen.»
Nicole Winkler, Hotel National 

Man begrüsse neue Angebote und Vertriebskanäle, sagt Gerardi weiter. «Das ist insbesondere für eine Region wie Luzern-Vierwaldstättersee wichtig, die betreffend Quellmärkte der Gäste sehr breit aufgestellt ist und auch von den Zielgruppen her die unterschiedlichsten Gästesegmente ansprechen will.» Dies, weil Angebote wie Airbnb auch Gästegruppen ansprechen können, die andernfalls vielleicht nicht anreisen würden. Ebenfalls sei es möglich, dass diese Gäste bei wiederkehrendem Besuch auch andere Unterkunftsformen buchen. «Das ist ein positiver Effekt, da die Angebote so zur Erhöhung der touristischen Wertschöpfung beitragen», so Gerardi.

Auch Hotels nutzen Plattform

Doch Airbnb muss von der Hotellerie ohnehin nicht zwangsläufig als Konkurrenz betrachtet werden. Es kann je nach dem auch eine Chance für die Hoteliers sein, ihre Angebote auf neuen Wegen zu vermarkten. So nutzen auch das Hotel Krone und das Magic Hotel in der Luzerner Altstadt die Plattform, um ihre Zimmer an die Touristen zu bringen.

Das «Grand Hotel National» hat das Potenzial der Plattform bereits vor einem Jahr erkannt (zentral+ berichtete). Das Fünf-Sterne-Hotel setzt bei der Vermietung seiner Residenz, der 2,5-Zimmer-Wohnung mit Stadtsicht, auf Airbnb. «Der Trend, weg von der klassischen Buchungsanfrage hin zu Online-Angeboten, scheint sich immer mehr durchzusetzen», sagte National-Geschäftsführerin Nicole Winkler damals zu den Gründen hinter diesem Entscheid. 

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