Fasnacht: Streit um Bewilligung für Ausschank

Wirte fühlen sich von der Stadt Luzern diskriminiert

Fasnachtswagen auf dem Theaterplatz: Wie viel Rambazamba solls denn sein?

(Bild: zentralplus)

Beizer in Luzern fühlen sich an der Fasnacht benachteiligt und fordern gleich lange Spiesse wie die fliegenden Verkäufer. Die Stadt kontert: Ausnahmen für Restaurants würden schon toleriert. Doch bislang ging gar nie ein Gesuch dafür ein. Also alles nur ein Missverständnis?

Werden Luzerner Beizer an der Fasnacht benachteiligt? Diesen Eindruck erweckt ein Vorstoss aus den Reihen der CVP im Stadtparlament. Restaurants dürften während der fünften Jahreszeit auf ihrer Terrasse nichts verkaufen, während gleichzeitig Auswärtige mit ihren Verpflegungsständen das grosse Geld machen und illegale Wagen nicht mal kontrolliert würden, heisst es in der Motion. Das entsprechende Reglement solle darum zugunsten der Wirte angepasst werden, sodass sie ihre Fläche aktiver bewirtschaften können.

«Ich verstehe einen gewissen Unbill der Wirte gegenüber diesen ‹Verkaufsständen› im Graubereich», sagt Stadtrat Adrian Borgula (Grüne). Dass die lokalen Gastrobetriebe benachteiligt werden, weist der Stadtrat in seiner Stellungnahme nun aber klar zurück. Auch an der Fasnacht sollen gleiche Spielregeln für alle Beteiligten gelten. Und die Behauptung, dass «mehrheitlich ausserkantonale» Verpflegungsstände anzutreffen seien, treffe nicht zu.

Wo Ausnahmen möglich wären

Oberste Priorität habe aber die Sicherheit, sagt Borgula. «In der Kernzone, etwa Unter der Egg oder auf dem Wein- oder Kornmarkt, ist es schlicht undenkbar, dass Restaurants Stühle und Tische auf die Strasse stellen», sagt der Umwelt- und Mobilitätsdirektor. «Nur schon eine Zapfsäule rauszustellen, wäre angesichts der Menschenmengen in der Innenstadt gefährlich.»

Ein kategorisches Nein soll das aber nicht sein. Zwar haben alle Boulevard-Restaurants während der Fasnacht grundsätzlich keinen Anspruch auf ihre Terrasse. Wer aber nicht gerade in der Kernzone wirtschafte, könne durchaus auf eine Bewilligung hoffen. Zudem sei es in den meisten Fällen möglich, Getränke oder Lebensmittel «über die Gasse» zu verkaufen – wie das etwa Unter der Egg durchs Fenster auf die Strasse hinaus gemacht wird.

Für all das brauche es jedoch keine Anpassungen der Reglementsgrundlagen, findet der Stadtrat. «Es scheint auch von den Gastronomen nicht ein allzu grosses Bedürfnis zu sein, sonst wären in der Vergangenheit wohl schon Gesuche eingetroffen.» 

«Die Fasnacht ist so oder so ein Riesengeschäft für alle in der Innenstadt. So schlimm ist die Situation für die lokalen Gastronomiebetriebe nicht.»

Adrian Borgula, Stadtrat

Was Borgula anspricht: Bisher hat noch gar kein Restaurant ein solches Ausnahmegesuch gestellt. Vor diesem Hintergrund hält er fest: «Wir wären gewillt, Gesuche zu prüfen und den vorhandenen Spielraum auszuschöpfen, falls das Interesse der Wirte vorhanden wäre.»

Alles nur ein Missverständnis?

Wieso gab es bislang überhaupt keine Gesuche? Ist das Interesse der Wirte gar nicht vorhanden? Der Präsident des städtischen Gastroverbandes, der hinter dem Vorstoss steht, verneint. «Die Signale der Behörden gingen bislang immer in die Richtung: Im Kernperimeter wird von vornherein alles abgewunken», sagt Patrick Grinschgl. «Wir haben weder Zeit noch Lust, vergeblich Gesuche zu schreiben.» Gleichzeitig stünden zahlreiche illegale Verkaufswagen in den Gassen und konkurrenzieren die Restaurants. Das mache viele Beizer wütend. «Das Problem ist, dass an der Fasnacht alle etwas machen, ausser die Wirte, die nicht dürfen.»

Sind nicht einer Meinung (von links): Adrian Borgula, Patrick Grinschgl und Mario Lütolf.

Sind nicht einer Meinung (von links): Adrian Borgula, Patrick Grinschgl und Mario Lütolf.

(Bild: zvg)

Anders tönt es bei der Stadt. «Da gibt es Missverständnisse zu klären. Seit langem machen wir darauf aufmerksam, dass die Möglichkeit für Ausnahmen besteht», kontert Mario Lütolf, Leiter Stadtraum und Veranstaltungen. «Die Gastroszene ist bislang aber den Beweis schuldig geblieben, dass das Bedürfnis wirklich vorhanden ist.»

Drei Kategorien

Folgende Regeln gelten für die Stände an der Fasnacht:

  • Der Verein «Gwärb Lozärn» vergibt die Bewilligungen für die rund 23 Stände in den offiziellen Verpflegungszonen. Die Beurteilung erfolgt laut Stadtrat auf Basis «diskriminierungsfreier» Kriterien.
  • Auf privatem Grund verkaufen rund 50 Stände Getränke und Essen. Diese Bewilligungen vergibt die kantonale Gastgewerbe- und Gewerbepolizei.
  • Die «Mallorca-Wagen» von privaten Gruppen und Guggenmusiken schenken Getränke aus – aber ohne fixe Preise, sondern gegen einen «freiwilligen Beitrag». Im Wissen darum, dass dies nicht gegen das Gastgewerbegesetz verstösst, habe sich das unter vielen Fasnachtsgruppen etabliert.

Auch Borgula bestreitet, dass die Stadt allfälligen Gesuchen von vornherein ablehnend gegenübergestanden sei. «Wir haben den Wirten gesagt, dass Ausnahmen nicht a priori ausgeschlossen sind.» Gleichzeitig betont er: «Die Fasnacht ist so oder so ein Riesengeschäft für alle in der Innenstadt. So schlimm ist die Situation für die lokalen Gastronomiebetriebe nicht.»

Dem Gastroverband fehlt die Verbindlichkeit

In seiner Antwort bekräftigt der Stadtrat, dass er gewisse Ausnahmen für Gastronomiebetriebe toleriert – sofern die Sicherheit oder der Verkehr dadurch nicht eingeschränkt werden. Patrick Grinschgl ist zufrieden, dass der Stadtrat dies nun schwarz auf weiss festhält. Gleichzeitig hätte er sich mehr Verbindlichkeit gewünscht – genauer zu wissen, welche Gesuche eine Chance auf Erfolg haben. «Es kann nicht sein, dass ein Amt nach Gutdünken mal Ja und mal Nein sagt.»

Gerade solch allgemeine Regeln liefert die Stadt aber nicht. «Das muss jeweils im konkreten Einzelfall geprüft werden», begründet Adrian Borgula. «Pauschal sagen kann man nur: Die Sicherheit ist die höchste Messlatte.»

«Wir sind auch Teil der Fasnacht und sehen nicht ein, wieso man uns zweitrangig behandelt.»

Patrick Grinschgl, Präsident städtischer Gastroverband

Die Sicherheit steht auch beim Gastroverband keineswegs zur Debatte. Patrick Grinschgl warnt aber davor, sich dahinter zu verstecken. «Wenn ein Restaurant seinen Aussenplatz aus Sicherheitsgründen nicht brauchen darf, dann aber eine Guggenmusik ihren Wagen genau dort parkiert, stellen sich schon Fragen.» Gleichzeitig betont er, dass die Wirte keinesfalls den Fasnächtlern an den Karren fahren wollen. «Wir sind jedoch auch Teil der Fasnacht und sehen nicht ein, wieso man uns zweitrangig behandelt.»

Erste Gesuche erwartet

Von einer willkürlichen Behandlung will Mario Lütolf nichts wissen. «Das ist an den Haaren herbeigezogen», sagt er. Man sehe sich einer Wegleitung verpflichtet, die gemeinsam mit Fasnachtsvertretern und Polizei erarbeitet wurde. Was nicht heisst, dass dist Beurteilung am Ende nicht individuell ausfällt: In der Kernzone der Altstadt bestünden andere Rahmenbedingungen als etwa auf der linken Reussseite, wo das Gedränge weniger gross und die Gassen weniger eng sind. Dass keine starren, fixfertigen Rezepte angewendet werden können, liege in der Natur der Sache, so Lütolf. «Fasnacht ist für alle Involvierten eine Ausnahmezeit», sagt Mario Lütolf, Leiter Stadtraum und Veranstaltungen.

Dass die «Ente» und das Bistro du Théatre zum Beispiel als einzige Betriebe ein Zelt stellen dürfen, ist laut der Stadt der Tradition und der Lage ausserhalb der ganz dichten Fasnachtsnutzung geschuldet. Kreative Lösungen sind laut Lütolf durchaus möglich, wie etwa die Situation Unter der Egg zeige.

Patrick Grinschgl und die Wirte hoffen nun auf politischen Rückenwind im Parlament – wo die Motion am 20. September diskutiert wird – und wollen den aufgezeigten Spielraum nutzen. «Ich nehme an, dass es im ersten Jahr vielleicht fünf bis zehn Gesuche geben wird.» Und auch wenn das die Fasnacht kaum auf den Kopf stellen wird: «Uns geht es letztlich darum, die gleich langen Spiesse zu haben. Nur schon zu wissen, dass man ein Gesuch stellen kann, dürfte die Wut mancher Wirte dämpfen.»

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Rudolf
    Rudolf, 04.09.2018, 22:07 Uhr

    Zum Glück gibt es an der Fasnacht neben den festen Beizen auch genügend andere Angebote an Speis und Trank. Viele Lokale sind oft bis auf den letzten Platz ausgebucht und gute Wirtinnen und Wirte verstehen es sicher ein gutes Geschäft zu machen. Ich schätze es, wenn sie einen tollen Job in ihren eigenen vier Wänden machen, draussen machen es andere.

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