Luzerner Innenstadt

Wird die Mall of Switzerland zum Lädeli-Killer?

Ende 2017 wird in Ebikon die Mall of Sitzerland eröffnet. Wie hart trifft das die Läden in Luzern?

Bald steht das zweitgrösste Einkaufszentrum der Schweiz vor den Toren Luzerns: Viele befürchten durch den Ebikoner Konsumtempel den Untergang vieler Geschäfte in der Stadt. Zumindest am Anfang werde es den Detaillisten in der City schon weh tun, sagt Statdtpräsident Stefan Roth. Trotzdem verbreiten Regierung und Gewerbe Zuversicht – purer Zweckoptimismus?

Die Mall of Switzerland wird Ende 2017 eröffnet, auf der Riesenbaustelle geht derzeit die Post ab (zentral+ berichtete). 140 Geschäfte auf 46’000 Quadratmetern Fläche werden auf einen Schlag die Shoppingwelt in der Zentralschweiz durcheinanderschütteln. Deshalb wollte der CVP-Grossstadtrat Albert Schwarzenbach in einer Interpellation vom Stadtrat wissen, was die Auswirkungen auf die Geschäfte der Luzerner Innenstadt sind, ob es zu einem Lädeli-Sterben kommt und was die Regierung dagegen unternehmen will.

Situation im Auge behalten

«Der Stadtrat ist sich der Bedeutung der Mall durchaus bewusst», sagt Stadtpräsident Stefan Roth gegenüber zentral+. Dies werde zweifellos die Wettbewerbssituation auch in der Stadt beeinflussen. Man wolle darum die Attraktivität verbessern und stärken. «Wir müssen die Situation zusammen mit dem Detailhandel gut im Auge behalten», so Roth.

«Ich kann mir schon vorstellen, dass es am Anfang zu einem Frequenzrückgang in Luzern kommen kann.»

Stefan Roth, Stadtpräsident Luzern

Die Frage, welche im Zusammenhang mit dem neuen Shoppingtempel in Ebikon vielen unter den Nägeln brennt, ist sicherlich die, ob es nun zu einem grossen Lädeli-Sterben in der Innenstadt kommt. Stefan Roth winkt erst mal ab. Er sei überzeugt, dass die Innenstadt trotz der Konkurrenz der Mall attraktiv bleiben werde – räumt dann aber doch ein: «In der ersten Zeit nach der Eröffnung werden sicher viele neugierig sein, deshalb wird die Mall wohl eine hohe Besucherfrequenz erreichen.»

Umsatzrückgang vorstellbar

Deshalb geht der Stadtpräsident davon aus, dass die ersten Monate für den Detailhandel in der Stadt spürbar werden dürften. «Ich kann mir schon vorstellen, dass es am Anfang zu einem Frequenzrückgang in Luzern kommen kann.» Wie gross dieser sein wird und ob es wegen der Mall of Switzerland zu Umsatzeinbussen kommen wird, kann der Stadtrat indes nicht sagen.

Warum und wo welche Kunden in den nächsten Jahren einkaufen werden, könne man angesichts der vielen, sich verändernden Rahmenbedingungen nicht voraussehen, schreibt der Stadtrat in seiner Antwort auf die Interpellation. Sicher sei aber, dass die Stadt Luzern als Rahmen eine insgesamt hohe Attraktivität biete. Mit einem Einzugsgebiet von gegen 600’000 Personen seien die verschiedensten «Kundensegmente» vertreten – in genügender Anzahl, ist der Stadtrat überzeugt.

«Unglaublicher Wandel»

Dennoch ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Umsätze, welche in der Mall gemacht werden, anderswo verloren gehen. Diese Überlegung machte unlängst Franz Stalder, Präsident der City Vereinigung Luzern. Stefan Roth: «Der Detailhandel ist in der ganzen Schweiz einem unglaublichen Wandel unterworfen. Ein Shoppingcenter wie die Mall spielt sicher auch eine Rolle, aber auch der wachsende Online-Handel, Ladenöffnungszeiten und der starke Franken sind grosse Herausforderungen.» Die Detailhändler müssen sich deshalb immer wieder überlegen, wie sie ihre Kundschaft behalten können.

Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research

Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research

Stadt muss flexibel sein

Was tut die Stadt, um für die drohende Konkurrenz in Ebikon gerüstet zu sein? «Wir müssen uns überlegen, wie die Innenstadt noch attraktiver gestaltet werden kann», so Stefan Roth. Die Stadt pflegt darum regelmässigen Kontakt zu zahlreichen Vertretern der Wirtschaft und deren Verbände, allen voran der City Vereinigung. «Sicher spielt der Branchenmix eine wesentliche Rolle», so Roth. Dieses Jahr etwa habe bereits ein Treffen mit Hauseigentümern der Altstadt-Liegenschaften stattgefunden. «Es geht um Fragen wie Erschliessung, Parkmöglichkeiten und Baubewilligungsverfahren», sagt Stefan Roth. Da müsse die Stadt versuchen, möglichst flexibel zu sein, damit der Detailhandel auf die sich verändernden Bedürfnisse reagieren könne.

«Das Angebot muss so kundenorientiert sein, dass die Leute eben nicht in die Mall gehen», bringt es der Stadtpräsident auf den Punkt. Der Stadtrat sei darum bestrebt, die richtige Balance zu finden: Branchenmix, Erschliessung mit öffentlichem und privatem Verkehr, Fussgängerzonen, Parkplätze, Ladenöffnungszeiten etc.

Kein «Heimatschutz» für Geschäfte

Allerdings betont Stefan Roth, dass es nicht Aufgabe der Stadt sei, sich in den freien Markt einzumischen. «Geschäfte, deren Angebot nicht mehr zeitgemäss ist und die keine Kunden mehr haben, verschwinden. Dafür kommen andere. Deshalb wird sich der Branchenmix immer an der Nachfrage orientieren», so Roth. Das sei ein normaler Vorgang, und da mische sich die Stadt nicht ein. «Wir müssen aber für optimale Rahmenbedingungen sorgen.»

Der Stadtrat hat deshalb das Forum attraktive Innenstadt ins Leben gerufen. Man sei intensiv am Arbeiten, versichert der Stadtpräsident. Die vier Themenfelder sind die Nutzung (Detailhandel und Branchenmix), Aufwertung des öffentlichen Raumes, Mobilität (Stichworte Parkhaus Musegg und Carparkplätze) sowie die Kommunikation mit den Bürgern. «Bis Herbst 2016 werden wir erste Erkenntnisse haben und diese zu einer Gesamtstrategie verdichten», so Roth. «Die Luzerner sollen spüren, wohin die Reise geht, wo die Herausforderungen und welches die Lösungsansätze sind.»

500 Geschäfte auf 50’000 Quadratmetern

Über 500 Geschäfte gibt es in Luzerns Innenstadt – wie gross ist bei den betroffenen Ladeninhabern die Angst vor der Mall? «Angst haben wir nicht, aber Respekt», sagt Franz Stalder, Präsident der City Vereinigung. Er ist überzeugt, dass die anderen Shoppingcenter mehr leiden werden als die städtischen Läden. Tatsächlich erhöht sich die gesamte Verkaufsfläche unter den Zentralschweizer Einkaufstempeln um rund 20 Prozent, von 207’000 auf ca. 253’000 Quadratmeter (siehe Grafik). Die Geschäfte der Innenstadt bringen es im Vergleich auf rund 50’000 Quadratmeter Verkaufsfläche.

«In Luzern geht man bummeln, essen und einkaufen. Und das alles in einer schönen, natürlichen Kulisse. Da können geschlossene Center nicht mithalten.»

Franz Stalder, Präsident City Vereinigung

«In Luzern geht man bummeln, essen und einkaufen. Und das alles in einer schönen, natürlichen Kulisse. Da können geschlossene Center nicht mithalten», sagt Stalder. «Die Stadt ist wie ein Shoppingcenter ohne Dach.» Damit habe man eine ganz besondere Attraktivität. Er sieht in der Konkurrenz aus Ebikon auch eine Chance. «Das kann auch Synergien ergeben, plötzlich spricht man von der Shoppingregion Zentralschweiz – das ist auch für uns in Luzern von Vorteil.»

«Wir haben gute Chancen»

Dennoch müsse man gewappnet sein für die kommenden Veränderungen, so Stalder. Mit neuartigen Internetauftritten und verbesserter Freundlichkeit etwa. «Wir müssen unsere Hausaufgaben machen, dann haben wir gute Chancen. Wir haben eine positive Haltung gegenüber den Herausforderungen, welche die Mall of Switzerland bringen wird.»

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