Er steht mit dem EVZ vor der Meisterprüfung

Wird aus Dan Tangnes ein grosser Trainer?

EVZ-Trainer Dan Tangnes und sein Team müssen in den Playoffs liefern: Nur der Titelgewinn ist gut genug. (Bild: Daniela Frutiger/freshfocus)

Es ist die Jahrhundertchance für den EV Zug, die meisterliche Phalanx des SC Bern, HC Davos, HC Lugano und der ZSC Lions zu durchbrechen. Die Liga-Titanen haben seit 1998 alle Titelgewinne unter sich ausgemacht – aber nicht einer davon ist in dieser Saison so stabil wie der EVZ. Das bedeutet: Nur der Titelgewinn ist gut genug.

Die EVZ-Spieler üben auf dem Eis der Bossard-Arena Über- und Unterzahlsituationen. Mit dem blauen Helm auf dem Kopf, dem Stock in der Hand und der Trillerpfeife ab und an im Mund beobachtet Zugs Trainer Dan Tangnes die Spielzüge von der Spielerbank aus. Gelegentlich unterbricht er, gibt Anweisungen.

Es ist nicht dem Zufall geschuldet, dass Tangnes das Augenmerk vor dem drittletzten Wochenende der laufenden Qualifikation auf die «special teams», wie der entsprechende Fachbegriff heisst, legt. Bei Situationen mit einem Mann mehr auf dem Eis halten seine Spieler mit einer Effizienz von 22,3 Prozent aktuell Rang 3 in der Liga. Sie münzen also fast jede vierte numerische Überlegenheit in einen Treffer um.

«Unser Über- und Unterzahlspiel verträgt noch eine Politur.»

EVZ-Trainer Dan Tangnes

Den Kontrast dazu bildet das Unterzahlspiel. Bloss in 76,4 Prozent aller Situationen mit einem Mann weniger auf dem Eis gelingt es den Zugern, einen Gegentreffer zu verhindern. Nur der HC Davos, erster Verfolger von Tabellenführer Zug, ist noch schlechter.

Gewaltige Feuerkraft fehlt (noch)

In den Playoffs fallen den «special teams» oft eine übergeordnete Bedeutung zu. In engen Spielen können sie den Ausschlag geben zwischen Sieg und Niederlage. «Unser Über- und Unterzahlspiel verträgt noch eine Politur», sagt Tangnes nach dem Ende der Trainingseinheit.

Darüber hinaus erhofft sich der 40-jährige Norweger, dass seine Mannschaft zur Selbstverständlichkeit des Toreschiessens zurückfindet. «Wir brauchen eine höhere Effizienz im Abschluss», fordert er. Seine talentierten Offensivkräfte können eine gewaltige Feuerkraft erzeugen, das haben sie schon mehrfach zur Schau gestellt. «Momentan fehlt es aber etwas am Vertrauen», glaubt Tangnes.

Die Statistik dokumentiert seine Sichtweise: Mit 3,1 erzielten Toren pro Spiel liegt die offensiv wahrscheinlich talentierteste Mannschaft der Liga derzeit «bloss» auf Platz 3. Den Unterschied zur Konkurrenz stellt der Leader mit seiner stabilen Abwehr her: Weniger als 2,47 Gegentore pro Spiel lässt kein Gegner zu.

Was Tangnes Platz 1 in der Qualifikation wert ist

Es macht den Anschein, als ob die Zuger schon vor drei Wochen auf Playoff-Hockey umgestellt hätten: In den letzten sechs Spielen haben sie Davos und Lugano je zwei Treffer zugestanden, Langnau und Rapperswil je einen und Biel sowie Lausanne gar keinen.

«Wir befinden uns in einer luxuriösen Ausgangslage.»

Die Mannschaft von Dan Tangnes hat gute Aussichten darauf, den ersten Qualifikationssieg für den EVZ seit der Saison 2011/2012 einzufahren. Vor den letzten acht Spielen, in denen sie noch viermal gegen in Strichkampf verwickelte Klubs (am Freitag in Bern, zweimal gegen Fribourg und einmal gegen Langnau) antreten muss, hat sie fünf und mehr Punkte Vorsprung auf die Verfolger.

Für Tangnes hat der Qualifikationssieg einen gewissen Wert: «Er drückt aus, wer die beste Mannschaft nach 50 Spielen ist. Der Qualifikationssieg sichert in jeder Playoff-Runde das erste Heimrecht und vor allem auch einen Platz in der nächsten Ausgabe der Champions League.»

Was hat der EVZ aus dem Vorjahr gelernt?

In erster Linie ist es wichtig, in der Schlussphase der Qualifikation noch ein erreichbares Zwischenziel vor Augen zu haben. Das kann Tangnes in seinem Bestreben zupass kommen, die Arbeitsintensität im Team hoch zu halten. «Wir befinden uns in einer luxuriösen Ausgangslage. Wir haben bei den Ausländern, den Verteidigern und den Stürmern einen gesunden Konkurrenzkampf. Jeder will einen Platz in der Aufstellung und spielen. Zudem können wir die Trainingsintensität steigern und das Feintuning an unserer Spielweise vorantreiben.»

Tangnes will vermeiden, dass sich wiederholt, was vor Jahresfrist passiert ist. Nach dem erstmaligen Cupsieg haben die Zuger im Schlussspurt der Qualifikation nachgelassen und nur noch drei der letzten acht Spiele gewonnen. «In nächster Zeit werden wir sehen, was die Mannschaft daraus gelernt hat», bemerkt der charismatische Chef.

Scheitern bedeutet Enttäuschung

Aber es hilft alles nichts: Letztlich wird sich die Güte dieser Meisterschaft für die Zuger einzig und allein in den Playoffs entscheiden. Der EVZ hat mit Scharfschütze Grégory Hofmann und Goalie-Held Leonardo Genoni kräftig aufgerüstet – und gleichzeitig sind die Liga-Dominatoren aus Bern, Zürich, Davos und Lugano seit dem letzten Meistertitel der Zuger 1998 noch nie so schwach auf der Brust wie in dieser Saison.

Der Erfolgsdruck auf die Zuger, deren Wucht mit dem Zuzug von Andreas Martinsen massiv grösser geworden ist (zentralplus berichtete), wird in den nächsten Wochen unweigerlich zunehmen. Dan Tangnes und sein Team müssen liefern. Scheitern ist, wenn zumindest zwei absolute Leistungsträger verletzt ausfallen, verboten. Bedeutet Enttäuschung. Frust. Und schwächt die Position von Tangnes als Trainer. Der Vertrag läuft bis 2021.

«Wir sind nie in Panik ausgebrochen.»

Doch Tangnes, der im letzten Jahr seine ersten beiden Playoff-Serien als Cheftrainer einer Profimannschaft überhaupt gewonnen hat, bleibt auch angesichts dieser unbarmherzigen Situation cool: «Der schwierige Saisonstart mit vielen unvorteilhaften Geschichten in den Medien hat uns geholfen, zu verstehen, in welcher Situation wir uns befinden. Wir sind nie in Panik ausgebrochen, weil wir an das gute Ende dessen glauben, was wir jeden Tag leisten.»

Seit Mitte November und der 4:5-Heimniederlage gegen Davos ist der EVZ kaum mehr gestolpert (zentralplus berichtete). Tangnes spürt selbstverständlich, wie sehr das Umfeld seiner Mannschaft nach dem Gewinn des nächsten Meistertitels giert. Er stellt klar: «Wir können uns nur darauf fokussieren, was in unserem Einflussbereich liegt.» Gegen Verletzungen von Leistungsträgern ist auch er wie alle anderen Trainerkollegen auf dem Planeten Eishockey machtlos.

Wird Tangnes davon verschont, werden die am 7. März beginnenden Playoffs einen deutlichen Hinweis darauf liefern, ob aus einem zweifellos guten ein grosser Coach werden kann.

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