Zehn Jahre Junge Alternative in Zug

«Wir wollten keine Bewegung sein, sondern eine Partei gründen»

«Eine Heimat gefunden»: Andreas Kretz (links) und Marco Knobel haben die Junge Alternative Zug mitbegründet. (Bild: mam)

Sie waren jung und sie waren sich fremd: die kleine Gruppe, die vor zehn Jahren die Junge Alternative Zug gegründet hat. Ganz ohne selbst Karriere zu machen haben sie einiges im Kanton ausgelöst.

Schon bemerkt? Bei den eidgenössischen Wahlen im Kanton Zug gibt es nicht nur historisch viele Kandidatinnen und Kandidaten. Es lachen auch so viele Junge von den Plakatwänden wie nie zuvor.

Das hat einen Grund und der liegt an einer Welle von Jungpartei-Gründungen. Eingeleitet wurde diese Entwicklung von der Jungen Alternative vor exakt zehn Jahren.

Josef Lang brachte sie zusammen

«Wir waren bei der ersten Versammlung sieben Leute und kannten uns zuvor nicht», erzählt Marco Knobel (heute 31). «Der damalige Nationalrat Josef Lang hat viel dazu beigetragen, dass wir uns alle treffen konnten.» Knobel selber war kurz bei der Juso Schweiz gewesen, vermisste aber die Existenz einer linken Partei für Junge im Kanton Zug.

«Damals gab es eigentlich nur die Hausbesetzerszene», erinnert sich Andreas Kretz, heute ebenfalls 31 Jahre alt. «Aber wir wollten keine Bewegung sein, sondern eine Partei gründen – mit Programm und Statuten und allem, was dazu gehört.» Dies sei schwierig gewesen. «Denn keiner von uns hatte irgendwelche politische Erfahrung», ergänzt Marco Knobel.

Eine ziemlich heterogene Truppe

Die Schar von 15 Gründungsmitgliedern war bunt gemischt – und wies auch eine grosse altersmässige Streuung auf – vom 16-jährigen Kantischüler Jonas Feldmann bis zur Mittzwanzigerin Salomé Zehnder. «Diese Altersunterschiede fanden wir aber gerade reizvoll», so Kretz.

Politisiert worden sei er durch den 2006 entstandenen Dokumentarfilm des früheren US-Vizepräsidenten Al Gore, erzählt Andreas Kretz. In «Eine unbequeme Wahrheit» zeigte Gore die Zerbrechlichkeit unseres Planeten und die Gefahren durch die globale Erwärmung. «Das hat mich nachdenklich gemacht», so Kretz.

Entschluss zur Tat

Marco Knobel war durch die Gewalt am Rande des G8-Gipfels in Genua einige Jahre zuvor sensibilisiert worden, als der Student Carlo Giuliani von einem Polizisten erschossen worden war. Wie Kretz beschloss er, sich zu engagieren.

Die Junge Alternative war keineswegs die erste Jungpartei im Kanton Zug. Die Juso gab es schon früher, auch die junge CVP war vor mehreren Jahrzehnten ziemlich aktiv. Und die junge SVP mobilisierte kurz nach der Jahrtausendwende zahlreiche Junge.

Neue Dynamik durch die Neugründung

Aber die Junge Alternative löste eine ganze Reihe von Parteigründungen aus: 2011 formierte sich die Zuger Juso neu, mit der die Jungen Alternativen anschliessend die Initiative für bezahlbaren Wohnraum lancierten.

«Wir sind stolz, Schwung ins politische Geschehen gebracht zu haben.»

Marco Knobel, Mitbegründer Junge Alternative Zug

Wenig später fanden die Jungfreisinnigen zusammen. 2015 schliesslich wurde die junge CVP des Kantons Zug wiederbelebt.

«Wir sind schon ein wenig stolz darauf, dass wir Schwung ins politische Geschehen des Kantons Zug gebracht haben», sagt Marco Knobel. «Früher war es undenkbar, dass 17-Jährige an politischen Versammlungen teilnehmen.» Mittlerweile geschehe dies regelmässig – etwa an der «Kolin-Battle». Dabei handelt es sich um ein Diskussionsformat der Jungfreisinnigen, bei dem sich Junge mit politischen Argumenten messen.  

Verzicht aufs «Nachrutschen»

Den Marsch durch die Institutionen haben die Gründer der Jungen Alternative nicht angetreten. Der Zuger Jonas Feldmann hätte ein Mandat im Kantonsrat erben können, verzichtete aber.

Andreas Lustenberger (33) aus Baar, Präsident der kantonalen Mutterpartei, Kantonsrat und Bewerber um einen Sitz im Nationalrat, ist der bekannteste Politiker, der früher im Vorstand der Jungen Alternative Zug mitgewirkt hat.

Seine politische Laufbahn begann Lustenberger während des Studiums bei den Jungen Grünen des Kantons Zürich. Später wurde er Co-Präsident der Jungen Grünen Schweiz . «Ich bin erst 2012 zur Zuger Jungpartei gekommen», sagt er.

Einsatz auf der Strasse – nicht im Parlament

Er habe einige Male als Listenfüller kandidiert, erzählt Marco Knobel, der aus Cham stammt und in Zug wohnt. «Aber eine politische Karriere strebe ich nicht an.»

«Wir standen mit beiden Beinen auf der Strasse – und nicht im Parlament», sagt Andreas Kretz, der in Walchwil aufgewachsen ist und in Steinhausen wohnt.

2014 hat auch er für den Kantonsrat kandidiert. Im ländlichen Walchwil mit lediglich drei Mandaten ein aussichtsloses Unterfangen für einen Neueinsteiger. «Aber es hat mich beflügelt, in meinem Umfeld zu zeigen, dass es Vielfalt gibt – dass in Walchwil nicht alle nur die CVP wählen.»

Altbekanntes Motto: Traue keinem über 30

Mittlerweile ist vom Gründervorstand niemand mehr in der Jungpartei aktiv. «Wir wollten immer eine Partei aus wirklich jungen Leuten sein», sagt Knobel. «Und mit 30 Jahren steht man einfach an einem anderen Punkt im Leben als mit 20», sagt Kretz.

Marco Knobel ist der Politik insofern treu geblieben, als er teilzeitlich Sekretär der Alternativen – die Grünen des Kantons Zug ist und auch den Wahlkampf  leitet. Hauptberuflich arbeitet er als Grafiker. Er wolle auch weiterhin eine politische Tätigkeit im Hintergrund ausüben – allenfalls fürs Zuger Stadtparlament kandidieren. «Das würde mich reizen», so Knobel.

Was aus den Gründungsmitgliedern geworden ist

Kretz ist nach eigenem Bekunden mittlerweile «ein ganz normales Basismitglied der Mutterpartei». Er will eine Ausbildung zum eidgenössischen Treuhandexperten beginnen, da bleibe keine Zeit für politische Arbeit in einem Vorstand. «Aber interessiert und engagiert bleibe ich natürlich.»

Auch andere Mitglieder der Gründergeneration haben mit der aktiven Politik aufgehört. Einige sind weggezogen oder gar ausgewandert wie der Steinhauser Levin Schmid. Er war 2010 Kandidat für den Kantonsrat, als die jungen Alternativen im Wahlkampf grüne Präservative verteilten.

Salomé Zehnder hat es wie viele Zuger nach Zürich verschlagen. Sie habe sich von der Parteipolitik verabschiedet, sagt die Informationswissenschaftlerin, die in der ETH-Bibliothek arbeitet

Engagiert bleibe sie in politischen Angelegenheiten. «Dabei interessieren mich vor allem Urheberrecht, Datenschutz und Datensicherheit. Sachen wie E-Voting, E-ID, Open Source», sagt Zehnder. Deshalb sei sie auch Mitglied bei der Digitalen Gesellschaft. 

Auch wenn sich die Gründergeneration aus der Jungpartei verabschiedet hat,  fühlt sie sich ihr weiter verbunden. «Sie bleibt meine politische Heimat»,  sagt Marco Knobel. «Ich habe mich nicht nur wegen der Politik engagiert», sagt Andreas Kretz. «Die Partei war für mich auch ein sozialer Treffpunkt. Hier sind Freundschaften entstanden.»

Die Geschäfte führt nun die zweite Generation. Mit der Lancierung einer Transparenz-Initiative hat sie kürzlich von sich reden gemacht (zentralplus berichtete).

Zum Abschluss ein Fest

Mit Luzian Franzini etwa, Vize-Präsident der Jungen Grünen Schweiz und seit einigen Tagen Zuger Kantonsrat, hat sie auch Exponenten, welche im politischen Betrieb auffallen und in Zukunft eine Rolle in der Mutterpartei spielen könnten.

«Vielleicht profitieren sie auf ihrem Weg von unserer Aufbauarbeit», sagt Marco Knobel. «Hoffen wir es.»

Der letzte Akt in seiner Tätigkeit für die Partei sei es gewesen, die Jubiläumsparty diesen Samstag im Zuger Jugendkulturzentrum i45 mit zu organisieren, sagt Andreas Kretz. An der Party tritt mit den Fratelli-B nicht nur die bekannteste Crew aus dem Kanton Zug auf. Rapper OG Florin ist selber bei den Jungen Alternativen aktiv. «Einige der Musiker sympathisieren zumindest mit uns», so Kretz. «Nicht nur deswegen lassen wir es an der Sause ordentlich krachen», fügt Marco Knobel hinzu.

Themen
Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon