Reaktionen zum Stadttunnel-Entscheid

«Wir wollten etwas Grosses realisieren»

Enttäuscht, aber nicht verbittert: die beiden Abstimmungsverlierer, Stadtpräsident Dolfi Müller und Baudirektor Heinz Tännler. (von links) (Bild: Slam)

Die Enttäuschung ist spürbar, die Freude ebenso: Das Resultat ist so heftig, sogar ein Gegner ist ein wenig traurig darüber. Und ein Befürworter hat vergeblich auf ein Wunder gehofft.

«Grosse Würfe haben es in der Kleinstadt Zug schwer», sagt Dolfi Müller, die Enttäuschung über das Stadttunnel-Nein ist ihm anzusehen. «Wir hatten gehofft, dass wir in Zug etwas Grosses bewegen könnten. Jetzt ist Selbstkritik nötig. Zug hat etwas Kleinstädtisches, das macht uns ja auch sympathisch. Aber solche grossen Projekte liegen uns offenbar fern.»

Es ist eine harte Klatsche, 62.79 Prozent Ablehnung, und das bei einer Stimmbeteiligung von 61 Prozent: Die Bevölkerung hat mit Wucht Nein gesagt. So heftig, dass den versammelten Politikern gar kein Spielraum zur Realitätsverneinung bleibt. Sogar der Stadtttunnelgegner Heini Schmid sagt: «Es macht mich ein wenig traurig, dass das Projekt so klar abgelehnt wurde. Das hat es nicht verdient. Die Befürworter haben edle Ziele verfolgt, über die wir uns alle einig sind. Nur über den Weg lässt sich streiten.»

«Eine grosse Enttäuschung»

Das lässt Baudirektor Heinz Tännler nicht gelten: «Heini, man muss sich in einer Demokratie für Siege nicht entschuldigen», sagt er. «Das Verdikt gilt es zu akzeptieren. Wir müssen das Ergebnis jetzt analysieren und herausfinden, was zur Ablehnung geführt hat. Wir brauchen jetzt keine Schnellschüsse.» Stadtpräsident Dolfi Müller hat klare Worte: «Für mich persönlich ist das eine grosse Enttäuschung. Wir haben diesen Traum zusammen geträumt, auch im Stadtrat. Jetzt ist das vorbei.»

Das Nein ist deutlich, ist man nicht einfach in die falsche Richtung gerannt? «Wir rennen jetzt ja seit 70 Jahren in diese Richtung. Aber ja, jetzt im Nachhinein kann man das vielleicht so sehen. Es ist uns nicht gelungen, die Leute vom Nutzen zu überzeugen.» Obwohl die Bevölkerung in den Planungsprozess eingebunden war.

Mitwirkung ohne Wirkung

Auch Müller gibt sich in Bezug auf die Mitwirkungsverfahren kritisch: «Man hat da das Gefühl, die Bevölkerung ist im Boot. Dabei ist das nur ein kleiner Ausschnitt der Bevölkerung, der an einer Mitwirkung teilnimmt.»

In Zukunft müsse man hier bessere Wege finden. «Man muss das geschickt machen, Mitwirkung ja, aber mehr Leute damit erreichen.» Und das Verkehrsproblem? «Jetzt müssen wir schauen, was wir mit kleinen Retouchen machen können.»

«Mamma Mia, nur in Zug schaffen wir das nicht»

Bruno Werder, der ehemalige Chamer Gemeindepräsident, versteht die Welt nicht mehr: «Wir haben in vielen Gemeinden Umfahrungen unter Dach und Fach, aber die Stadtzuger selber lehnen das Zuger Projekt ab.» Das sei eine grundsätzliche Weichenstellung. «Zum Glück haben wir die anderen Umfahrungen schon auf sicher. Mancher Zuger wird in den Ferien die autofreien Innenstädte geniessen und denken, Mamma Mia, nur in Zug schaffen wir das nicht.»

Für Dieter Nussbaum ist die Ablehnung Grund zur Freude: «Die zuständigen Behörden haben die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Das Resultat kann nun der Anfang sein für eine moderne zukunftsgerichtete Verkehrslösung. Ein Umdenken ist gefragt. Geld ist ja jetzt vorhanden.»

Die Aussage führt zum einzigen kleinen Skandal der Pressekonferenz: Journalist Freddy Trütsch will wissen, wo denn das Geld jetzt vorhanden sei – das hätten die Gegner bis heute nicht kapiert. Und der Abstimmungsknatsch geht von vorne los. Aber Tännler klemmt ab. «Wir wollen hier keine emotionalen Diskussionen.» Und Müller sagt: «Wir führen hier keine Abstimmungsdebatte mehr.»

Heini Schmid vom Nein-Kommitee ist froh um den hohen Nein-Anteil in der Stadt: «Das Schlimmste, das hätte passieren können, wäre ein Ja in der Stadt und Ablehnung in den Gemeinden gewesen. Jetzt hat der ganze Kanton zusammen entschieden. Das ist ein gutes Zeichen für den Zusammenhalt im Kanton.»

«Das Wunder von Zug»

Ex-Kantonsrat Martin Stuber ist konsterniert: «Das Wunder von Zug hat nicht stattgefunden.» Es sei in den letzten Wochen klar geworden, dass es ein Wunder gebraucht hätte. «Das Sparprogramm, die Aufhebung der Frankengrenze, das alles hat eine Atmosphäre geschaffen, in der das nicht möglich war. Ich werde die autofreie Bahnhofstrasse nicht mehr erleben.» Jetzt sei die Gegnerschaft in der Pflicht, bei neuen Lösungen mitzuhelfen.» Eine Betonlösung werde es nicht geben.

Die Linke war nicht aufs Podium eingeladen worden, Andreas Lustenberger (Alternative – die Grünen) ist aber trotzdem da: «Wir freuen uns natürlich. Und wir glauben auch, dass es Verkehrsprobleme gibt, die wir lösen müssen. Aber solange in Zug die schweizweit grösste Autodichte herrscht, wird man das Problem nicht mit mehr Strassen lösen können.»

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