Rock-Band aus Zug

«Wir wollen nicht mehr müssen»

Die Humanoids im Wald. V.l.n.r.: Philipp Muchenberger (Sänger), Erich Güntensperger (Schlagzeug), Marc Schweiger (Bass) und Aldo Caviezel (Gitarre). (Bild: zvg)

Bei den «Humanoids» aus Zug dauert alles etwas länger. Nach über zehn Jahren haben sie im August ihr erstes Album veröffentlicht. Die Plattentaufe findet diesen Samstag statt – zwei Monate nach der Veröffentlichung. Sie gelten als eine der besten Live-Rock-Bands des Landes. Neben der Bühne merkt man ihnen ihr fortgeschrittenes Alter manchmal an.

Ich solle noch vor 22 Uhr kommen, damit ich noch bei den Proben zuschauen könne, schrieb mir Aldo Caviezel, Gitarrist von den Humanoids, als wir das Interview vereinbarten. «Unbedingt Gehörschutz mitnehmen», mahnte er mich mehrmals. Kurz vor 22 Uhr gehe ich also durch Zug, ohne Gehörschutz, durch eine Gegend, wo man keinen Bandraum vermutet. Aldo Caviezel empfängt mich: «Nach 22 Uhr sollten wir nicht mehr proben, sonst beklagen sich die Nachbarn wieder.» Darum machen wir schnell, damit ich die Humanoids noch in Action sehen kann.

«Geh du vor», sagt mir Erich Güntensperger, der Schlagzeuger der Band, als wir in den Bandraum gehen, «die Türe geht wegen dem Isolationsmaterial manchmal schlecht zu, dann muss mir Aldo helfen». Mir wird klar, diese Truppe ist eingespielt. Es dauert nur wenige Sekunden und es braucht nur wenige Worte, bis es los geht. Die Humanoids spielen «Flyblown» vom neuen Album «I hear the sun».

 

 

Auf der Kippe zu «Sex, Drugs & Rock’n’Roll»

2004 veröffentlichten die Humanoids ihre erste EP, nur ein Jahr später die zweite. Der Durchbruch scheint möglich. Das angesehene deutsche Musikmagazin «Visions» kürt «Myoil» zur Demo des Monats und schreibt, dass «die Humanoids sich so selbstbewusst an die Arbeit machen, als wollten sie die bisherigen Königinnen des Rock abmelden und sich selbst sämtliche Titelseiten sichern».

Statt des Durchbruchs kamen Kinder. Diese besiegelten aber nicht das Ende der Rockerleben der vier Herren. 2007 folgte weiterer Ruhm in der Schweiz: An der Schweizer Musikmesse «M4Music» kamen die Humanoids unter die letzten drei Plätze des Wettbewerbs. Seither bleiben die Mittvierziger dran. Letzten Herbst begann die Produktion des ersten Langspielers. 

Die vier Frauen und acht Kinder haben den Fokus der Band verändert. Alle Bandmitglieder gehen «normalen» Berufen nach, was ihnen ermöglicht in der Musik frei zu sein. «Es ist nicht mehr wie früher, als wir kurz vor dem Durchbruch standen.» Denn heute ist die Band befreit von musikalischen Verpflichtungen. In den 90er-Jahren hatten drei der vier Humanoids mit einer anderen Band einen Plattenvertrag.

 «Die Musik ist uns zu wichtig, wir wollen sie nicht prostituieren.»

Humanoids

Diese Befreiung tut der Band gut. Sie machen das, was sie wollen. Sie setzen sich mit ihrer Musik auseinander und geben sich und der Musik Zeit. Gleichzeitig ist das ein Ansporn für die Bandmitglieder: «Wir müssen nichts mehr, wir können nur noch. Das ist für uns das Beste.» 

«Gleichaltrige finden cool, was wir machen»

Diese Einstellung teilt das Umfeld der Humanoids, sagt Marc Schweiger, der Bassist: «Es ist unglaublich schön, wie viele Leute aus unserem Umfeld uns helfen und dafür nichts verlangen. Die Grafik, die Homepage und die Fotos haben Freunde für uns gemacht, weil sie Spass daran haben.»

Das Alter brachte noch eine weitere Einsicht, erklärt Caviezel: «Wir wissen, was wir können und vor allem, was wir nicht können. Ich spiele keine schnellen, virtuosen Gitarrensoli mehr, die ich eigentlich nicht spielen kann. Lieber gehe ich nicht an meine Grenzen, gebe dafür Vollgas.» 

Den einzigen gemeinsamen musikalischen Nenner, den die Band hat, ist «laute Musik zu machen». Alles andere entsteht in den Proben. Ein- bis zweimal pro Woche stehen die Humanoids bis zu vier Stunden im Proberaum und feilen an ihren Songs. «Manchmal braucht ein Song drei Jahre, manchmal drei Tage», so Aldo Caviezel. «Jeder Ton geht durch die Mühle, wir sind sehr basisdemokratisch», erklärt Philipp Muchenberger, Sänger und Keyboarder der Band.

Aldo Caviezel (links) und Philipp Muchenberger (rechts) im Video-Interview:

 

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