News zum geplanten Asylzentrum Baar

«Wir sind sehr unaufgeregt»

Bis auf den letzten Platz besetzt: Die Baarer wollen wissen, was bezüglich Asylunterkunft passiert. (Bild: wia)

Mitten in Baar, neben Einkaufszentrum und Wohngebiet, entsteht eine Asylunterkunft. Das schürt bei der Bevölkerung Ängste und Unsicherheiten. Mit einer Informationsveranstaltung sollen diese gelindert werden. Das funktionierte allerdings nur mässig.

«Nachbarschaftsorientierung» zum geplanten Asylzentrum. Der volle Saal beweist’s. Nachbarschaft wird hier grosszügig ausgelegt, denn halb Baar ist im Gemeindesaal vertreten. Alle Stühle sind besetzt, einige Besucher müssen stehen.

Doch halt, worum geht’s eigentlich? Die Hotz Obermühle AG hat auf ihrem eigenen Land, auf der Wiese neben dem Zentrum Eckstein beim Oberdorf, eine Asylunterkunft für etwa 100 Personen geplant. Die Unterkunft sollte während mindestens zehn Jahren verfügbar sein und, so alles planmässig abläuft, im Herbst dieses Jahres eröffnet werden.

Noch bevor das Baugesuch am 14. Januar eingereicht wird, soll nun ausführlich informiert werden. Dies, um aufkeimenden Ängsten aus der Bevölkerung vorzubeugen und bestehende abzubauen.

Die Projektinvolvierten sind sichtlich vorbereitet. Auf dem Podium sitzen zum einen der Gemeindepräsident Andreas Hotz und der Baarer Bauchef Paul Langenegger, zum andern zwei Vertreter der Hotz Obermühle AG, die Regierungsrätin Manuela Weichelt-Picard und die Chefin des kantonalen Sozialamtes, Jris Bischof.

 «Viele von Ihnen sind wohl hier, weil Sie sich fragen, was soll das, ein Asylzentrum mitten in Baar?»

Roman Hotz, Hotz Obermühle AG

«Viele von Ihnen sind wohl hier, weil Sie sich fragen, was soll das, ein Asylzentrum mitten in Baar?», beginnt Roman Hotz von der Hotz Obermühle AG seine Rede. Es gehe mit der Erstellung der temporären Asylunterkunft darum, einen Beitrag zu den Lösungen im Asylbereich zu leisten. Hotz appelliert sogleich an die Bevölkerung: «Es gibt in der Integration immer zwei Seiten. Es gibt die Menschen, die sich integrieren wollen, und die Seite jener, welche diesen mit Wohlwollen und Respekt begegnen.»

Bis auf den letzten Platz besetzt: Die Baarer wollen wissen, was bezüglich Asylunterkunft passiert.

Bis auf den letzten Platz besetzt: Die Baarer wollen wissen, was bezüglich Asylunterkunft passiert.

(Bild: wia)

Platz für Bewegung und Gärtnerarbeit

Bewusst distanziert sich Hotz von einer Stellungsnahme zur Flüchtlingspolitik. «Der Familie Hotz gehe es darum, sich für die bessere Integration von Personen mit Bleibeperspektiven einzusetzen.»

So weit, so gut. Nur, wie muss man sich das Projekt schlussendlich vorstellen? Die Architektin Rosmarie Müller-Hotz erläutert die Details des Projekts. In unmittelbarer Nähe des Zentrums Eckstein soll ein dreigeschossiges Gebäude mit 4-Zimmer-Wohnungen entstehen, in denen jeweils sechs bis acht Personen leben. Insgesamt finden 100 Asylbewerber im geplanten Bau Platz. «Es handelt sich um Holzmodulkonstruktionen. Damit kann eine kurze Bauzeit gewährt werden», erklärt Rosmarie Hotz. Besonderes Augenmerk hat die Familie auf die Aussenplätze gelegt. Geplant ist etwa ein Pflanzplatz auf 620 Quadratmetern.

«Es ist erfahrungsgemäss viel verträglicher, wenn die Leute in kleineren Wohneinheiten leben.»

Rosmarie Müller-Hotz, Hotz Obermühle AG

«Dort sollen sich die Asylsuchenden gärtnerisch betätigen können», so Hotz. «Ebenfalls sind 290 Quadratmeter einberechnet für einen Kinderspielplatz sowie 350 Quadratmeter für einen Sportplatz, auf dem sich vor allem Jugendliche bewegen können.» Dass man sich für Wohnungen entschieden habe und nicht für ein grosses Zentrum, habe einen einfachen Grund, so die Architektin weiter. «Es ist erfahrungsgemäss viel verträglicher, wenn die Leute in kleineren Wohneinheiten leben.»

Plan des Wohngebäudes, welches aus Holzelementen erstellt werden soll.

Plan des Wohngebäudes, welches aus Holzelementen erstellt werden soll.

(Bild: wia)

Sechs bis acht Menschen sollen in je einer 4-Zimmer-Wohnung leben.

Sechs bis acht Menschen sollen in je einer 4-Zimmer-Wohnung leben.

(Bild: wia)

Selber einkaufen, kochen, waschen und putzen

Die Amtsleiterin des kantonalen Sozialamtes, Jris Bischof, ergänzt: «Die Bewohner des Hauses werden selber einkaufen, kochen, waschen und putzen. Erwachsene sollen in Programme eingebunden werden und Deutschkurse absolvieren.» Wer die Hausordnung nicht einhalte, werde sanktioniert.

Derzeit befänden sich 1300 Asylbewerber im Kanton Zug, erklärt Bischof. «Der allergrösste Teil davon macht uns wenig bis gar keine Probleme. Die meisten Leute möchten ja bei uns bleiben und haben daher kein Interesse daran, negativ aufzufallen.»

Unsicherheiten, Unruhe, Angst

Eine Aussage, welche die Besucher des Anlasses nur mässig zu beruhigen vermag. Das Unbehagen, das die Baarer gegenüber der geplanten Unterkunft haben, ist durchaus spürbar. Anhand von diffusem Gemurmel, von Kopfschütteln, von direkten Aussagen. Eine Anwohnerin hat Angst um ihre jugendlichen Töchter und fürchtet sich vor sexuellen Übergriffen. Und auch Silvan Hotz, der eine Bäckerei in der Nähe führt, ist besorgt und gibt dies auch unumwunden zu. Er will wissen, wie man denn die Sicherheit gewähre. Gerade in Hinblick auf die aktuellen Geschehnisse in Deutschland.

«Wir sind omnipräsent.»

Peter Niederberger, Oberleutnant, Zuger Polizei

Die Antworten darauf hat Peter Niederberger, Oberleutnant bei der Zuger Polizei. «Wir sind sehr unaufgeregt. Ich bin mit dem Asylwesen im Kanton Zug alt geworden und kann Ihnen sagen, dass wir parat sind. Wir sind durch unsere Erfahrungen schlauer geworden und wissen etwa, wo die Probleme liegen.» Und relativiert gleich selber: «Ich kann Ihnen aber keine Garantie abgeben, dass nichts passiert. Ich kann ja auch nicht garantieren, dass unter den Bürgern kein Verbrechen passiert.»

Niederberger ergänzt: «Eine Situation wie in Köln könnte bei uns gar nicht passieren, alleine, weil wir sofort aufmerksam werden auf grössere Menschengruppierungen. Wir sind omnipräsent.»

«Wir sind mittels Gesetzesrevision verpflichtet, die Verteilung der Asylbewerber gerechter zu machen.»

Manuela Weichelt-Picard, Zuger Regierungsrätin

Ob der Kanton nach dieser grossen Asylunterkunft darauf verzichten werde, weitere Unterkünfte in Baar zu bauen, fragt der SVP-Kantonsrat Michael Riboni. Die Regierungsrätin Manuela Weichelt antwortet: «Die Zahl der Asylbewerber, welche auf den Kanton und auf die Gemeinden verteilt werden, ist tagesaktuell. Wir können nicht sagen, inwiefern sich das künftig ändern wird.»

Grundsätzlich aber müsse der Kanton dort Liegenschaften mieten, wo es günstig sei. Weichelt weiter: «Dennoch sind wir im Moment mittels Gesetzesrevision verpflichtet, die Verteilung gerechter zu machen. Diese wird in etwa einem halben Jahr in den Kantonsrat gelangen. Dort können Sie dann mitentscheiden, ob die Änderungen gerechter sind, Herr Riboni.»

Wie können wir helfen?

Doch es sind nicht nur kritische Fragen, die auftauchen. Der Baarer Frank Haring will wissen, wie sich die Bevölkerung engagieren könne. Jris Bischof erklärt: «Wir wurden im Sommer überrannt mit Angeboten aus der Bevölkerung. Am Mittwoch werden wir unser Freiwilligenkonzept vorstellen.» Der Grüne Kantonsrat Andreas Lustenberger meldet sich. Er sei daran, eine Begleitgruppe ins Leben zu rufen. Wer mithelfen wolle, dürfe sich bei ihm melden.

Am Ende des Abends scheinen die Gefühle durchmischt. Einige der Ängste konnten sicherlich behoben werden, andere bleiben bestehen. Am Donnerstag wird das Baugesuch fürs Projekt bei der Gemeinde eingereicht. Wie gross die Angst der Baarer vor der Asylunterkunft wirklich ist, wird sich wohl erst in dieser Phase erweisen.

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